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Die wilde WEF-Vergangenheit von Bundesrat Beat Jans

Drang als Globalisierungskritiker aufs WEF-Gelände vor: Beat Jans als Geschäftsmann verkleidet im Jahr 2001.
Drang als Globalisierungskritiker aufs WEF-Gelände vor: Beat Jans als Geschäftsmann verkleidet im Jahr 2001.Bild: Screenshot: SRF

Die wilde WEF-Vergangenheit von Beat Jans – so drang er einst verkleidet ins Areal ein

Er ist erst seit zwei Wochen im Amt. Nun will SP-Bundesrat Beat Jans am WEF Kontakte mit Ministerkollegen aus aller Welt knüpfen. Für den Justizminister ist es freilich eine Rückkehr nach Davos.
13.01.2024, 20:2113.01.2024, 20:43
Stefan Bühler / ch media
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Vor einem Jahr wagte Albert Rösti den Sprung ins kalte Wasser: Kaum zwei Wochen als Bundesrat im Amt, hatte er am WEF in Davos seine ersten Treffen auf Ministerebene. Rösti war so neu, dass Robert Habeck, Deutschlands Wirtschaftsminister, seinen Namen noch nicht wirklich kannte: Er bezeichnete den SVP-Bundesrat als Herrn «Röstli».

Dieses Jahr ist nun Beat Jans der Rookie des Bundesrats am Jahrestreffen. Seit Neujahr ist der SP-Mann Justizminister. Er wolle das WEF nutzen, um Kontakte im Migrationsbereich zu knüpfen, teilt der Bund mit. Darunter wohl vorab solche mit Kollegen aus dem EU-Raum. Jans trifft sich zudem mit dem irakischen Aussenminister Fouad Hussein sowie Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti.

Bundesrat Beat Jans beim offiziellen Empfang in Basel, am Donnerstag, 21. Dezember 2023. Der neu in den Bundesrat gewaehlte Beat Jans wird mit einem Festumzug, einem Bevoelkerungsempfang und einer Wah ...
Beat Jans beim offiziellen Empfang nach der Bundesratswahl in Basel, im Dezember.Bild: keystone

Anders als Rösti vor einem Jahr ist Jans freilich nicht zum ersten Mal am WEF präsent. Schon 2001 gelangte er auf das Gelände – verkleidet als Manager.

Es war die Zeit, als Globalisierungskritiker und Umweltorganisationen mit verschiedensten Protestformen gegen das Treffen der Mächtigen aus Politik und Wirtschaft mobil machten. Zu ihnen gehörte auch der heutige Bundesrat.

Die Anfahrt nach Davos war damals grossräumig abgeriegelt. In Landquart gab es Kontrollen, Demonstranten wurden von der Polizei eingekesselt. Später kam es zu Ausschreitungen.

«Die Posten hielten uns wohl für grosse Staatsmänner.»

Trotzdem schafften es Jans und seine Mitstreiter «in den stacheldrahtgesäumten Hochsicherheitstrakt des World Economic Forum», wie er selber kurz darauf in einem Gastbeitrag in der «Basler Zeitung» schrieb:

«Es war ganz einfach. Man musste nur ‹normal› aussehen. Hier die Anleitung: Man schnalle sich einen Bauch aus Schaumgummi um, ziehe sich Hemd, Krawatte und Nadelstreifenanzug über und dekoriere die Verkleidung mit Goldschmuck, Uhren und Villiger-Zigarren. Ein Mantel, locker über die Schultern geworfen, und eine Sonnenbrille vor den Augen kann auch nichts schaden. Meine zwei britischen Kollegen und ich verkleideten uns als fette Kapitalisten, grüssten die Wachen freundlich und marschierten ohne Bewilligung und ohne weitere Probleme ins bestbewachte Gelände der Schweizer Nachkriegsgeschichte ein.»

Dies gelang nicht zuletzt, weil Fernsehteams, darunter ARD und BBC, auf das Grüppchen aufmerksam geworden waren und sie begleiteten.

«Als wir beim Eingang ankamen, waren die Wachposten ziemlich beeindruckt. Drei ‹normal› gekleidete Männer, umgeben von so vielen laufenden Kameras! Die Posten hielten uns wohl für grosse Staatsmänner. Sie machten keine Anstalten, uns zu kontrollieren, und liessen uns eintreten.»

Erst als die WEF-Kritiker Flugblätter verteilten, dämmerte den Sicherheitsleuten, dass etwas nicht stimmen konnte: «Polizisten führten uns ab, fotografierten unsere Schaumgummibäuche, unsere Verbrechermienen und legten Akten an. Nach gut zwei Stunden waren wir wieder frei.»

Als Bundesrat bezeichnet Beat Jans seinen Coup rückblickend als «ziemlich subversive Aktion».
Als Bundesrat bezeichnet Beat Jans seinen Coup rückblickend als «ziemlich subversive Aktion».Bild: SRF

Am Tag seiner Wahl in den Bundesrat nahm Jans am 13. Dezember gegenüber Fernsehen SRF Stellung zu dem Coup aus jungen Jahren: Es sei eine «ziemlich subversive Aktion» gewesen, räumte er ein. Aber damals sei das WEF nicht öffentlich gewesen, auch Journalisten hätten keinen Zutritt gehabt. «Heute ist es eine Veranstaltung, die sehr viel transparenter ist.»

Sechs von sieben Regierungsmitgliedern in Davos
Am Freitag veröffentlichte der Bund die provisorischen Programme der Regierungsmitglieder. Bundespräsidentin Viola Amherd wird Premier Li Qiang in Bern und später in Davos mehrere Staatschefs treffen, vorab aus Europa. Wenn er anreist, zählt dazu sicher auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski.

Karin Keller-Sutter trifft unter anderen die Finanzminister aus Saudi-Arabien und Südafrika. Guy Parmelin und Albert Rösti führen wie letztes Jahr ein Gespräch mit Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck. Rösti wird zudem an einem Panel mit Brasiliens Energieminister Alexandre Silveira de Oliveira teilnehmen.

Ignazio Cassis trifft sich mit EU-Kommissar Maros Sefcovic; schon am Sonntag präsidiert er das vierte Treffen zur Friedensformel der Ukraine mit Vertretern aus 80 Staaten. Beat Jans knüpft Kontakte, und Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider bleibt in Bern.

(aargauerzeitung.ch)

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lowend
13.01.2024 21:12registriert Februar 2014
Danke Watson.Das habe ich gar nicht gewusst, dass unser neuer Justizminister als junger Sozialist derart kreativ-subversiv unterwegs war. Nun ist mir BR Beat Jans noch viel sympathischer als zuvor. 👍
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Randalf
13.01.2024 21:16registriert Dezember 2018
Voll geil.
Respect.👍
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Musta Makkara
13.01.2024 23:32registriert Juni 2018
Als Manager "verkleidet"?... Die Formulierung ist gleichzeitig absurd und perfekt...
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