Das 12. Teilstück meiner Fahrt durch alle 2324 Gemeinden der Schweiz beginnt mit einem happigen Aufstieg von fast 700 Höhenmetern nach Sant'Antonio. In Giubiasco verlasse ich die Magadinoebene und schraube mich hinauf ins Valla Morobbia.
Der Schweiss tropft zwar schon in den Morgenstunden, aber die Gegend wird mit jedem Meter schöner. Ruhiger. Einsamer. Erholender. Sant'Antonio ist meine 98. Gemeinde. Vor Jahren schlossen sich hier oben im Tal die Orte Vellano, Carmena, Melera, Melirolo und Carena zusammen. Verstreut auf 200 Höhenmetern liegen die Fraktionen. Die meisten Einwohner arbeiten im Tal. Mit dem Auto ist man in 20 Minuten in Bellinzona.
Ganz hinten liegt Carena, hier war früher eine Zollstelle. Denn kraxelt man weiter hoch über die umliegenden Gipfel, gelangt man nach Italien. Der Morgen ist einigermassen frisch mit 17 Grad auf den fast 1000 Metern. Auf der gegenüberliegenden Talseite liegen Häuschen verteilt. Es ist eine heile Welt. Zum Wandern sei es hier hervorragend. Oder halt einfach, um Ruhe zu finden.
Ich habe leider nicht lange Zeit und muss zurück ins Tal. Dort passiere ich bei meiner 100. Gemeinde erneut das Ortsschild von Sant'Antonino. Wobei: Moment! Da hat's ja ein N mehr drin. Sant'Antonino heisst der Ort, nicht Sant'Antonio. Die Ähnlichkeit hört allerdings mit dem Namen auf. Während Sant'Antonio ein Bergidyll bietet, liegt Sant'Antonino unten in der Magadinoebene. Auf der einen Seite türmt sich der Monteceneri, die Autobahnen (nach Lugano und nach Locarno) lärmen.
Unweit des Dorfzentrums schiesst ein Konsumzentrum aus dem Boden. Manor, Lidl, Coop, Jumbo, Obi, Athleticum und wie sie alle heissen, haben ihre Einkaufsklötze hier nebeneinander hingeklotzt. Selbst für Einwohner Bellinzonas ist das hier die Konsummeile. Wegen der strategisch guten Lage hat die Migros Tessin hier ihren Hauptsitz. Extremer könnte der Kontrast zum Bergtal Sant'Antonio kaum sein. Und dabei trennen die beiden Gemeinden keine 15 Kilometer. Merke: Ein N kann die Welt verändern.