Lange wurde darüber gemunkelt, jetzt hat man Gewissheit: Die Zuger Firma Crypto AG verkaufte Chiffriergeräte an die halbe Welt – Hintertüren für CIA und BND inbegriffen.
Für die SP stellt sich nach den Enthüllungen etwa die Frage, ab wann der Bundesrat Bescheid wusste und ob der Schweizer Nachrichtendienst Mitwisser oder gar Mittäter war. Die Partei begrüsst daher die eingeleiteten Massnahmen, wie SP-Sprecher Nicolas Häsler gegenüber Keystone-SDA sagte.
Sie fordert von der GPDel eine schonungslose Aufklärung über das Ausmass der Angelegenheit sowie über die allfällige Mittäterschaft des Schweizer Nachrichtendienstes und anderer Behörden. Einer allfälligen PUK, wie sie der Grüne Nationalrat Balthasar Glättli fordert, würde sich die Partei anschliessen, falls tatsächlich staatliches Versagen nachgewiesen werden kann.
Auch die CVP findet es richtig und wichtig, dass sich der Bundesrat dieser Sache annimmt und die Angelegenheit überprüft. Mehr könne sie dazu noch nicht sagen, sagte Sprecherin Salomé Steinle gegenüber Keystone-SDA.
Die FDP prüft derzeit, ob sie nicht in der Frühlingssession selber einen Antrag auf eine Puk stellen will, wie FDP-Präsidentin Petra Gössi am Dienstagabend gegenüber den Tamedia-Zeitungen sagte. Das sei für ihre Partei «eine ernsthafte Option».
Gössi sagt im Interview mit dem «Tagesanzeiger» ausserdem, dass die Spionageaffäre die Neutralität der Schweiz infrage stelle. Ihre Reaktion auf die Berichte:
FDP-Ständerat Damian Müller und Präsident der aussenpolitischen Kommission des Ständerats, sagte: «Jemand muss die Vorgänge genehmigt haben. Hier ist zu klären, unter welchen Vorzeichen und mit welchen Absichten das geschehen ist.»
GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser (Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats) sagt gegenüber 20 Minuten: «Die Neutralität der Schweiz ist für unsere Aussenpolitik absolut zentral. Es braucht eine lückenlose Aufklärung.» Und weiter: «Zu klären ist, wer zu welchem Zeitpunkt von diesen Vorgängen wusste. Sollten die Recherchen tatsächlich stimmen, müssen wir den Schaden, den unsere Glaubwürdigkeit dadurch nehmen könnte, möglichst klein halten.» Sie ist ebenso wie Gössi um das Image der Schweiz besorgt und fürchtet negative Auswirkungen auf die aussenpolitische Arbeit.
Balthasar Glättli, Fraktionschef Grüne, hatte Einblick in einige Dokumente. Im watson-Interview erklärt er, warum es nun eine PUK braucht.
Die Departemente reagieren ungewöhnlich schnell – und mit vorgefertigten Sprachregelungen – auf die Recherchen. Doch viele Fragen bleiben offen.
So auch die Frage, ob alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer für seine Untersuchung bereits ehemalige Verteidigungs- und Justizminister kontaktiert hat. Wussten sie von der Spionagetätigkeit über die Crypto AG? Der 86-jährige Arnold Koller, von 1987 bis 1989 Verteidigungsminister und von 1989 bis 1999 Justizminister, sagt gegenüber CH Media, er habe zwar gewusst, dass es die Crypto gebe: «Aber ich kann mich sonst an nichts erinnern.» Elisabeth Kopp, Justizministerin von 1984 bis 1989, sagt: «Ich erinnere mich nicht.» Das sei nicht zu ihr gedrungen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht Implikationen mit Menschenrechtsverletzungen. Es stelle sich die Frage, ob Informationen über schwere Menschenrechtsverletzungen etwa von den Militärdiktaturen in Lateinamerika bis zum Schweizer Nachrichtendienst und dem Bundesrat gelangt sind, sagte Beat Gerber von der Schweizer Sektion gegenüber Keystone-SDA.
Wenn die Informationen an diesen Stellen angekommen seien, stelle sich die Frage, was von Seiten der offiziellen Schweiz dagegen unternommen wurde. Eine lückenlose Aufklärung sei unumgänglich.
Wenn die Informationen an diesen Stellen angekommen seien, stelle sich die Frage, was von Seiten der offiziellen Schweiz dagegen unternommen wurde. Eine lückenlose Aufklärung sei unumgänglich. Die SVP war bis am Abend nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. (jaw/sda)