Der Bund hat am Sonntag falsche Parteistärken bei den Nationalratswahlen publiziert. Das wurde bei Qualitätskontrollen festgestellt. Die Korrektur hat keine Auswirkungen auf die Verteilung der Sitze und die gewählten Nationalrätinnen und Nationalräte.
Während die Panne durchaus hohe Wellen schlug, fallen die Reaktionen ziemlich unterschiedlich aus. Für einige hat gleich die Demokratie im Lande einen Schaden genommen, andere sind «irritiert» – und wieder andere nehmen es mit Humor.
Eine kleine Sammlung an Reaktionen:
Die Schweizer Presse hat den Berechnungsfehler des Bundesamts für Statistik (BFS) als Blamage, Debakel und Fiasko bezeichnet. Bei der Auszählung der Wahldaten stehe das Vertrauen in die Demokratie auf dem Spiel, hiess es am Donnerstag in den Kommentarspalten.
«Peinlich!» steht auf der «Blick»-Titelseite vom Donnerstag. Ganz in «Blick»-Manier hat die Zeitung den Berechnungsfehler des BFS in einem Wort zusammengefasst. Auch andere Zeitungen fanden deutliche Worte.
Der Berechnungsfehler des Bundesamts für Statistik schade dem Vertrauen in die Demokratie, meint man beim «Tagi». Er weise aber auch auf grundlegende Mängel hin, die «weit über das Amt» hinausgehen: In Zeiten der Digitalisierung sollte der Bund nicht auf die föderalistische Vielfalt setzen, so der Autor. Und weiter: «Das aktuelle Berechnungsdebakel und die Erfahrungen während der Pandemie sollten reichen, damit der Bund überall über die Bücher geht.»
«Alles falsch, Makulatur, für den Papierkorb», schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ). Das Bundesamt für Statistik (BfS) blamiere sich mit der Errechnung von falschen Wahlergebnissen.
Erste Hinweise auf falsche Wahldaten gab es laut der Zeitung bereits am Wahlsonntag. Diverse Redaktionen hätten das BFS rasch auf die Fehler aufmerksam gemacht. Schuld seien die Kantone, habe es aus dem BFS geheissen. Man sei daran, die Fehler zu korrigieren.
Bei der rechtsgerichteten «Weltwoche» darf das Schlagwort nicht fehlen: «Bananenrepublik». Der Autor fragt sich dabei: «Kann man sich eigentlich als Staat lächerlicher machen als mit Fehlern beim Berechnen der Wahlergebnisse?» Und: «Sind wir langsam auf dem Weg, eine Bananenrepublik zu werden?»
Der Politologe Hermann sieht durchaus Vorteile der Verrechnung des BFS: Durch den Fehler seien die Umfragen genauer gewesen als die amtlich publizierten Schlussresultate.
Das ist womöglich eine Weltpremiere. Wahlumfrage ist genauer als die amtlich publizierten Schlussresultate des #BFS (fast schon beängstigend genau - abgesehen von der GLP) @srfnews pic.twitter.com/ME1nyfrilC
— Michael Hermann (@mhermann_) October 25, 2023
Polit-Analyst Mark Balsiger macht sich Sorgen im Hinblick auf das Vertrauen in ein mögliches e-Voting-System.
In einem grösseren Kontext: Wenn dereinst mit #eVoting ein solcher Fehler passiert, ist das Vertrauen der Bevölkerung futsch, und zwar dauerhaft.#ThinkAgain #DearDemocracy #BfS #Zählpanne #WahlCH23 https://t.co/lzGXGzOxaD
— Mark Balsiger (@Mark_Balsiger) October 25, 2023
Liebes BFS
— Die Mitte – Le Centre (@Mitte_Centre) October 25, 2023
Wir wissen, dass zählen schwierig ist. Wir haben übrigens immer gesagt, dass 1 + 1 nicht immer 2 ergibt!
Aber keine Sorge, es bleibt bis 2027 Zeit, um uns zu bestätigen, dass die endgültigen Ergebnisse endgültig sind.
Mit freundlichen Grüssen
Die Mitte Schweiz pic.twitter.com/r7MF2uJkwE
Gemäss korrigierten Zahlen bleibt die FDP drittstärkste Kraft. Dass das BFS am Sonntagabend nicht korrekte Wähleranteile publizierte, ist irritierend.
— FDP Schweiz (@FDP_Liberalen) October 25, 2023
Was bleibt: Der Fehler wirft demokratiepolitisch lange Schatten. Er zeigt, auf welche wackeligen Füssen die Zauberformel und die öffentliche Debatte darüber steht.
