Die Bevölkerung des von einem Bergsturz verwüsteten Oberwalliser Bergdorfs Blatten soll fünf Millionen Franken vom Bund erhalten. Dieser Meinung ist der Ständerat. Er hat am Dienstag die vom Bundesrat beantragte Soforthilfe gutgeheissen - ohne Gegenstimme.
Den Solidaritätsbeitrag hatte der Bundesrat am vergangenen Freitag beschlossen. Damit das Geld für die Bevölkerung von Blatten freigegeben werden kann, braucht es die Zustimmung des Parlaments. Am kommenden Donnerstag wird der Nationalrat darüber entscheiden.
Die Soforthilfe ist politisch unbestritten. Die kleine Kammer sagte mit 44 zu 0 Stimmen Ja zum Bundesgesetz sowie zum dazugehörigen Finanzierungsbeschluss. Jakob Stark (SVP/TG), Präsident der zuständigen Finanzkommission, sprach von einem «Zeichen der Solidarität».
Sobald beide Räte der dringlichen Vorlage zugestimmt haben, zahlt der Bund die Finanzhilfe der Gemeinde Blatten aus. Diese erstattet bis in einem Jahr einen Bericht über die Verwendung der Gelder. Nicht verwendete Gelder muss die Gemeinde dem Bund zurückzahlen.
Am 28. Mai zerstörte ein Bergsturz das Dorf Blatten im Walliser Lötschental weitgehend. Eine Person wird noch immer vermisst. Der Rest der rund 300 Bewohnerinnen und Bewohner hatte rechtzeitig evakuiert werden können.
Der Schuttkegel der abgestürzten 3,5 Millionen Kubikmeter Fels und Gletschereis ist zwei Kilometer lang, 400 Meter breit und 200 Meter tief. Stark betonte das riesige Ausmass der Katastrophe. «Das Dorf wurde förmlich begraben und ausradiert.» Die Kirche, der Friedhof, das Gemeindehaus - alles sei weg. «Die Leute haben nichts mehr.»
Das Ereignis sei noch nicht abgeschlossen, gab Umweltminister Albert Rösti zu bedenken. Gemäss aktuellsten Schätzungen der Experten ist noch immer eine Million Kubikmeter Fels in Bewegung. «Das kann noch runterkommen.»
Die fünf Millionen Franken an Soforthilfe sollen laut Rösti für Sofortmassnahmen dienen, die nicht durch Versicherungen oder Subventionen gedeckt sind. Aber auch Menschen aus dem Dorf in schwierigen Situationen solle geholfen werden können. Pro Bewohnerin und pro Bewohner von Blatten stelle der Bund 15'000 Franken zur Verfügung.
In den vergangenen Tagen hatten bereits verschiedene Kantone, Gemeinden und Private Gelder zugunsten der Bevölkerung von Blatten gesprochen. Bei der Glückskette gingen bis Freitagabend Spendenzusagen von rund 13,7 Millionen Franken ein.
Beat Rieder (Mitte/VS), der selbst im Lötschental wohnt, dankte im Namen der dortigen Bevölkerung für die rasche und unbürokratische Hilfe. Die Einheimischen seien sich Naturkatastrophen gewohnt, aber kein solches «Jahrtausendereignis».
Trotz der Katastrophe sei das Motto der Lötschentaler Bevölkerung: «Wir müssen, können und wollen mit Naturkatastrophen leben. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, eine neue Heimat aufzubauen.»
Rösti betonte, dass der Bund die Gemeinde Blatten bei den Überlegungen und Planungsarbeiten für einen Wiederaufbau begleiten werde. Letztlich müsse aber die Bevölkerung selbst entscheiden, ob man das Dorf wieder aufbaue. Der Bund wolle die dafür nötigen Rahmenbedingungen schaffen.
Im Ständerat wurden neben der unbestrittenen Soforthilfe auch kritische Punkte angesprochen. Pascal Broulis (FDP/VD) wies darauf hin, dass in acht Kantonen - darunter im Wallis - eine Gebäudeversicherung nicht obligatorisch sei.
Fabio Regazzi (Mitte/TI) plädierte dafür, bei künftigen Naturkatastrophen neue Wege zu gehen. Jedes Mal Sondermassnahmen zu ergreifen, sei nicht nachhaltig. Es sei an der Zeit, dass die Schweiz ein Instrument wie beispielsweise einen nationalen Fonds für Schäden nach Naturkatastrophen einrichte.
Eine entsprechende parlamentarische Initiative ist hängig. «Die Häufigkeit von Naturkatastrophen nehmen zu, wir müssen uns der neuen Realität stellen», sagte Regazzi. Er warb dafür, dass die zuständige Kommission seine Initiative nun rasch behandeln solle.
Zu Sprache kamen in der kleinen Kammer auch die Unwetterereignisse vom vergangenen Jahr in den Kantonen Wallis, Tessin und Graubünden. Umweltminister Rösti stellte einen Zusatzkredit von 36 Millionen Franken für die betroffenen Gebiete in Aussicht. (hkl/sda)