Tag drei nach der historischen Schlappe: Das Präsidium der SP trifft sich zur Lagebesprechung. Offiziell hat man das wichtigste Wahlziel erreicht. Die Mehrheit aus SVP und FDP ist gebrochen, das Parlament ökologischer und linker.
SP-Vizepräsident Beat Jans spricht von einer riesigen Chance: «Das Parlament ist nicht nur grüner, sondern auch sozialer geworden. Wir können nun Teile unseres Klima-Marshallplans umsetzen», sagt der Basler Nationalrat. Die Grosswetterlage stimmt für die Genossen. Doch da sind noch die Zahlen zum eigenen Abschneiden. Minus vier Sitze im Nationalrat, minus eins im Ständerat – wo sich weitere Verluste abzeichnen. Dann die 16.8 Prozent: So tief war der Wähleranteil noch nie.
«16.8 Prozent: Das muss Konsequenzen haben!», schreibt der Zürcher SP-Nationalrat Fabian Molina in seinem Blog. In der Parteizentrale wiegelt man ab. «Arithmetisch ist die Sache klar: Wir haben an die Grünen verloren», sagt Co-Generalsekretär Michael Sorg. Die Sotomo-Nachwahlbefragung habe gezeigt, dass die Wechselwähler nicht aus Unzufriedenheit Grün statt SP wählten, sondern weil sie die Prioritäten anders setzten.
Ein Zeichen für die Ökologie also. «Das ist auch meine Erfahrung aus den vielen Telefongesprächen mit Wählern», sagt Jans. Sorg schliesst daraus, dass die Partei nicht in einer generellen Krise steckt. Alles gut also? «Nein», sagt Sorg. «Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.»
Und so einigt man sich darauf, in Ruhe zu analysieren und dann Schlussfolgerungen zu ziehen: «In Bezug auf Personen, Strukturen und Themen», sagt Jans. Eine leise Kritik äussert er doch: «Rückblickend kann man sagen: Die Klimafrage hatte in unserer Kampagne zu wenig Priorität.» Diese Ansicht teilt Neo-Nationalrat Jon Pult.
Der Präsident der SP Graubünden hatte in seinem Kanton eine Klimaallianz mit den Grünen und der GLP geschmiedet. Resultiert hat ein Sitzgewinn für die SP. «Für Klima und Fortschritt» stand auf den Wahlplakaten. «In der nationalen Kampagne stand das Klima zu wenig im Zentrum», sagt Pult. Der Partei fehle ein Narrativ zum ökosozialen Umbau der Schweiz. Und was ist mit dem Marshallplan? «Darunter kann sich niemand etwas vorstellen. Fünf konkrete Projekte wären besser geflogen.»
Nicht alle mögen das Resultat jedoch auf die Klimafrage reduzieren. Die Juso äussert Fundamentalkritik: «Die SP ist zu stark in die Mitte gerückt», schrieb Präsidentin Ronja Jansen in einer Mitteilung: «Wir können die Menschen nicht begeistern mit einer lauwarmen Politik der Kompromisse.»
Auf der Gegenseite fordert der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch eine Öffnung hin zur Mitte. «Eine oberflächliche Diskussion, ob die Sozialliberalen um Jositsch oder die Juso die besseren Sozialdemokraten sind, genügt nicht», sagt dazu Nationalrat Cédric Wermuth. «Wir müssen die Diskussion in aller Härte und Tiefe führen.» Für den Aargauer geht es um nicht weniger als die Weichenstellung für die nächste Generation der Sozialdemokratie. «Es darf nicht passieren, dass es in der Schweiz zu einem historischen Linksrutsch kommt und wir nicht davon profitieren. Die SP muss sich die Frage stellen, weshalb sie nicht Teil dieses Wandels ist», sagt er.
Für den Aargauer geht es also um Fundamentales. Um die Zukunft der SP. Und dabei auch um eine wichtige Personalie. Präsident Christian Levrat ist seit elf Jahren im Amt. Sein Rücktritt ist absehbar, auch wenn in der Partei niemand darüber reden will. Noch nicht. «Die Frage des Parteipräsidiums muss im Zusammenhang mit dem Wahlausgang diskutiert werden», sagt dazu Wermuth.
Zu denken gibt ihm die substanzielle Neuwählerinnenbewegung hin zu den Grünen. «Keine Partei fördert zwar junge Leute derart systematisch wie die SP, wir strahlen das aber offenbar zu wenig aus», sagt er. Es ist eine leise Aufforderung für einen Generationenwechsel. (mim/aargauerzeitung.ch)
Die Situation der Ü50 hat sich auf dem Arbeitsmarkt nichts verbessert.
Früher setzten sich die Sozialdemokraten dafür ein, dass auch Arbeiter Häuser bauen oder kaufen können, heute nimmt mit das Präktariat einfach als Gott gegeben hin.
Es gebe viel, dass die SP offensiver in Angriff nehmen könnte...