Der Job als National- oder Ständerat ist begehrt, mehrere tausend Kandidaten bewerben sich jeweils für die 246 Mandate. Er ist aber auch riskant: Fällt man in der Gunst des Wahlvolks durch, muss man sich von einem Tag auf den andern neu orientieren.
Wie im Fall von Ex-SP-Fraktionschef Andy Tschümperlin kommt das Verdikt oftmals aus heiterem Himmel. Erschwerend wirkt, dass aufgrund der zunehmenden Arbeitsbelastung immer mehr Politiker keinem oder nur noch einem geringen «Haupterwerb» nachgehen (können) – Milizsystem hin oder her.
Während ihrer Amtszeit verdienen Nationalräte durchschnittlich knapp 140'000, Ständeräte gut 155'000 Franken im Jahr. 2003 wurde deshalb die sogenannte Überbrückungsrente ins Leben gerufen, die ausgeschiedene Ratsmitglieder bis 65 Jahre in Anspruch nehmen dürfen. Sie soll ihnen ein Auskommen geben, bis sie sich eine neue berufliche Existenz aufgebaut haben.
Die Rente wird aber nicht automatisch, sondern nur auf Gesuch hin und für maximal zwei Jahre gewährt, wobei sich auch Personen, die gar nicht erst zur Wiederwahl angetreten sind, «bewerben» dürfen.
Gemäss Angaben der Parlamentsdienste wurde die Rente seit Inkrafttreten bis heute an ungefähr 15 ehemalige Parlamentarier ausbezahlt, was den Bund rund 570'000 Franken kostete. Für 2017 hat der Bund 170'000 Franken für diesen Zweck budgetiert. Nach den Wahlen 2015 haben vier Abgewählte die Unterstützung in Anspruch genommen. Dabei haben sich laut Parlamentsdiensten auch Personen gemeldet, die nicht wieder angetreten sind – ihnen wurde die Rente jedoch verweigert.
Durchschnittlich wird die Überbrückungshilfe während rund eines Jahres ausbezahlt. Der Maximalbetrag, den die ehemaligen Parlamentarier beziehen können, ist klar definiert: 28'200 Franken pro Jahr. Daran gibt es nun Kritik: «Dieser Betrag ist viel zu tief, er reicht in der Schweiz nirgends hin», sagt Andy Tschümperlin, der die Überbrückungshilfe von gut 2000 Franken pro Monat während fünf Monaten in Anspruch genommen hat.
Man habe ihm mitgeteilt, dass er beim regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) Unterstützung beantragen könne, falls das Geld nicht ausreiche. «Doch das liess mein Stolz nicht zu», sagt er. Dank des Einkommens seiner Frau sei er auch so über die Runden gekommen. Dennoch plädiert er für einen Systemwechsel: «Es wäre angemessen, während einer befristeten Zeit 70 bis 80 Prozent des vorherigen Einkommens zu kriegen», sagt der vierfache Familienvater.
So wie mit abgewählten Parlamentariern gehe man «mit keinem einzigen Arbeitnehmer um», denn diese kriegten nach einer fristlosen Kündigung noch einige Monate den Lohn. Die Politiker hingegen verleite das aktuelle System, nach dem Ausscheiden aus dem Rat sofort «irgendein Verwaltungsratsmandat anzunehmen», so Tschümperlin – was «demokratiepolitisch höchst fragwürdig» sei. «Sowieso bekommen vor allem bürgerliche Politiker so ein Amt», sagt er.
Bei der Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung, welche die anonymisierten Gesuche für die Überbrückungshilfe zu prüfen hat, stösst die Kritik aus Schwyz auf taube Ohren. Das Ziel der Überbrückungshilfe sei nicht, der betroffenen Person «ein Leben wie zuvor» zu ermöglichen, sagt Vizepräsident Raphaël Comte. Es gehöre zur Eigenverantwortung jedes Ratsmitglieds, dass es während der Amtszeit «ein bisschen Geld auf die Seite lege» für den Fall einer Abwahl, so der Neuenburger FDP-Ständerat.
Delegationskollege Jürg Stahl bläst ins gleiche Horn: Eine Erhöhung der Überbrückungshilfe komme für ihn «nicht infrage», das jetzige System sei «in der Gesamtbetrachtung sinnvoll». Wäre die Rente grosszügiger ausgestaltet, mindere man die Anreize, «sich bereits während der Amtszeit zu positionieren und abzusichern». Wenn ein Politiker das Risiko einer Abwahl nicht eingehen wolle, müsse er «halt auch nicht antreten», so der SVP-Nationalrat.