Dass Cendrim R. jemals wieder auf freien Fuss kommt, ist unwahrscheinlich. Die Regierung Erdogan dürfte kaum auf den Vorschlag der Terrormiliz ISIS eingehen, den 23-jährigen Kosovaren aus dem Aargau gegen türkische Geiseln auszutauschen. Da er sich des Mordes an drei Türken geradezu rühmt, wird er voraussichtlich wegen Terrorismus verurteilt. In der Türkei bedeutet das eine lebenslange Haftstrafe ohne Aussicht auf frühzeitige Entlassung.
Aber eines hat Cendrim erreicht: Den Schritt vom gesichtslosen Kleinkriminellen zum internationalen Terroristen.
Geboren wurde er in Gjilan, einer Stadt im Südosten des Kosovo. Laut dem «Tages-Anzeiger» kam er während des Kriegs Ende der 1990er-Jahre als Siebenjähriger per Familiennachzug in die Schweiz. Im aargauischen Brugg lebte er bei Verwandten und ging in die Realschule, wo er er durch Gewaltausbrüche erstmals negativ auffiel.
Ehemaligen Mitschülern und Bekannten ist er als aggressiv und unfreundlich in Erinnerung geblieben. «Er war unbeliebt, die Leute hatten Angst vor ihm», sagte einer gegenüber dem Lokalsender Tele M1. Aus Angst vor ihm und seinen Brüdern will niemand mit Namen Stellung nehmen.
Seine Lehre als Sanitär-Installateur schloss Cendrim nicht ab, er wurde von seinem Lehrmeister fristlos entlassen. Später beging er einen bewaffneten Raubüberfall auf einen Juwelier. Dafür sowie für weitere Delikte wie Nötigung, Drohung, Sachbeschädigungen und diverse Verstösse gegen das Waffengesetz sass er ab 2011 für zwei Jahre in der Strafanstalt Lenzburg ein. «Er war renitent und unzufrieden. Sein dissoziales Verhalten war auffallend. Auch mit Mitgefangenen hatte er keinen Kontakt», sagte Gefängnisdirektor Marcel Ruf gegenüber dem «Blick».
Dass er sich während seiner Haft radikalisierte, können die Gefängnisbehörden nicht bestätigen. Nach seiner Entlassung im Frühling 2013 wurde ihm die Aufenthaltsbewilligung «wegen erheblicher Straffälligkeit» entzogen, wie eine Sprecherin des Bundesamts für Migration gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagte. Der Kosovare wurde in seine Heimat abgeschoben.
Dort verliert sich seine Spur, zu seiner Familie soll er über längere Zeit keinen Kontakt gehabt haben. Vermutlich wurde er dort radikalisiert und von der ISIS angeworben, in Syrien zu kämpfen. Im März dieses Jahres erschossen er und zwei Komplizen in der Südtürkei zwei Polizisten und einen Lastwagenfahrer. Seither sitzt er in der Provinz Niğde in Untersuchungshaft.
Die Schweizer Justiz musste sich dieses Jahr noch einmal mit Cendrim befassen: Im Mai entschied das Bundesgericht, dass seine zehnmonatige Sicherheitshaft widerrechtlich war. «Mit dem, was er danach in der Türkei getan hat, hat dies nichts zu tun», sagte sein Pflichtanwalt Franz Hollinger zu «20 Minuten». Er fordert für seinen Klienten eine eine Entschädigung zwischen 30'000 und 60'000 Franken.