Dass sie mit Schutzmasken Millionäre wurden, ist bekannt. Dass sie sich davon Ferraris und eine 40-Meter-Yacht kauften, ebenfalls. Über konkrete Zahlen hatten sich Jascha Rudolphi und Luca Steffen, die beiden Firmengründer von Emix, aber immer bedeckt gehalten. Geschäftsberichte veröffentlichten die beiden nie.
Trotzdem sind nun Zahlen bekannt, wie viel Geld die beiden während der Corona-Pandemie mit Masken machten – zumindest in Deutschland.
Das steht im Bericht der Sonderbeauftragten Margaretha Sudhof, die untersuchte, wie viel Geld das deutsche Bundesgesundheitsministerium für Maskendeals während der Corona-Pandemie ausgab.
Sudhof war im vergangenen Sommer mit der Aufarbeitung der Maskendeals beauftragt worden, die Jens Spahn als Bundesgesundheitsminister während der Corona-Pandemie abschloss. Mittlerweile ist Spahn Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag.
Der Bericht ist aus dem Januar, vollständig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde er aber erst jetzt durch die unabhängige Plattform Frag den Staat. Zuvor lag er einem Rechercheverbund aus NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung vor. Aus Schweizer Sicht besonders interessant: Die bisher geschwärzten Seiten 43 bis 48 des Berichts, in denen es um die Schweizer Firma Emix geht.
Auf den insgesamt sechs Seiten, die sich mit den Maskendeals beschäftigen, wird deutlich: Emix und das Bundesgesundheitsministerium unter Minister Jens Spahn schliessen zwischen dem 12. und dem 24. März 2020 insgesamt fünf Verträge für Schutzmasken ab. Emix liefert über 60 Millionen OP-Masken und fast 36 Millionen FFP2-Masken.
Schnell kommt es zu Problemen. TÜV Nord überprüft die von Emix gelieferten Masken und kommt zu einem niederschmetternden Befund: Die Prüfstelle schätzt 48 Prozent der FFP2-Masken und 40 Prozent der OP-Masken als mangelhaft ein. Emix hält diese TÜV-Prüfung für zu streng, räumt aber ein, dass ein Teil der Lieferung mangelhaft sei. Es spricht allerdings von 20 Prozent der FFP2-Masken und 32 Prozent der OP-Masken – deutlich niedrigere Zahlen als die des TÜV.
Im Mai 2020 schliessen Emix und Jens Spahns Gesundheitsministerium einen Vergleich. Gemäss dem Bericht von Margaretha Sudhof fällt er aber nur für Emix vorteilhaft aus. Das Gesundheitsministerium übernimmt die Zahlen von Emix und gibt dem Schweizer Unternehmen die Möglichkeit, nachzubessern.
Und: Trotz der Mängel bestellt Gesundheitsminister Spahn nochmals über 81 Millionen FFP2-Masken und über 23 Millionen OP-Masken. Die Preise bleiben dabei gleich: Emix kassiert pro verkaufte FFP2-Maske zwischen 5,40 Euro und 5,95 Euro und 0,60 Euro pro OP-Maske. Beides wurde in den Verträgen als Marktpreise definiert. Für Margaretha Sudhof kann in diesem Fall kaum von einem Vergleich gesprochen werden. Aus dem Bericht:
Denn zu diesem Zeitpunkt habe sich der Preis für eine FFP2-Maske auf dem Weltmarkt bereits bei unter einem Euro befunden. Als besonders unverständlich erachtet der Bericht zudem, dass das Gesundheitsministerium im April 2020 nochmals 100 Millionen FFP2-Masken bestellte – trotz der mangelhaften Qualität der Masken und obwohl zu dem Zeitpunkt bereits «überbeschafft worden» war, kritisiert der Bericht.
Die Sonderbeauftragte Sudhof wird am Dienstagmorgen vor dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags Fragen zum Bericht beantworten. In Deutschland dreht sich die Diskussion rund um die Emix-Maskendeals vor allem darum, inwieweit der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn darin direkt involviert war.
Der CDU-Politiker, der mittlerweile Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ist, äusserte sich gegenüber dem NDR und WDR. «Eine Bewertung von einzelnen juristischen Vergleichen» sei ihm «nicht möglich». Ausserdem habe er «etwaige Vergleichsgespräche mit der Firma Emix nicht geführt». Emix will sich aus vertraglichen Gründen nicht zum Vergleich äussern.
Die Maskenaffäre beschäftigt Deutschland schon länger. Jens Spahn hatte sich während der Corona-Pandemie zu einem umstrittenen Schritt entschlossen. Er beschaffte medizinische Schutzmasken im sogenannten Open-House-Verfahren. Im Gegensatz zum regulären Verfahren, in dem Aufträge ausgeschrieben werden, bekommt hier jeder Anbieter den Zuschlag. Im konkreten Fall bedeutete das: Wer Masken liefern konnte, durfte sie liefern.
Jens Spahn rechtfertigte diesen Schritt damit, dass zum Zeitpunkt, in dem er sich zum Open-House-Verfahren entschloss, ein besorgniserregender Mangel an Masken geherrscht habe. «Wir haben in der damaligen Koalition Deutschland gut durch diese schwere Zeit geführt. Dafür müssen wir uns nicht in den Staub werfen», sagt Spahn gegenüber dem Stern.
Kritiker sehen das anders. Der Bericht von Margaretha Sudhof kommt zum Schluss, dass es zu einer deutlichen Überbeschaffung an Masken gekommen sei, weil das Open-House-Verfahren «aus dem Ruder gelaufen» sei.
Dazu kommt, dass die Maskendeals bis heute Kosten verursachen. Der Bundesrechnungshof hat einen Bericht veröffentlicht, in dem er die «Folgekosten für die Verwaltung der Überbeschaffung» auflistet – also die Kosten, die überschüssigen Masken zu lagern. Oder aber sie zu vernichten. Im vergangenen Jahr habe das allein 57 Millionen Euro gekostet, im laufenden 45 Millionen. Für die Jahre 2026 und 2027 rechnet der Bundesrechnungshof nochmals mit 67,3 Millionen Euro. Darüber berichtet der Spiegel.
Rudolphi und Steffen, die beiden Emix-Unternehmer, verkauften während der Corona-Pandemie auch der Schweizer Armee medizinische Schutzmasken. Die Armee hat bis zu 9,90 Franken pro FFP2-Maske bezahlt. Die Staatsanwaltschaft Zürich ermittelt deshalb wegen Wuchers gegen Emix. Auch die in die Schweiz gelieferten Masken waren teilweise mangelhaft.
Quellen:
Bericht der Sachverständigen Beraterin Dr. Margaretha Sudhof
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-masken-sudhof-bericht-100.html
https://www.spiegel.de/panorama/jens-spahn-und-die-masken-bundesrechnungshof-kritisiert-folgekosten-der-maskenkaeufe-a-ba82df24-bff6-4ab6-8ee3-c4faaaeefe4b