Wenn wieder einmal ein Auto mitten in einer Schweizer Fussgängerzone steht, weil die ortsunkundigen Lenker ein Fahrverbot übersehen haben, dürfte es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um eines mit «AI»-Nummernschild handeln. Das liegt nicht daran, dass die Innerrhoder besonders schlecht Auto fahren, sondern dass hierzulande fast alle Mietwagen dank tiefer Gebühren bei den Appenzellern und im Kanton Waadt eingelöst werden.
Das Geschäft brummt. Immer mehr Gäste aus dem Ausland bereisen die Schweiz, die Hotellerie steuert dieses Jahr auf einen Allzeitrekord zu. Viele Reisende nutzen zwar den öffentlichen Verkehr, aber auch das Mietauto ist ungebrochen beliebt. Mit der «Grand Tour of Switzerland» hat die Marketingorganisation Schweiz Tourismus 2015 gar einen extra ausgeschilderten Roadtrip lanciert.
Doch nicht nur Touristen, auch Menschen aus der Schweiz mieten häufiger ein Mietauto. So registriert die Helvetic Motion AG, die in der Schweiz das Mietwagengeschäft der US-Marken Enterprise, National und Alamo verantwortet, derzeit ein aussergewöhnlich starkes Wachstum.
Firmenchef Marco Venturini sagt, der Umsatz liege derzeit 15 Prozent über dem Vorjahr. Gegenüber 2019 – dem letzten vor der Corona-Krise – habe sich der Umsatz gar verdoppelt. Sein Unternehmen sei zuletzt stark gewachsen, vor allem dank der Digitalisierung. Die Kundschaft brauche nicht mehr am Schalter zu warten, sondern könne alles online abwickeln. Das habe die Attraktivität stark erhöht, vor allem bei Geschäftskunden.
Auch bei anderen Anbietern brummt das Geschäft – etwa beim grössten hiesigen Vermieter Europcar. Das Sommergeschäft sei bisher «erfreulich stabil» verlaufen, sagt Marketing-Chef Martin Helg. Der Umsatz liege über dem Vorjahr, auch wenn es für ein Fazit noch zu früh sei. Auch gegenüber 2019 habe Europcar zugelegt.
Dieses Jahr spiele insbesondere der Freizeitbereich eine wichtige Rolle, sagt Helg. Die einheimischen Gäste seien zahlenmässig wichtiger als die ausländischen, doch insbesondere bei den Kunden aus den USA verzeichne Europcar ein starkes Wachstum. Die wichtigsten Kundinnen und Kunden aus dem Ausland sind allerdings weiterhin jene aus Grossbritannien.
Von einer «positiven Nachfrage» im Sommer berichtet auch Hertz Schweiz. Diese halte an. Genaue Zahlen für den Schweizer Markt will Hertz wie viele andere Firmen nicht kommunizieren. Bei Sixt beispielsweise heisst es nur, dass der Umsatz konzernweit zwischen 2019 und 2024 von 2,5 auf 4,0 Milliarden Euro gesteigert worden sei.
In der Schweiz dürften im Mietwagenmarkt dieses Jahr laut diversen Schätzungen etwa 600 Millionen Franken umgesetzt werden. Bis 2030 sollen es 700 Millionen Franken pro Jahr sein. Wie viele Mietautos insgesamt unterwegs sind, wird nicht erhoben. Anhaltspunkte liefern die Daten des Kantons Appenzell Innerrhoden. Dort wurden dieses Jahr bisher 17’360 Mietfahrzeuge immatrikuliert – etwas weniger als im Rekordjahr 2019, aber mehr als vergangenes Jahr. Allerdings unterliegen die Bestände saisonalen Schwankungen. Es handelt sich um den Maximalbestand anhand der sich im Umlauf befindlichen Kontrollschilder.
Der Markt ist stark fragmentiert. Neben den grossen Anbietern buhlen Dutzende kleinere Firmen um Kundschaft. Der durchschnittliche Preis für ein Mietwagen liegt derzeit laut Daten des Portals Skyscanner bei 108 Franken pro Tag bei einer Anmietung in Zürich.
Helvetic-Motion-Chef Marco Venturini sagt, dass die Preise dieses Jahr um rund 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nachgelassen hätten. «Der Preisdruck wird bestehen bleiben», sagt er. «Ich rechne damit, dass sich die Mietwagenpreise in den nächsten Jahren weiterhin um ein paar Prozentpunkte reduzieren werden.» Von einer «moderaten Preisentwicklung» geht hingegen Europcar aus.
Teurer wird es aber, wenn auf der Reise mit dem Mietauto etwas passiert. Reparaturen kosteten heute mehr, heisst es bei Hertz. Das liege daran, dass die Fahrzeuge immer mehr Technologie eingebaut hätten. Sixt teilt mit, die Kosten für viele Reparaturleistungen seien in den vergangenen beiden Jahren inflationsbedingt «erheblich gestiegen». Das wirke sich auf die Entschädigungszahlungen für Schäden aus.
Wer an seinem Mietauto Kratzer hinterlässt oder Blechschaden verursacht, wird künftig also tiefer in die Tasche greifen müssen – und muss sich auf mühsame Diskussionen einstellen. Marco Venturini spricht von einem «leidigen Thema». Viele ausländische Touristen seien «den hohen Standard respektive die tiefe hiesige Schadenstoleranz» nicht gewohnt.
«Was in anderen Ländern als Gebrauchsspur gilt, gilt bei uns als Schaden», sagt Venturini. «Dazu kommen unsere deutlich höheren Reparaturkosten.» Zusammen mit einer zuletzt verbesserten Schadensaufnahme und -erkennung registriere er deshalb deutlich mehr Schadenfälle «inklusive aller einhergehenden Diskussionen». Mit dem Mietauto auf der langsamen Spur zu fahren, dürfte also ein guter Rat bleiben. (aargauerzeitung.ch)
Da muss man standhaft bleiben.
Hertz in Bern vermietete mir relativ günstig einen „Zügelwagen“.
Online gebucht mit Bern als Abhol- und Abgabepunkt, hat alles geklappt, bis zur Abgabe.
Da behauptete der Typ am Schalter, dass diese Fahrzeuge in einer komplett anderen Ortschaft abgegeben werden müssten und ich nun eine Ein-Weg-Gebühr zahlen müsse, was abstrus war, weil Abgabe ja im Vertrag geregelt war…
Trotz Eskalation von mir, inkl. Polizei, wurde einfach meine Kreditkarte mit CHF 450.- extra belastet.
Dieses bekam ich zwar von meiner Rechtsschutz zurück, aber… 🤬
Und ja, Herr Venturini, hier liegt Enterprise an der Spitze. Jedes noch so kleine Strichcgen auf Reifen oder irgendwo zieht grad den vollen Selbstbehalt nach sich. Das scheint hier wirklich Strategie.