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Bundesrat gegen Frontex-Referendum: Es geht um die Sicherheit

Bundesrat gegen Frontex-Referendum: Es geht um die Sicherheit

02.03.2022, 15:0730.03.2022, 12:41
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Bild: keystone

Die Stärkung von Frontex garantiert Sicherheit und Freiheit der Schweiz. Wer sie ablehnt, läuft Gefahr, aus dem Schengen-Dublin-System zu fallen. Mit diesem Argument zogen Justizministerin Karin Keller-Sutter und Finanzminister Ueli Maurer am Mittwoch gegen das Referendum ins Feld, über welches das Volk am 15. Mai entscheidet.

Maurer warnte vor den Bundeshausmedien, bei einem Nein zu der Vorlage würde die Schweiz aus dem Schengenraum fliegen. Das hätte gravierende Konsequenzen für die Kriminalitätsverhinderung und das Asylwesen.

Der Kern der Vorlage sei der Ausbau einer Reserve von 10'000 Einsatzkräften für flexible Einsätze der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) an den Aussengrenzen der 23 Schengenstaaten. Die Schweiz werde 40 speziell ausgebildete Grenzbeamte beisteuern.

Zum zweiten gehe es um Rückschaffungen. Mit der Weiterentwicklung würde erreicht, dass Ausreisepflichtige nicht einfach im Schengenraum untertauchen. Und drittens verbessere sich der Schutz der Grundrechte, unter anderem durch das Verhindern von illegalen Abweisungen von Asylsuchenden. Das korrekte Verhalten der Frontex-Beamten werde künftig von 40 Beobachtern kontrolliert.

Maurer räumte Skandale und Fehler bei der Frontex ein. Dank eines Jas zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands könne die Schweiz aber mitbestimmen und sich für ihre Werte einsetzen. Zudem hob Maurer die Relevanz des Schengensystems für den Tourismus hervor. Durch die Teilnahme am Schengenraum brauche es nur noch ein Schengen-Visum.

Zur Übernahme verpflichtet

Justizministerin Karin Keller-Sutter zeigte die Konsequenzen eines Neins auf: Die Kriminalitätsbekämpfung und das Management des Asylwesens würden schwer beeinträchtigt. Die Schweiz müsse das EU-Recht im Schengenraum dynamisch übernehmen, sonst könne sie nicht mehr an dem Schengen- und Dublinsystem teilnehmen.

Die Schweiz stelle täglich 300'000 Anfragen an das Schengen Informationssystem. Dieses System habe die Polizeiarbeit revolutioniert. Die Reisefreiheit im Schengenraum sei nicht mehr wegzudenken, unter 30-Jährige könnten sich kaum mehr an Grenzkontrollen erinnern.

Keller-Sutter sagte weiter, Frontex helfe bei der Ausschaffung von abgewiesenen Asylsuchenden. Die Schweiz beteilige sich an Sammelflügen dieser Behörde. Dass Frontex die Festung Europa schützt, liess die Bundesrätin nicht gelten. Gerade im Ukraine-Krieg zeige sich, dass die europäischen Länder bereit seien, in Notlagen Flüchtlinge aufzunehmen.

Situationen wie 2015 mit der unkontrollierten Einreise Hunderttausender wolle aber niemand mehr. Damals seien nicht nur Flüchtlinge, sondern auch jene Islamisten nach Europa gekommen, welche dann die Anschläge in Paris und Brüssel verübten.

Letztlich wäre ein Nein zu der Vorlage auch der Abschied aus dem Dublin-Abkommen, welches verhindert, dass Asylsuchende in verschiedenen Teilnehmerstaaten Gesuche stellen.

Höherer Schweizer Beitrag

Das Parlament hatte dem Nachvollzug der Änderung des Gesetzes für Frontex im Herbst gutgeheissen und den jährlichen Beitrag von aktuell 24 Millionen Franken bis 2017 auf 61 Millionen aufgestockt. Nach der Verabschiedung durch das Parlament ebbte der Widerstand gegen die Vorlage nicht ab. Mitte Januar wurden über 62'000 Unterschriften für ein Referendum eingereicht. Deshalb hat das Volk das letzte Wort.

Die Gegner der Vorlage befürchten, dass mit dem zusätzlichen Geld die europäischen Aussengrenzen noch mehr abgeschottet und europaweit Sonderflüge für Zwangsausschaffungen beschleunigt würden. Frontex spiele eine zentrale Rolle bei der «Entwürdigung von Flüchtlingen durch Abschiebungen».

Die Bundeskanzlei hat das Zustandekommen des Referendums noch nicht bestätigt. Nach Angaben an der Medienkonferenz soll das bis Mitte März geschehen. (aeg/sda)

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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SadSon
03.03.2022 09:41registriert Juni 2020
Sie haben zwar kein Problem das Rahmenabkommen an die Wand zu fahren, aber schalten in den Panikmodus falls ein Ausschluss aus Schengen drohen würde.
Vielleicht sollten sie wie praktisch vor jeder Abstimmung mit dieser Angstmacherei aufhören und versuchen mündige Wähler zu beeinflussen.
Fünf von diesem Verein wären vielleicht besser in einer Werbeagentur aufgehoben statt immer wieder die Bürger zu bevormunden.
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