Schnee im Mai ist im Flachland der Deutschschweiz aussergewöhnlich. In Basel gab es dies seit Aufzeichnungsbeginn 1931 noch nie (Rekord am 27. April 1985). In Bern gab es vor heute nur 1945 im Mai (1. Mai) Schneefall von mehr als einem Zentimeter, der es in die Statistik schaffte. In Luzern kam Mai-Schnee bisher dreimal vor (Rekord: 6. Mai 1892), in Zürich schneite es bisher 5-mal im Mai (Rekord 28. Mai 1961). St.Gallen registrierte heute zum 13. Mal Schnee im Mai. Der Rekord für den letzten Schnee des Jahres liegt allerdings am 1. Juni (1962).
Klicke auf die Pfeile, um den Standort zu wechseln (Basel, Zürich, Bern, Luzern, St.Gallen, Altdorf, Engelberg, Arosa):
Der späteste jemals gemessene Neuschnee an den 20 Stationen (Grafik unten) lag am 28. Juli 1926 in Arosa. Im Durchschnitt fällt der letzte Neuschnee im Bündner Wintersportort am 13. Juni – das ist das späteste Datum aller Stationen. Den Rekord für den frühesten letzten Schnee hält Basel: Im Winter 2013/2014 schneite es letztmals am 21. November 2013. In der Stadt am Rhein hört es durchschnittlich am 7. März auf zu schneien. In Bern schneite es seit Messbeginn 1931 noch nie so spät im Jahr. Der bisherige Rekord stammt vom 1. Mai 1945. In Zürich kommt der letzte Schnee seit Aufzeichnungsbeginn im Schnitt am 4. April.
Wie es an den anderen Stationen aussieht, siehst du beim Klick auf die Schneeflocken:
Daten: Meteo Schweiz, Grafik: Mark Walther
Frühlingsschnee ist weiterhin möglich, weil er von einer Zufalls-Wetterlage abhängt (siehe 4.), die weiterhin auftreten wird. Allerdings dürfte der Schneefall ab dem Spätwinter generell rarer werden.
Die Wetterdienste aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erwarten wegen des Klimawandels bis ins Jahr 2100 in den Alpen einen Temperaturanstieg um mindestens zwei Grad Celsius im Jahresdurchschnitt. Sie gehen in einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier davon aus, dass sich die Dauer der Schneebedeckung im Spätwinter um mehrere Wochen reduzieren wird.
An wenigen Stationen ist die Tendenz zu früher auftretendem letzten Schneefall bereits heute sichtbar, etwa in Altdorf und Engelberg (Grafik-Strecke bei Punkt 1). In Basel fiel der letzte Schnee seit Messbeginn 1931 fünf Mal vor der Jahreswende. All diese Ereignisse finden sich in der neueren Hälfte der Messreihe. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Luzern: Neun Mal fiel der letzte Schnee vor Februar. Auch hier fallen alle Ereignisse in die zweite Hälfte der Messreihe.
Gerade in höheren Lagen ist dieser Trend aber nicht zu beobachten, wie die Beispiele von St.Gallen oder Arosa zeigen. Meteo Schweiz hat die Datenreihen des letzten Schnees bisher nicht auf langfristige Trends untersucht. Es bleibt also offen, wie aussagekräftig die an einigen Orten sichtbaren Veränderungen sind. Etwas lässt sich aber sagen: «Schnee im April ist auch im Flachland nicht aussergewöhnlich, im Mai allerdings schon», erklärt Sabrina Lang, Meteorologin bei Meteo Schweiz.
Eine zufällig auftretende Wetterlage ist für späten Schneefall verantwortlich. Ausschlaggebend ist der Jetstream. Wenn er sich kurvenreich bewegt, kann Höhenkaltluft aus den arktischen Gebieten zu uns vorstossen. Auf der Rückseite eines Kaltluftvorstosses kann es mit Nordwestwind auch im Mai noch Schnee bis in tiefere Lagen geben. «Die aktuelle Kaltfront ist arktische Luft direkt von der Barentssee nördlich von Skandinavien», wie Lang erklärt.
