Der Ständerat will weiterhin kein umfassendes Werbeverbot zur Umsetzung der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung». Er hat am Montag an früheren Beschlüssen festgehalten und Ausnahmebestimmungen im Gesetz belassen.
In der Schlussabstimmung nahm die kleine Kammer die Vorlage mit 28 zu 12 Stimmen bei vier Enthaltungen deutlich an. Die vorangegangenen Entscheidungen fielen teils jedoch jeweils relativ knapp mit wenigen Stimmen Unterschied.
Der Bundesrat will mit der Gesetzesrevision erreichen, dass Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten Kinder und Jugendliche wie verfassungsrechtlich vorgeschrieben nicht mehr erreicht.
Wie schon im Herbst 2023 sprach sich die kleine Kammer dafür aus, Ausnahmen für mobiles Verkaufspersonal an öffentlich zugänglichen Orten im Gesetz zu verankern. Zudem sollen Tabakwerbung an öffentlich zugänglichen Orten und das Sponsoring von Veranstaltungen erlaubt bleiben, sofern die Werbung vor Ort für Minderjährige weder zugänglich noch sichtbar ist.
Bei der zweiten Behandlung des Geschäfts verschärfte der Ständerat lediglich die Formulierung einer Ausnahmebestimmung. Minderheitsanträge, der Landesregierung zu folgen und auf die Ausnahmen zu verzichten, lehnte er aber mit einer Ausnahme ab.
Die kleine Kammer wollte ursprünglich die direkte, persönlich ausgeführte Verkaufsförderung von Zigarren und Zigarillos weiterhin zulassen. Bei der zweiten Beratung kam sie mit einer Stimme Mehrheit auf den Entscheid zurück.
Matthias Michel wollte eine weitere Ausnahme: Werbung im Innenteil von Zeitschriften und Zeitungen sollte erlaubt bleiben, sofern diese hauptsächlich über Abonnements verkauft werden und die Leserschaft zu mindestens 95 Prozent aus Erwachsenen besteht. Sein Einzelantrag scheiterte mit 23 zu 21 Stimmen bei einer Enthaltung.
Bei der Debatte ging es auch um Grundsätzliches. «Wir müssen heute hier zeigen, auf welcher Seite wir stehen», warb Flavia Wasserfallen (SP/BE) erfolglos für eine restriktive Regelung. Heute sei Tabakwerbung omnipräsent. Und die Schweiz sei im regulatorischen Bereich das Schlusslicht.
Bei der Beratung der Initiative sei nicht bestritten gewesen, dass diese auch auf das Sponsoring von Veranstaltungen und oder den Einsatz mobilen Verkaufspersonals ziele, so Wasserfallen. Die vorgeschlagenen Ausnahmen hinsichtlich Veranstaltungen kritisierte sie als nicht praktikabel.
Hannes Germann (SVP/SH) wies den Vorwurf zurück, der Ständerat wolle die Initiative unterlaufen. Er argumentierte, dass Jugendliche auch Cannabis konsumierten, obwohl die Werbung dafür in der Schweiz verboten sei.
Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider sagte dagegen, die Entwicklung des Raucheranteils beispielsweise in Grossbritannien zeige, dass Einschränkungen bei der Werbung wirkten.
Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Bei der ersten Beratung des Geschäfts im Februar hatte er die Vorlage in der Gesamtabstimmung aufgelehnt. Dies kam einem Nichteintretensentscheid gleich. Der SVP gingen die vorgesehenen Werbeverbote zu weit. Die Linke dagegen hielt die vorgesehenen Ausnahmen für nicht verfassungskonform und forderte strengere Regeln. Germann sprach im Ständerat von einer «unheiligen Allianz» in der grossen Kammer.
Falls der Nationalrat die Vorlage ein zweites Mal ablehnt oder nicht darauf eintritt, ist das Geschäft erledigt. Das Parlament müsste dann für die Umsetzung des neuen Verfassungsartikels auf Feld eins beginnen. (sda)
Bedenklich, dass die Wirtschaft so viel Gewicht in unserem Parlament hat.