Das Juso-Präsidium gilt als Sprungbrett für eine politische Karriere auf nationalem Parkett. Cédric Wermuth, Fabian Molina und Tamara Funiciello wurden nach ihren aufsehenerregenden Präsidentschaftsjahren bei den Jungsozialisten in den Nationalrat gewählt. Kein Wunder also ist die Nachfolge der Noch-Präsidentin Ronja Jansen durchaus begehrt.
Am Sonntag wählen die Juso-Mitglieder an der ausserordentlichen Jahresversammlung ihren nächsten Präsidenten. Dass das Chefzepter nach acht Jahren in Frauenhand nun wieder an einen Mann übergehen wird, ist bereits klar. Ins Rennen steigen Thomas Bruchez aus Genf und der Zürcher Nicola Siegrist.
Die beiden teilten sich bis vor Kurzem das Vizepräsidium der Juso. Siegrist trat erst vor zwei Monaten von diesem Co-Amt zurück. Das sei von langer Hand geplant gewesen, sagt er. Um jüngeren Leuten Platz zu machen. Der 25-Jährige ist seit sieben Jahren aktives Juso-Mitglied und habe sich eigentlich etwas zurücknehmen wollen. «Doch nach vielen Gesprächen habe ich mich schliesslich dafür entschieden, für das Amt des Präsidenten anzutreten», sagt er.
Überzeugt habe ihn die Vision einer Juso, als ernstzunehmende, starke und eigenständige Partei. «Sie soll eine Anlaufstelle für Bewegungen und Organisationen, aber auch eine Schnittstelle zu den Institutionen sein», so Siegrist. Sein Kontrahent, der 23-jährige Thomas Bruchez, führt als Grund für seine Kandidatur die Klima-Notlage an: «Die Realität zwingt uns, nicht weiter Politik zu machen, wie wir es bisher getan haben. Wir müssen innerhalb einer begrenzten Zeit allen Unterdrückungssystemen ein Ende setzen.» Bruchez wäre der erste Westschweizer Juso-Präsident seit der Wiedereinführung des Amtes im Jahr 2007.
Dem Romand wird nachgesagt, politisch eine radikalere Linie zu vertreten, als der Zürcher Siegrist. Dazu stehe er, sagt Bruchez. «Ich bin nicht radikal, weil es Spass macht, sondern weil es in der aktuellen Situation eine Notwendigkeit ist.» Um die Gesellschaft egalitärer, solidarischer, feministischer und ökologischer zu machen, bedürfe es einer gewissen Radikalität.
Siegrist sagt, das Bild von ihm als Gemässigter und Bruchez als Radikaler stimme so nicht. Er finde durchaus, dass es die Aufgabe der Juso sei, die SP vor sich herzutreiben: «Wir sind diejenigen, die inhaltlich konsequent bleiben können und im Parlament keine Kompromisse eingehen müssen.» Genauso wichtig sei aber, dass man geeint auftrete. Denn nur so sei es möglich, das ganze Potenzial einer linken Kraft zu nutzen.
Siegrist werden etwas bessere Chancen auf das Amt nachgesagt. Er verfügt bereits über parlamentarische Erfahrungen. Seit drei Jahren sitzt er für die SP im Zürcher Kantonsrat. Die Noch-Präsidentin Ronja Jansen will keinen der zwei Kandidaten favorisieren. Sie halte sich da raus, damit am Sonntag die jüngere Juso-Generation ohne Vorbehalte ihren neuen Präsidenten wählen könne. «Seit der Pandemie sind 1000 neue Mitglieder hinzugekommen. Es ist wichtig, dass es wieder Platz für neue Ideen gibt.» Das sei auch der Grund gewesen, warum sie im Februar nach drei Jahren im Amt ihren Rücktritt verkündet habe.
Auf ihre Zeit als Juso-Präsidentin schaue sie gerne zurück. Politisch sei die Kampagne der 99-Prozent-Initiative für sie der wichtigste Meilenstein gewesen. Was sie aber persönlich am meisten von den vergangenen drei Jahren mitnehme, seien die vielen kleinen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Leuten. «Zu sehen, wie junge Menschen ermächtigt werden, ihre Stimme zu erheben, das ist das Grösste», sagt Jansen.
Ob sie nach ihrem Rücktritt wie ihre Vorgängerinnen und Vorgänger eine politische Karriere anstrebt, könne sie noch nicht sagen. Seit März sitzt sie für die SP im Baselbieter Landrat. «Jetzt widme ich mich zuerst mal dem. Was danach kommt, weiss ich noch nicht.»