Mehr Frauen in Machtpositionen: Der Ständerat hat am Mittwoch Geschlechterrichtwerte für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen gutgeheissen.
Die kleine Kammer stellte sich damit gegen ihre Kommission, die lediglich einen Richtwert für Verwaltungsräte wollte, nicht aber für Geschäftsleitungen. Dieser Vorschlag wurde mit 27 zu 13 Stimmen verworfen.
Konkret geht es um den Artikel 734f im revidierten Aktienrecht. Demnach soll in Verwaltungsräten grosser börsenkotierter Unternehmen jedes Geschlecht zu mindestens 30 Prozent vertreten sein, in Geschäftsleitungen zu mindestens 20 Prozent. Sanktionen sind nicht vorgesehen: Unternehmen, die den Richtwert nicht erreichen, müssen bloss im Vergütungsbericht die Gründe sowie Massnahmen zur Verbesserung darlegen. Aus Sicht der Befürworterinnen und Befürworter handelt es sich deshalb nicht um eine Quote, sondern um eine Zielvorgabe.
Der Nationalrat stimmte dem revidierten Aktienrecht mitsamt dem Artikel der Geschlechterregelung bereits vor einem Jahr zu. Der Ständerat wies das Geschäft an seine Rechtskommission zurück. Diese entschied, die Zielwerte in Geschäftsleitungen zu streichen. Die kleine Kammer wollte diesem Vorschlag aber nicht Folge leisten.
Es handle sich um eine sanfte Regulierung, lautete der Tenor. Es sei fast ein wenig peinlich, so lange darüber zu sprechen, sagte Beat Vonlanthen (CVP/FR). Eine Ablehnung dieser «hypersanften Regelung» wäre ein «Schlag ins Gesicht der Frauen». Anne Seydoux (CVP/JU) stellte fest, die Regulierung sei sanft, aber nötig. Die Schweiz habe Aufholbedarf.
Anita Fetz (SP/BS) sprach von einem «Quötchen mit Samtpfötchen». Weniger sei fast nicht möglich. Tatsächlich sei es manchmal schwieriger, Frauen für den CEO-Posten zu finden, sagte Fetz. Das wisse sie aus Erfahrung. Umso wichtiger seien die Richtwerte. Frauen aus dem mittleren Kader müssten gezielt aufgebaut werden.
Andrea Caroni (FDP/AR) versuchte den Rat mit einem Reim dafür zu gewinnen, sich gegen die Geschlechterrichtwerte für Geschäftsleitungen auszusprechen. «Leid tun mir auch, gebt Obacht, all die Frauen im Verdacht, sie seien nicht da zum Schalten und Walten, sondern die Quote einzuhalten.»
Fetz vermochte Caroni mit seinem Gedicht nicht zu überzeugen. Sie sagte, es habe sie an Blumensträusse erinnert, die Männer ihren Frauen brächten, wenn sie ein schlechtes Gewissen hätten.
Auch Daniel Jositsch (SP/ZH) war nicht nach lustigen Reimen zu Mute. Denn wenn er schaue, wie viele weibliche Juristinnen er ausbilde und wie viele weibliche Professorinnen es gebe, dann sehe er ein sehr starkes Missverhältnis. «Wir haben hier einen gewaltigen Aufholbedarf.»
Géraldine Savary (SP/VD) stellte fest, der Rat würde mit einem Nein zum Richtwert für Geschäftsleitungen das Zeichen setzen, dass er keine Frauen in Geschäftsleitungen wolle.
Christian Levrat (SP/FR) betonte, die Situation werde sich nicht von alleine verbessern. «Ich glaube, Sie liegen falsch, wenn Sie in dieser Frage Economiesuisse folgen.» Er erinnerte an den Frauenstreik. Vor wenigen Tagen sei eine halbe Million Menschen auf die Strasse gegangen für die Anliegen der Frauen. Zu zeigen, dass er sie gehört habe, sei das Mindeste, was der Rat tun könne. (sar/sda)