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Im Kanton Zürich kämpft SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Chefredaktor Roger Köppel mit grossem Einsatz um einen Sitz im Ständerat. So tourt er unter anderem durch alle 162 Gemeinden des Kantons.
In den vergangenen Wochen konzentrierte er sich im Wahlkampf darauf, die bisherigen Zürcher Ständeräte Daniel Jositsch (SP) und Ruedi Noser (FDP) als «Pöstli-Jäger» zu brandmarken. Die «Weltwoche» widmete dem Thema ebenfalls eine Titelgeschichte.
Am 24. September lockte Köppel die Medien mit der Ankündigung, eine «persönliche Erklärung zum Ständeratswahlkampf» abzugeben, zu einer Pressekonferenz in ein Zürcher Hotel. (Auch watson war vor Ort, verzichtete jedoch aufgrund mangelnden Nachrichtenwertes auf eine Berichterstattung). Dort griff Köppel seine Konkurrenten frontal an. Die beiden würden ihr Amt als Ständerat dazu nutzen, lukrative Mandate zu ergattern – ein Vorwurf, den sowohl Jositsch als auch Noser zurückweisen.
Seine Konkurrenten würden sich weigern, ihre Bezüge offenzulegen, prangerte Köppel an. Er selber hingegen sei transparent: «Ich werde hier meine Finanzen auf den Tisch legen.» Und tatsächlich legte Köppel seinen Jahreslohn offen. 279'995 Franken verdient er als Verleger und Chefredaktor gemäss Lohnausweis, Dazu kommen 100'000 Franken Vergütungen, die er als Nationalrat erhält. Das entspricht einem Jahresverdienst von rund 380'000 Franken brutto.
Doch wie der Tages-Anzeiger am Freitag berichtet, gibt es bei Köppels Transparenzversprechen einen Haken. Denn über mögliche weitere Einkommensquellen nebst seinem Lohn und seinem Nationalrats-Vergütungen schwieg sich Köppel aus.
Und diese weiteren Quellen haben es durchaus in sich. Der «Tages-Anzeiger» zitiert aus dem Protokoll der Generalversammlung der Weltwoche Verlags AG vom 24. Juni 2010. Damals sass Köppel noch nicht im Parlament. Gemäss dem Dokument betrug die Dividende, welche die Firma – deren alleiniger Besitzer Köppel laut eigenen Angaben ist – in jenem Jahr ausschüttete, exakt zwei Millionen Franken. Das entspricht mehr als dem fünffachen des Jahreslohns, den Köppel heute angibt.
Auf Anfrage des «Tages-Anzeigers» teilt Köppel schriftlich mit: «Über die Geschäftsgeheimnisse der Weltwoche Verlags AG führe ich keine öffentliche Korrespondenz.» Wie viel jemand in seinem Beruf verdiene, den er schon vor seiner politischen Tätigkeit ausgeübt habe, spiele keine Rolle. Für seine Kritik an der Pöstchenjägerei sei relevant, welche Mandate ein Politiker nach seiner Wahl «einsacke» und wie viel er damit verdiene. Die Einsicht in seine Steuerdaten hat Köppel an seinem Wohnort Küsnacht ZH sperren lassen.
Der Kampagnenspezialist und Politikberater Mark Balsiger sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger», es sei erwartbar gewesen, dass Köppel als Herausforderer die bisherigen Ständeräte angreifen werde. Damit habe er die Empörungswelle und den Neid rund um die Einkünfte von Zusatzmandaten von Politikern auf Bundesebene lostreten und für sich nutzen wollen. «Doch mit einer Dividende in Millionenhöhe, die er sich offenbar vor wenigen Jahren ausschüttete, steht Köppel selber in einem diffusen Licht.» Es scheine, als beziehe sich Köppels Transparenz nur auf jene Zeit, in der er sich einen für seine Verhältnisse bescheidenen Lohn auszahlte.
Skandal: Die #Weltwoche macht keine Verluste mehr, sondern Gewinn. Der Tages-Anzeiger ist ganz ausser sich. Köstlich. https://t.co/0o5ZosQ6nv
— Roger Köppel (@KoeppelRoger) October 11, 2019
(cbe)