Es ist zwar erst eine Pilotstudie. Doch bereits deren Ergebnisse lassen aufhorchen. Wie das Bundesamt für Umwelt (Bafu) in einem Ende November auf seiner Website aufgeschalteten Bericht schreibt, ist Trifluoressigsäure (TFA) «flächendeckend im Grundwasser» der Schweiz nachgewiesen. Verboten ist der Einsatz von TFA nicht. Und auch die gesundheitlichen Auswirkungen sind noch nicht vollständig erforscht. Laut bisherigem Wissensstand kann die Substanz bei Tieren jedoch lebertoxisch sein und die Fortpflanzung beeinflussen.
Klar ist aber bereits jetzt: Diese künstliche Chemikalie, bei der es sich um eine PFAS-Verbindung handelt, gehört nicht ins Wasser. Und klar ist laut dem Bericht auf der Website des Bundes auch: Je nach Messstandort unterscheiden sich die Trifluoressigsäure-Konzentrationen in der Schweiz deutlich. Besonders hoch ist die Konzentration demnach im Flachland und in städtischen Gebieten. Und: «Unter Ackerland sind die Konzentrationen signifikant erhöht», steht in dem Bafu-Bericht weiter. TFA gelange dort «grossflächig durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ins Grundwasser».
In geringeren Konzentrationen gelangt Trifluoressigsäure laut Bundesamt für Umwelt zusätzlich mit dem Niederschlag ins Grundwasser. TFA im Niederschlag stammt dabei laut Bafu primär aus gasförmigen Kältemitteln und Treibgasen. «Punktuell» könnten überdies gereinigte industrielle Abwässer zu einer erheblichen Belastung des Grundwassers mit dem Schadstoff führen.
Als künstlicher, langlebiger Stoff ist TFA damit nach aktuellem Kenntnisstand des Bafu «die mit Abstand am weitesten verbreitete künstliche Chemikalie im Grundwasser». Zuerst über die Bafu-Pilotstudie berichtet haben das Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) und Radio SRF.
Umweltchemiker Martin Scheringer von der ETH Zürich sagt am Mittwoch gegenüber SRF: «Es ist sicherlich keine gute Situation, so einen Fremdstoff überall im Wasser zu haben und ihn auch langfristig mit dem Wasser zu sich zu nehmen.» Aktuell gebe es noch keine grossen Probleme durch die TFA-Belastung des Grundwassers, sagt PFAS-Experte Scheringer, «aber die werden kommen, wenn man nichts tut».
Gegenüber RTS spricht Nationalrätin Delphine Klopfenstein-Broggini gar von einer «tickenden Zeitbombe». Es gelte, dieses Thema ernst zu nehmen, fordert die Genfer Grüne. Sie ruft dazu auf, an der Quelle anzusetzen und die Produktion von TFA und anderen PFAS zu reduzieren.
Trifluoressigsäure ist eine «hochmobile und gleichzeitig persistente Substanz». Sprich: Sie wird nicht abgebaut. TFA ist vollständig fluoriert und zählt daher zu den PFAS, den per- und polyfluorierten Alkylverbindung und stammt als Abbauprodukt vorab aus Pflanzenschutzmitteln sowie gasförmigen Kälte- und Treibmitteln. Laut Bafu sind aktuell 28 Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe in der Schweiz zugelassen, «die in ihrer Molekülstruktur mindestens eine CF3-Gruppe enthalten und sich damit potentiell zu TFA abbauen». Im Jahr 2022 wurden insgesamt mehr als 40 Tonnen dieser Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe eingesetzt. Auch aus Arzneimitteln oder vielen Industriechemikalien könne Trifluoressigsäure freigesetzt werden.
PFAS sind eine Gruppe von schwer abbaubaren Chemikalien, die seit Jahrzehnten industriell hergestellt werden. Weltweit werden sie breit eingesetzt und gelangen so in die Umwelt. Darum können sie laut Bafu in der Nahrungskette sowie im Menschen nachgewiesen werden. Für den Menschen stellen viele der Tausenden chemischen Substanzen der PFAS-Gruppe laut dem Bund «ein mögliches gesundheitliches Risiko» dar.
Die aktuelle Pilotstudie zum Vorkommen von Trifluoressigsäure in der Schweiz basiert auf Grundwasseranalysen im Rahmen der Nationalen Grundwasserbeobachtung (Naqua) in den vergangenen zwei Jahren. Untersucht wurden dabei laut Bafu alle knapp 550 Naqua-Messstellen im ganzen Land. (bzbasel.ch)