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Seco prüft Preisanschriften bei Interdiscount

Aus einem Rabatt von 20 Franken wird plötzlich einer von fast 60 Franken. Was ist hier nun der Normalpreis?
Aus einem Rabatt von 20 Franken wird plötzlich einer von fast 60 Franken. Was ist hier nun der Normalpreis?
Bild: zvg

Preisschild-Roulette bei Interdiscount: Jetzt schalten sich Experten des Bundes ein

Nachdem watson am Montag fragwürdige Preis-Aktionen bei Interdiscount publik gemacht hat, beschäftigt sich jetzt das Staatssekretariat für Wirtschaft mit dem Fall. 
22.09.2015, 09:5622.09.2015, 11:44
Rafaela Roth
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Roger Studer (Name von der Redaktion geändert) hatte genug von den fragwürdigen Preisaktionen bei seiner Arbeitgeberin Interdiscount: Eine Küchenmaschine, die 69.90 statt 89.90 und dann plötzlich 69.90 statt 129 Franken kostet oder iPhone-Hüllen, die mal 29.95 und dann 29.95 statt 69.90 kosten. Er meldete sich bei watson und begann, Fotos von den vermeintlichen Schnäppchen zu schiessen. 

Jetzt beschäftigt sich das Seco mit dem Fall

Nebst den fragwürdigen Preisaktionen sind die Preise in den Interdiscount-Filialen schlecht angeschrieben. Gemäss der Schweizerischen Preisbekanntgabeverordnung muss bei Vergleichspreisen für den Kunden klar ersichtlich sein, was verglichen wird. Handelt es sich um einen Selbstvergleich, muss beispielsweise stehen «statt bisher ...– jetzt nur noch ...», bei Konkurrenzvergleichen etwa «Preis der Konkurrenz ...– bei uns nur ...» und bei Einführungspreisen «Einführungspreis jetzt nur ... – statt ...».

Bei Interdiscount erhält der Kunde nur wenig Orientierung: 

Für den Kunden kaum ersichtlich: Handelt es sich hier um einen Selbst- oder Konkurrenzvergleich? 
Für den Kunden kaum ersichtlich: Handelt es sich hier um einen Selbst- oder Konkurrenzvergleich? 
Bild: zvg

Für die Durchsetzung der Preisbekanntgabeverordnung verantwortlich sind die Kantone, die Oberaufsicht hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Hier ist man nach den watson-Recherchen alarmiert: «Die Kantonspolizei Zürich hat das Dossier ans Seco übergeben», sagt Stefan Oberlin von der Kantonspolizei Zürich. «Dieses wird den Sachverhalt beurteilen und Interdiscount gegebenenfalls auf die geltende Rechtslage aufmerksam machen.»

Das Seco bestätigt den Fall ebenfalls. «Da die Abklärungen noch laufen, können wir aber erst im Verlauf der Woche Auskunft dazu geben», sagt Seco-Mediensprecherin Isabel Herkommer. 

Vertraust du den Preisen von Discountern noch?

Interdiscount spricht in allen vier dokumentierten Fällen von «bedauerlichen Einzelfällen», die kurz nach dem Entdecken – nach teilweise bis zu fünf Tagen – korrigiert wurden. Dazwischen waren die falschen Aktionen jedoch in über 200 Filialen der ganzen Schweiz ausgeschildert. Die Preise werden bei Interdiscount in der Zentralstelle gemacht.

«Fehler sind menschlich.»
Interdiscount-Mediensprecherin Andrea Bergmann

«Fehler sind menschlich», sagt Mediensprecherin Andrea Bergmann. Bisher habe sich das Seco noch nicht bei Interdiscount gemeldet. Man werde dieses abwarten und entsprechend reagieren. «Wir kennen die Preisbekanntgabeverordnung und halten uns daran», sagt Bergmann. 

Kontrollstellen mit zu wenig Ressourcen 

Die Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz kritisiert seit Jahren, dass die Durchsetzung der Preisbekanntgabeverordnung schlecht kontrolliert werde. Dazu würden in den Kantonen meist personell unterbesetzte Stellen bereit stehen, die unmöglich die Preisanschriften im ganzen Kanton kontrollieren könnten.

«Der Bund muss koordinieren, die Kantone mehr Ressourcen sprechen.»
Konsumentenschützerin Sara Stalder

«Wir fordern seit Jahren, dass die Ressourcen für diese Kontrollen verstärkt und koordiniert werden müssen», sagt Konsumentenschützerin Sara Stalder gegenüber watson. «Der Bund muss koordinieren, die Kantone mehr Ressourcen sprechen.»

So lange dies nicht geschieht, wird der Kunde im Preisdschungel so orientierungslos wie heute bleiben. 

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3 Kommentare
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Grossbasler
22.09.2015 11:40registriert Juli 2015
Falschdeklarationen haben System, nicht nur bei Interdiscount: Beispiel: Im Coop Supermarkt werden (billige) französische Aprikosen als teure Walliser Aprikosen verkauft. Als ich den Fall dokumentiere antwortet Coop, es sei ein bedauerlicher Einzelfall und Fehler eines Mitarbeiters. Man werde in Zukunft sich bemühen, dass das nicht mehr vorkomme. Zufall oder nicht: Beide Detailhändler gehören zur gleichen Gruppe (Coop).
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