Stempelsteuer, Stempelabgabe, Stempelgebühr – bereits die Uneinigkeit über den Begriff zeigt, dass wir im Februar über ein kompliziertes Thema abstimmen müssen. Worum es beim Referendum zu dieser Steuer geht, wer dafür und dagegen ist, erfährst du hier:
Historisch bezog sich die Stempelabgabe auf eine Gebühr, die auf das Abstempeln von Wertpapieren erhoben wurde. Tatsächlich war der britische Versuch, diese Art der Besteuerung im 18. Jahrhundert auch in den USA einzuführen, mit ein Grund für den Ausbruch des Unabhängigkeitskrieges, der später zur Ablösung der Vereinigten Staaten vom Empire führte.
Zurück in die Gegenwart: Einfach gesagt, handelt es sich heute um eine Umsatzabgabe auf den Wertschriftenhandel. Wer hierzulande Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere kauft oder verkauft, muss die Abgabe entrichten. Für den Handel von inländischen Wertschriften beträgt sie 0,075 und bei ausländischen Papieren 0,15 Prozent.
Zudem zieht der Bund auch bei Versicherungen eine Stempelsteuer in Höhe von 5 Prozent des Prämienvolumens ein. Dies betrifft jedoch nur Haftpflicht und Sachversicherungen – die Krankenkassen sind ausgenommen. Daran rüttelt auch die bevorstehende Abstimmung nichts.
Die Eidgenössische Finanzverwaltung rechnet für das Jahr 2022 mit Einnahmen von etwas mehr als 2 Milliarden Franken aus allen Bereichen der Stempelsteuer. Zum Vergleich: das ist etwa gleichviel, wie der Bund durch die Tabaksteuer einnimmt und entspricht etwa 2,6 Prozent der Gesamteinnahmen.
In der Abstimmung im Februar steht ein anderer Bereich der Stempelsteuer im Fokus, nämlich die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital.
Geht ein Unternehmen an die Börse, werden hier Wertpapiere verkauft. Die daraus entstandenen Einnahmen erhöhen das Eigenkapital. Unternehmen, die bereits an der Börse sind, können ihr Eigenkapital weiter erhöhen, in dem sie weitere Aktien zum Verkauf anbieten. Auf diese Einnahmen nimmt der Bund 1 Prozent.
Dabei gibt es Ausnahmen. So sind nur Unternehmen betroffen, die ein Aktienkapital von über einer Million Franken besitzen.
Ein Beispiel: Die Sherlock Holmes AG erhöht ihr Aktienkapital von 2 auf 3 Millionen Franken und verkauft dafür neu geschaffene Aktien im Wert von einer Million Franken. Der Bund erhält davon eine Stempelabgabe von einem Prozent, also 10'000 Franken. Würde ein Unternehmen sein Aktienkapital von 500'000 auf 600'000 Franken erhöhen, wird keine Stempelsteuer fällig.
Diese Abgabe soll im neuen Gesetz abgeschafft werden. Gemäss der eidgenössischen Steuerverwaltung würde der Bund dabei jährlich etwa 250 Millionen Franken weniger einnehmen. Alle anderen Umsatzabgaben auf Wertschriftenhandel oder von den Versicherungen bleiben bei dieser Gesetzesänderung unangetastet.
Die Abschaffung dieser Form der Stempelabgabe treibt die FDP bereits seit über einem Jahrzehnt voran. Ihre entsprechende parlamentarische Initiative wurde bereits im Dezember 2009 eingereicht. Das Geschäft wurde aber immer wieder verzögert, bis sich sowohl National- und Ständerat für einen Gesetzesentwurf entschieden und diesen im Juni 2021 guthiessen.
Gegen das neue Gesetz ergriffen die SP und die Grünen das Referendum. Bis im November kamen die dazu benötigten Unterschriften zusammen, weshalb wir am 13. Februar 2022 über die Stempelsteuer abstimmen.
Die FDP betreibt den Kampf für die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital bereits seit längerem. Auch National- und Ständerat haben sich bei der Abstimmung im Juni mit deutlichen Mehrheiten dafür ausgesprochen.
Die Ja-Fraktion führt ins Feld, dass diese Form der Abgabe Investitionen hemmt, weil sie bei der Erhöhung des Eigenkapitals anfällt. Würde sie wegfallen, würden mehr Unternehmen Investitionen tätigen.
Im Parlament lehnten die Parlamentarier von SP und den Grünen die Gesetzesvorlage ab. Die beiden Parteien waren auch für einen Grossteil der Unterschriften für das Referendum verantwortlich.
Sie kritisieren, dass Kapitaleigentümer und Unternehmer immer weniger Steuern zahlen müssen. Die daraus entstandenen Löcher müssten dann in Form von Mehrwertsteuererhöhung durch die Allgemeinheit getragen werden. Zudem führen sie ins Feld, dass die Corona-Pandemie den Bundeshaushalt vor grosse Herausforderungen stelle, eine Steuersenkung von 250 Millionen Franken sei deshalb zum jetzigen Zeitpunkt kaum angebracht.
Die erste Erhebung von Tamedia und «20 Minuten» sieht das Nein-Lager mit 55 zu 30 Prozent vorne, 15 Prozent sind unentschlossen. Auch in der ersten SRG-Umfrage hat die Gegnerseite einen Vorsprung, dieser ist allerdings erheblich kleiner. 49 Prozent hätten laut den ersten Umfragetrends gegen die Gesetzesänderung gestimmt, 42 Prozent dafür. 9 Prozent der Teilnahmewiligen hatten sich noch keine Meinung gebildet.
chrimark
Fairness
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