— GRÜNE Schweiz (@GrueneCH) October 25, 2023
Ja, @StatSchweiz hat einen Fehler gemacht. Den Fehler des Jahrzehnts. Dennoch: Die Kontrollmechanismen haben gegriffen, die Führung ist hingestanden und hat die Verantwortung übernommen. Würden bei Fehlern in Bundesbern alle so handeln, wäre Bundesbern ein besseres Bundesbern.
— Cédric Wermuth (er/ihm) (@cedricwermuth) October 25, 2023
FDP-Vize Andrea Caroni sagt gegenüber dem «Blick»: «Die wichtigsten Zahlen der Legislatur zu verhauen, ist eine kolossale Fehlleistung des BfS.» Er freue sich aber sehr, ist die FDP weiterhin auf Platz 3.
Wir lernen gerade:
— Balthasar Glättli🌻 🕊 (@bglaettli) October 25, 2023
1. Die @gruenech sind praktisch gesehen eben doch eine 10%-Partei
2. Seldwyla ist offenbar nicht Zürich
via @_ThomasForrer #bfsfail pic.twitter.com/PBjEUQ133y
Parteipräsident Gerhard Pfister sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, das Resultat liege immer noch über jenem der Einzelparteien CVP und BDP vor der Fusion.
Es bleibt dabei: Die @Mitte_Centre hat ihr Wahlziel erreicht und das Fusionsergebnis mit 14.1% übertroffen. Das freut uns.
— Gerhard Pfister 🤍💙💛 (@gerhardpfister) October 25, 2023
Die von ihm am Dienstag gemachte Aussage zur Zusammensetzung des Bundesrats sieht Pfister nicht als erledigt an. Über die Zauberformel müsse man weiter diskutieren. Er habe die FDP und die SVP in seinem Interview mit CH Media lediglich an deren eigene Logik erinnern wollen, wonach die drei stärksten Parteien Anspruch auf zwei Bundesratssitze haben. Diese Logik sei nie die der Mitte gewesen.
Und noch ein letzter #Tweet für heute. Da nehme ich mir zwei Tage frei und am zwei Tag habe ich abends statistisch gesehen so viele Journalisten-Anrufe in Abwesenheit wie schon lange nicht mehr. Aber was ist schon #Statistik. Oder @StatSchweiz?
— Philipp Matthias Bregy 💙💛 (@pmbregy) October 25, 2023
Ein durchaus fairer Einwand von Komiker Deville:
Habt ihr euch noch nie verzählt oder was?
— Dominic Deville (@gangdeville) October 25, 2023
Ein kleiner Witz für zwischendurch:
Vorhin im Tram:
— David Stampfli (@David_Stampfli) October 25, 2023
«Kennst du den Unterschied zwischen dem Bundesamt für Statistik und der bürgerlichen Presse?»
«Nein...?»
«Das Bundesamt gibt zu, wenn es einen Fehler gemacht hat – und korrigiert diesen.»
«...» #WahlCH23 #BFS
Mike Müller und das Wunschszenario, das sich jetzt aufdrängt:
Bund gibt weitere Rechnungsfehler zu: Direkte Bundessteuer war dieses Jahr massiv zu hoch. PARTY!
— Mike Müller (@MikeMuellerLate) October 25, 2023
SRF-Moderator Sandro Brotz hat Angst um die Glaubwürdigkeit seiner Präsidentenrunde:
Historisch bleibt bei der #WahlCH23 damit einzig die Super-Panne. Ach ja, meine Fragen in den Präsidentenrunden von Sonntag und Montag sowie die Antworten der Parteispitzen verschieben sich in ihren Aussagewerten um 0,13 - 0,62 Prozentpunkte. #IronieOff #DigitalFirst
— Sandro Brotz (@SandroBrotz) October 25, 2023
(lak)
Das ganze Tamtam jetzt zeugt sodann nicht gerade von einer gesunden Fehlerkultur sondern sagt viel darüber aus, mit welchem Mindset viele von uns offenbar immer noch unterwegs sind.
Unschön ja, aber am Ende auch beruhigend.
Fehler passiert, Fehler behoben, Fehler kommuniziert.
Ente gut, alles gut.
Es ist nur eine Satistik. Die Weltwoche hat doch nur ein Problem damit, dass das SVP REsultat nach unten korrigiert wurde. Sieht halt nicht mehr so schön aus.