Selbstbewusst strahlt sie vom SVP-Unterschriftenbogen. «Denn hier bestimme ich», verkündet sie mit vor der Brust verschränkten Armen. Sie; das ist die Superschweizerin, die wahre Eidgenossin – freiheitsliebend, stolz auf ihr Land, entschlossen gegen fremde Richter.
Dass mit dieser Dame etwas nicht stimmen kann, stach watson-User Maurus Zehnder sofort ins Auge, als er den Unterschriftenbogen für die SVP-Selbstbestimmungs-Initiative aus seinem Briefkasten fischte: «Das kann nur ein Stock-Foto sein», dachte sich der langjährige Werber.
Eine kurze Googlesuche später kann sich Zehnder das Lachen nicht mehr verkneifen: Diese schöne Superschweizerin gibt es unter den Stichworten «Frau», «Selbstvertrauen» und – ACHTUNG – «Europäischer Abstammung» auf iStock zum Download.
«Liebe SVP. Wenn ihr schon meinen Briefkasten fremdbestimmt, dann bitte mit einer echten Schweizerin. Und nicht mit einer billigen iStock-Bitch europäischer Abstammung», postet Zehnder zum Amüsement seiner Freunde auf Facebook.
Maurus Zehnder findet die Wahl des Bildes völlig unverständlich: «Natürlich sind Stock-Bilder in der Werbung gang und gäbe. Aber wer solch nationale Werte vertritt wie die SVP sollte vorsichtiger sein bei der Bildwahl – gerade im Kontext dieser Initiative», sagt er. Zudem ist Zehnder überzeugt: «Die SVP hätte bestimmt ein nettes Model und einen Schweizer Fotografen für ein günstiges Shooting gefunden.»
Wie zufrieden die SVP rückblickend mit ihrer Bildwahl ist, sei dahin gestellt: Die selbstbewusste Schöne wirbt nämlich in ganz Deutschland ausgerechnet für – ein Anliegen, das definitiv nicht in der SVP-Partei-Agenda auftaucht. Sie gibt aber auch einen guten erneuerbare Energiequellen in Berlin und wirbt für PersonalrecruiterGesundheitsprodukte, Fertighaus- und Bungalowkataloge, schwedische Fitnesscenter, Livecoaches in Grossbritannien und Lehrgänge in Frankreich.
Martin Baltisser, Generalsekretär der SVP, findet es halb so tragisch: «Da es sich bei einem Bogen, wie einem Flyer oder Plakat, auch um ein Werbemittel handelt, spielt es keine Rolle, woher die Bilder stammen», schreibt er auf Anfrage. Für politische Werbung seien in der Schweiz praktisch keine Fotos von Personen verfügbar. Deshalb wurde auf das iStock-Archiv zurück gegriffen. Warum kein Geld in ein eigenes Shooting investiert wurde, lässt er offen.
Damit hat die SVP nämlich auch schon daneben gegriffen. Vor vier Jahren castete sie für einen Werbespot eine schöne Badenixe: «Schweizerinnen wählen SVP», verkündete eine Stimme im Hintergrund zu den anregenden Badebildern. Darauf, dass das Model türkischen Migrationshintergrund mitbrachte, achtete die SVP dann weniger. (rar)
Blocher verschachert Schweizer Firmen ins Ausland, Fehr stellt illegal Jugos als Hausangestellte an, Bertoluzzi hat bloss eine Gehirnlappen, ein anderer klaut seiner verstorbenen Kundin das Erbe, ein Walliser hängt die deutsche Reichskriegsflagge ins Wohnzimmer. Die Frau Rickli vertritt das deutsche Privatfernsehen im politischen Kampf gegen das Schweizer Fernsehen.
Eher ein trauriger Haufen als SuperschweizerInnen.
Auf unserer Facebook-Gruppe "Die Super-Schweizer", welche sich den Lügen und Fehltritten der SVP widmet, hatten wir schon am 13. März darüber berichtet, dass die SVP für ihre Initiative ein ausländischen Model einsetzt. Möglicherweise unter Verletzung der Urheberrechte.
Wir berichteten auch über die Gründe, weshalb die SVP zu diesem Etikettenschwindel griff: Die ursprünglich für diese Kampagne vorgesehene Eidgenossin fiel bei den User Acceptance Tests durch. Siehe Bild.