Ich habe heute leider keine Wanze für dich: Kapo Zürich führte Trojaner-Casting durch – und bezahlte am Ende für die Spähsoftware fast das Doppelte
Die Affäre um die Zürcher Kantonspolizei und ihre Spionagesoftware ist komplexer als bisher angenommen. Wie die «Schweiz am Sonntag» gestützt auf ein gehacktes Dokument der Trojaner-Firma Hacking Team berichtet, lud die Kantonspolizei Zürich Ende 2013 insgesamt vier Unternehmen (inklusive Hacking Team) ein, ihre Trojaner-Software vorzustellen.
- Anfang November stellten demnach Vertreter der berüchtigten britisch-deutschen Gamma Group ihre Hacker-Software in Zürich vor.
- Auch eine Firma aus Ittigen bei Bern konnte ihr Angebot unterbreiten: Gamma Sales heisst das Unternehmen, das Anfang 2014 in Finfisher AG umbenannt wurde. Finfisher ist der Name eines Trojaners, der aus dem Haus Gamma stammt.
- Der vierte Anbieter war ein Unternehmen aus Neapel, das aber schnell ausschied, weil es vor allem auf «passive» Spionage setzte.
Diese Trojaner-Präsentationen fanden laut der Aktennotiz von Hacking Team Ende Oktober und Anfang November 2013 in Zürich statt. In den Augen von Hacking Team war Gamma Sales der Hauptrivale im Rennen um die Gunst der Zürcher.
Hoher Preis und gelangweilter Staatsanwalt
Dem Protokoll ist auch zu entnehmen, dass Hacking Team den Zürchern die Software zunächst zum Preis von 250‘000 Franken anbot. Warum die Zürcher letztlich fast das Doppelte zahlten, ist unklar. Die Zürcher Sicherheitsdirektion wollte gegenüber der Zeitung keine Stellung nehmen.
Aus dem Protokoll geht auch hervor, dass nicht nur Kantonspolizisten, sondern auch ein Vertreter der Zürcher Staatsanwaltschaft an der Präsentation des Hacking Team-Trojaners teilnahm. Er habe aber gelangweilt gewirkt. Zudem geht aus dem Papier hervor, dass die Zürcher Kantonspolizei bereits früher einen Trojaner einsetzte, aber dabei «erwischt» wurde: Die Rede ist von einem Trojaner der deutschen Firma Digitask.
Strikte Exportregeln
Trojaner-Händler Gamma Sales, der seine Ware den Zürchern anbot, hat seine Büroräumlichkeiten bei Bern inzwischen aufgegeben. Die Firma verlässt die Schweiz. Grund ist nicht nur der gescheiterte Verkauf der Software an den Kanton Zürich, sondern vor allem die restriktive Bewilligungspraxis für Trojaner-Exportgesuche beim Bund.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) verweigerte der Firma kürzlich eine ganze Reihe von Exportbewilligungen für Spähsoftware in alle Welt. Die Rede ist von rund einem Dutzend Gesuchen. Das Seco lehnt solche Gesuche ab, wenn die Software für Repression eingesetzt werden könnte. (dwi)