#Höhenkaltluft ist da. #Regen-, #Schnee- und #Graupelschauer begleiten uns durch den Nachmittag. Viel Bewegung am #Wolkenhimmel. Danke #SRFAugenzeuge W. Krebs für das Video. ^PP pic.twitter.com/Et4Bd5VRFm
— SRF Meteo (@srfmeteo) 13. März 2019
Ob es zuvor warm war, spielt keine Rolle. Eindrücklich zeigte sich das am Pfingstmontag 2007: Am 28. Mai schneite es bis auf 600 Meter hinunter. Blumer erinnert sich: «Grindelwald war von der Aussenwelt abgeschnitten, weil zahlreiche Bäume unter der Schneelast zusammenbrachen. Noch zwei Tage zuvor wurden in der Schweiz stellenweise mehr als 25 Grad gemessen.»
Nein. Der letzte Schnee kann in einem schneereichen Winter früher fallen als in einem schneearmen Winter. Entscheidend sind alleine Kaltluftausbrüche aus Norden oder Nordwesten (siehe 4.) im Frühling.
Nicht zwingend. Schnee kann Pflanzen sogar vor Frost schützen. Er isoliert den Boden und hält die Kälte fern. Schnee ist ein Problem, wenn Äste unter grosser Schneelast abbrechen.
Frost ist hingegen das Todesurteil für viele Pflanzen. Das erlebte die Schweiz zuletzt 2017. In Buchs bei Aarau wurden am 21. April 2017 in der Früh -2.9 Grad gemessen. Die Bodentemperatur betrug nur noch -7.3 Grad. Am 30. April kam der Frost noch einmal zurück. Mit fatalen Folgen: Viele Bauern verloren ihre ganze Ernte oder einen grossen Teil davon. Die Branche büsste laut Obstverband 300 Millionen Franken Umsatz ein. Der Aargauer Landwirtschaftsdirektor Markus Dieth sprach von einem «Jahrhundert-Frost».
Für die Landwirtschaft ist der Schnee weniger das Problem, ausser es liegt so viel auf Abdeckungen, dass die Pflanzen drunter erdrückt werden.
Auch für Hobbygärtner ist Schnee weniger das Problem als Frost – und «dieser kommt in der Nacht auf Montag und dann vor allem in der Nacht auf Dienstag mit Minus 4 bis Minus 6 Grad in weiten Teilen des Landes», wie Lang vorausschaut.
Sie empfiehlt drum: «Wer Erdbeeren, Gurken, Tomaten und Co. schon im Garten hat, soll die unbedingt abdecken. Noch besser wäre es natürlich, die Pflanzen über Nacht rein zu nehmen. Auf Balkonen ist Bodenfrost nicht das Problem, für Luftfrost ist es wohl meist zu wenig kalt. Aber auch hier gilt über Nacht lieber vorsichtig sein: Ins Haus nehmen, abdecken, an die Hauswand und/oder in die Höhe stellen.»
Wie oben erwähnt, bleibt die kalte Luft in der Schweiz. In der Nacht auf Montag dürfte es vor allem im Berner Seeland und am Jura-Südfuss zu Bodenfrost kommen, in der Ostschweiz aufgrund der Bewölkungslage noch etwas weniger. In der Nacht auf Dienstag erwartet Meteo Schweiz aber auch dort Bodenfrost bei Minus 4 bis Minus 6 Grad.
Ein einzelner später Schneefall ist kein Hinweis darauf, wie das Wetter im Sommer wird. Allerdings steigen die Chancen auf einen heissen Sommer, wenn der Frühling in Mitteleuropa nass und kalt ist, wie Blumer schreibt.
Der Grund: Wenn der Atlantik anfangs Sommer deutlich wärmer ist als das europäische Festland, ist die Chance gross, dass sich über Mitteleuropa ein Hoch bilden kann, das sich festsetzt. Das Phänomen war in den Hitzesommern 2003 und 2018 zu beobachten. 2018 habe sich die Wetterlage anfangs April umgestellt, als auf einen kalten und nassen Februar und März ein «ewiger Sommer» folgte, so Blumer. Noch extremer war es 2003, als sich die Wetterlage schon im März änderte.
Dieser Artikel wurde in ähnlicher Form schon am 4. April nach dem ersten Wintercomeback veröffentlicht.
(aargauerzeitung.ch)