El Niño ist eigentlich ein Klimaphänomen – das aber starke Auswirkungen auf das lokale Wettergeschehen haben kann. Lange Zeit galt El Niño als rätselhaft, auch heute sind seine Ursachen nicht restlos geklärt.
Normalerweise winden die sogenannten Passatwinde (starke, stetige Winde in grosser Höhe) von der Küste Südamerikas in Richtung Australien. Der Grund: Über dem westlichen Pazifik im Bereich Südostasiens liegt ein stabiles Tiefdruckgebiet, über dem zentralen Pazifik Richtung Südamerika ein Hochdruckgebiet. Da die Luftmassen vom Hoch- ins Tiefdruckgebiet fliessen, entstehen dadurch starke Winde. Das führt tendenziell zu Trockenheit an der Westküste Südamerikas und zu Regen um Indonesien. Vereinfacht gesagt bringen die Winde die Feuchtigkeit nach Asien.
Tritt nun das Phänomen El Niño auf, dann kommt es zunächst zu einer ungewöhnlichen Erwärmung des Wassers im östlichen Pazifik. Weil sich die Luft darüber so stärker erwärmen kann, erhöht sich dort der Luftdruck, das Hoch besteht nun im Gebiet Süd-Ost-Asiens. Währenddessen bildet sich über dem zentralen Pazifik ein Tiefdruckgebiet. Also genau das Gegenteil von der «normalen» Situation.
Dies führt dazu, dass die erwähnten Passatwinde gar ihre Richtung ändern: Nun fliessen die mit Feuchtigkeit geladenen Luftmassen von Südostasien an die Küste Südamerikas. Die Folgen: ungewöhnliche Trockenheit in Südostasien und starke Regenfälle in Westen Südamerikas, aber auch an der US-Westküste.
Diese Winde wiederum haben auch einen Einfluss auf die Wassermassen. Das warme Wasser wird nun an die Küste Südamerikas zurückgedrängt. Normalerweise kommt dort aber stetig kaltes und mit Nährstoffen beladenes Wasser an die Oberfläche – weil die oberen, warmen Wassermassen gegen Asien transportiert werden. Während El Niño bleibt dieser Effekt aber aus. Als Folge kommt es zum Absterben des Planktons vor der südamerikanischen Küste. Das wiederum kann zum Sterben von vielen anderen Tieren und Pflanzen führen, die davon abhängig sind.
Das Klimaphänomen El Niño tritt mit unregelmässigen Abständen, im Durchschnitt aber etwa alle vier Jahre auf. Allerdings: Die normale Wetterlage (erstes Bild oben) verstärkt sich in bestimmten Jahren manchmal. Es ist dann in Südamerika ungewöhnlich trocken und in Süd-Ost-Asien ungewöhnlich nass. Diese Situation entsteht aufgrund einer Meeresströmung im äquatorialen Pazifik, die noch kälter ist als üblicherweise. Das Phänomen nennt sich La Niña – es ist in seiner extremen Form also quasi das Gegenstück zu El Niño.
Übrigens: Wieso heisst das Phänomen eigentlich El Niño? El Niño bedeutet «kleiner Junge» oder auch «Christkind» auf Spanisch. Südamerikanische Fischer bemerkten erstmals in den 1600er Jahren Perioden mit ungewöhnlich warmem Wasser im Pazifischen Ozean. Der vollständige Name, den sie verwendeten, war El Niño de Navidad (Weihnachten), da El Niño seinen Höhepunkt normalerweise im Dezember um Weihnachten herum erreicht.
(lak)