Wildbienen sind oft stark auf bestimmte Nahrungspflanzen und Nistplätze spezialisiert. Manche brüten nur in Schneckenhäusern, andere in Mauern, Pflanzenstängeln und Erdröhren – oder gar in fremden Nestern. Dies macht sie empfindlich auf das immer raschere Verschwinden von vielfältigen Lebensräumen.
Wildbienen sind sprichwörtlich fleissig: Um eine Hektare Apfelplantage zu bestäuben, sind mehrere zehntausend Honigbienen-Arbeiterinnen nötig – aber nur einige Hundert Weibchen der Gehörnten Mauerbiene, wie der Biologe und Bienenkenner Andreas Müller in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift «Ornis» des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz schreibt.
Einer britischen Untersuchung zufolge bestäubten Honigbienen im Jahr 2007 nur ein Drittel der dortigen landwirtschaftlichen Kulturen – den Rest erledigten Wildbienen und Hummeln. Letztere besuchen zudem viele bei Honigbienen unbeliebte Pflanzen und fliegen oft auch bei schlechterem oder kühlem Wetter aus.
Kein Wunder, macht ihr Verschwinden nicht nur Naturschützern, sondern auch Landwirten Sorge.
Bienen entstanden, als urzeitliche Grabwespen begannen, ihre Gelege mit Pflanzenpollen statt mit getöteten Beutetieren zu verpflegen. Bienen seien also quasi «vegetarische Wespen», erklärt Müller. Dies löste einen Schub der Artenvielfalt bei Blütenpflanzen aus, und auch die Bienen spezialisierten sich immer mehr.
Manche können sich nur von einer einzigen Pflanze ernähren: Die Natternkopf-Mauerbiene besucht ausschliesslich den Natternkopf und nistet in Löchern in totem Holz. Liegen beide nicht benachbart, hat die Biene ein Versorgungsproblem:
Es muss auch genug dieser Blüten geben: Die Garten-Wollbiene muss pro Saison 1000 Blüten des Aufrechten Ziests besuchen, um einen einzigen Nachkommen zu erzeugen. Ähnlich arbeitsam ist die Schwarze Mörtelbiene, die nur die Futter-Esparsette besucht.
Die Faulsten unter den Bienen sind die Kuckucksbienen, zu denen ein Viertel aller in der Schweiz vorkommenden Wildbienen gehören: Sie legen ihre Eier in die bereits gemachten Brutzellen anderer Wildbienen. Die Larve tötet die Wirtslarve und frisst deren Nahrungsvorrat auf. Die meisten Kuckucksbienen sind stark auf wenige Wirte spezialisiert und sterben unter Umständen zusammen mit diesen aus.
Dieses Schicksal droht in Mitteleuropa je nach Region zwischen 38 und 68 Prozent der Wildbienenarten.
Zum Nisten nutzt ein Fünftel der Arten in der Schweiz bestehende Hohlräume wie Insektenfrasslöcher in totem Holz. Einige ziehen Erd- oder Felsspalten vor, andere nisten einzig in leeren Schneckenhäusern. Schwer haben es auch die Bewohner abgestorbener Pflanzenstängel, wenn diese zu früh abgemäht werden.
Futter und Nistplätze finden die Bienen deshalb nur in einer naturnahen Umwelt. Ihnen liesse sich durch das Anlegen blütenreicher Wiesen etwa an Strassenrändern und Böschungen helfen, in denen es auch Nistplätze oder -hilfen gibt, schreibt Müller.
Manchmal werden verlorene Arten aber auch wiederentdeckt – so im letzten Jahr eine seit 130 Jahren verschollene Kegelbienenart.
Eine Aktualisierung der Roten Liste soll Aufschluss über den Zustand der Bienenpopulation geben. Sie wird derzeit vorbereitet und vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) finanziert. (sda)