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Ex-Nationalrat Tschümperlin will höhere Überbrückungshilfe

ZU DEN EIDGENOESSISCHEN WAHLEN VOM 18. OKTOBER 2015 STELLEN WIR IHNEN AUS UNSERER PORTRAITSERIE "EIN TAG IM LEBEN VON..." FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - WEITERE BILDER FINDEN SIE AU ...
Der abgewählte Schwyzer SP-Nationalrat Andy Tschümperlin.
Bild: KEYSTONE

Finanzielle Unterstützung nach dem Polit-Aus: Wie viel Geld sollen Abgewählte erhalten?

Der ehemalige Nationalrat und SP-Fraktionschef Andy Tschümperlin plädiert für eine Erhöhung der Überbrückungshilfe auf 70 bis 80 Prozent des vorherigen Einkommens – Bürgerliche wehren sich.
29.07.2016, 05:5529.07.2016, 18:13
Antonio Fumagalli / Aargauer Zeitung
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Der Job als National- oder Ständerat ist begehrt, mehrere tausend Kandidaten bewerben sich jeweils für die 246 Mandate. Er ist aber auch riskant: Fällt man in der Gunst des Wahlvolks durch, muss man sich von einem Tag auf den andern neu orientieren.

Wie im Fall von Ex-SP-Fraktionschef Andy Tschümperlin kommt das Verdikt oftmals aus heiterem Himmel. Erschwerend wirkt, dass aufgrund der zunehmenden Arbeitsbelastung immer mehr Politiker keinem oder nur noch einem geringen «Haupterwerb» nachgehen (können) – Milizsystem hin oder her.

Während ihrer Amtszeit verdienen Nationalräte durchschnittlich knapp 140'000, Ständeräte gut 155'000 Franken im Jahr. 2003 wurde deshalb die sogenannte Überbrückungsrente ins Leben gerufen, die ausgeschiedene Ratsmitglieder bis 65 Jahre in Anspruch nehmen dürfen. Sie soll ihnen ein Auskommen geben, bis sie sich eine neue berufliche Existenz aufgebaut haben.

Die Rente wird aber nicht automatisch, sondern nur auf Gesuch hin und für maximal zwei Jahre gewährt, wobei sich auch Personen, die gar nicht erst zur Wiederwahl angetreten sind, «bewerben» dürfen.

«Betrag reicht nirgends hin»

Das Plenum des Nationalrats wartet auf die gebuendelten Abstimmungen ueber parlamentarische Vorstoesse am Dienstag, 31. Mai 2016 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
Bild: KEYSTONE

Gemäss Angaben der Parlamentsdienste wurde die Rente seit Inkrafttreten bis heute an ungefähr 15 ehemalige Parlamentarier ausbezahlt, was den Bund rund 570'000 Franken kostete. Für 2017 hat der Bund 170'000 Franken für diesen Zweck budgetiert. Nach den Wahlen 2015 haben vier Abgewählte die Unterstützung in Anspruch genommen. Dabei haben sich laut Parlamentsdiensten auch Personen gemeldet, die nicht wieder angetreten sind – ihnen wurde die Rente jedoch verweigert.

«Es wäre angemessen, während einer befristeten Zeit 70 bis 80 Prozent des vorherigen Einkommens zu kriegen.»
Andy Tschümperlin

Durchschnittlich wird die Überbrückungshilfe während rund eines Jahres ausbezahlt. Der Maximalbetrag, den die ehemaligen Parlamentarier beziehen können, ist klar definiert: 28'200 Franken pro Jahr. Daran gibt es nun Kritik: «Dieser Betrag ist viel zu tief, er reicht in der Schweiz nirgends hin», sagt Andy Tschümperlin, der die Überbrückungshilfe von gut 2000 Franken pro Monat während fünf Monaten in Anspruch genommen hat.

Man habe ihm mitgeteilt, dass er beim regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) Unterstützung beantragen könne, falls das Geld nicht ausreiche. «Doch das liess mein Stolz nicht zu», sagt er. Dank des Einkommens seiner Frau sei er auch so über die Runden gekommen. Dennoch plädiert er für einen Systemwechsel: «Es wäre angemessen, während einer befristeten Zeit 70 bis 80 Prozent des vorherigen Einkommens zu kriegen», sagt der vierfache Familienvater.

So wie mit abgewählten Parlamentariern gehe man «mit keinem einzigen Arbeitnehmer um», denn diese kriegten nach einer fristlosen Kündigung noch einige Monate den Lohn. Die Politiker hingegen verleite das aktuelle System, nach dem Ausscheiden aus dem Rat sofort «irgendein Verwaltungsratsmandat anzunehmen», so Tschümperlin – was «demokratiepolitisch höchst fragwürdig» sei. «Sowieso bekommen vor allem bürgerliche Politiker so ein Amt», sagt er.

Staenderatspraesident Raphael Comte, FDP-NE, spricht an der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 2. Maerz 2016, in Bern. (KEYSTONE/ Peter Schneider)
«Geld auf die Seite legen»: Ständerat Raphaël Comte.Bild: KEYSTONE

Bei der Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung, welche die anonymisierten Gesuche für die Überbrückungshilfe zu prüfen hat, stösst die Kritik aus Schwyz auf taube Ohren. Das Ziel der Überbrückungshilfe sei nicht, der betroffenen Person «ein Leben wie zuvor» zu ermöglichen, sagt Vizepräsident Raphaël Comte. Es gehöre zur Eigenverantwortung jedes Ratsmitglieds, dass es während der Amtszeit «ein bisschen Geld auf die Seite lege» für den Fall einer Abwahl, so der Neuenburger FDP-Ständerat.

Juerg Stahl aeussert sich zu einem gesundheitspolitischen Geschaeft am Dienstag, 22. September 2015, im Nationalratssaal in Bern. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
«Nicht infrage»: SVP-Nationalrat Jürg Stahl.
Bild: KEYSTONE

Delegationskollege Jürg Stahl bläst ins gleiche Horn: Eine Erhöhung der Überbrückungshilfe komme für ihn «nicht infrage», das jetzige System sei «in der Gesamtbetrachtung sinnvoll». Wäre die Rente grosszügiger ausgestaltet, mindere man die Anreize, «sich bereits während der Amtszeit zu positionieren und abzusichern». Wenn ein Politiker das Risiko einer Abwahl nicht eingehen wolle, müsse er «halt auch nicht antreten», so der SVP-Nationalrat.

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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Energize
29.07.2016 06:32registriert Februar 2015
"Zu Stolz für das RAV"? Und das von einem SPler? Das stösst bei mir auf völliges Unverständnis.
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Sanchez
29.07.2016 06:54registriert März 2014
Überbrückungshilfe? Man könnte meinen, die Damen und Herren National- und Ständeräte seien gerade noch knapp dem Obdachlosendasein entkommen. Viele von den eben genannten führen den "Job" im Parlament als Nebenjob aus, haben also noch weitere Einkommen. Da können pro Jahr locker 60 Kisten auf die hohe Kante gelegt werden (wenn man den will). Zudem haben viele noch Verwaltungsratsmandate hier und dort. Es gibt also keinen Grund zu jammern! Den Finger raus nehmen und arbeiten gehen. Wie wir auch!
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Kaiserin
29.07.2016 07:24registriert Dezember 2014
ALV beziehen hat nichts mit Stolz zu tun. Es ist schlicht und einfach dein Recht, nachdem du x Jahre einbezahlt hast. Es ist eine Versicherung, keine Sozialhilfe.
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