Die SNB hat am Donnerstagmorgen verkündet, dass sie den Leitzins, an dem sich praktisch alle anderen Zinssätze orientieren, um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent senkt. Die Zinsänderung gilt ab morgen, 21. Juni 2024.
Schon im März hatte die SNB als eine der ersten grossen Notenbanken weltweit den Leitzins gesenkt und damit überrascht. Und schon im März beschäftigte die Menschen hierzulande vor allem die Frage: Was bedeutet dieser Entscheid für meine Miete? Wir beantworten die Frage nun, nach der zweiten Zinssenkung, erneut.
Die Mietzinsen orientieren sich in der Schweiz am sogenannten Referenzzinssatz. Dieser ist ein Durchschnitt aller Zinsen, die auf Hypotheken in der Schweiz gezahlt werden. Diese wiederum orientieren sich am Leitzins der SNB.
Eine Veränderung bei den Mietzinsen nach einer Zinssenkung oder -erhöhung geschieht allerdings nicht sofort. Der Grund: Da auch langjährige Festhypotheken in die Rechnung fallen, verhält sich der Referenzzinssatz träge und es braucht Zeit, bis er steigt oder sinkt.
Die gute Nachricht bei einer Leitzinssenkung ist, dass der Referenzzinssatz trotz aller Trägheit schneller reagieren könnte, als dies bei einer Erhöhung der Fall wäre.
Der Grund ist folgender: Bei einer Zinswende nach oben weichen viele Bankkunden auf die sogenannten Saron-Hypotheken aus, die sich laufend dem Saron-Zins anpassen. Die Saron-Hypothek ist eine Hypothek mit unbefristeter Laufzeit und – im Gegensatz zu einer Festhypothek – einem variablen Zinssatz, der sich laufend anpasst. Das bedeutet, dass eine Veränderung zurück auf tiefere Hypo-Zinsen schneller möglich ist als bei langjährigen Festhypotheken.
Bereits vor der heutigen Senkung war klar: Die Nationalbank hat mit der ersten Leitzinssenkung schon im März dafür gesorgt, dass es zumindest zu keiner weiteren Referenzzinssatzerhöhung kommen wird. Aktuell liegt dieser bei 1,75 Prozent.
Michael Töngi, Vizepräsident des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands, erklärt: «Der Durchschnitt aller Hypotheken lag bei der letzten Veröffentlichung Anfang Juni auf dem genau gleichen Stand wie im März, nämlich bei 1,72 Prozent.» Der aktuelle Referenzzinssatz wird jeweils viermal im Jahr veröffentlicht. Nach einem schnellen Anstieg im letzten Jahr ist er also bereits nicht mehr weiter angestiegen.
Allerdings: «Damit der Referenzzinssatz sinken würde, müsste der Durchschnitt auf 1,675 sinken, also doch um weitere 0,05 Prozent.» Töngi geht nicht davon aus, dass dies schon auf das nächste Datum im September geschieht, sagt aber: «Eine Senkung rückt wieder näher.»
Auch der Chef-Ökonom bei Raiffeisen glaubt, dass es mit der erneuten Senkung wahrscheinlich wird, dass der Referenzzinssatz eine Anpassung nach unten erfährt. Er meint sogar: «Dieser Rückgang des Referenzzinssatzes auf 1,50 Prozent könnte sich noch in diesem Jahr abspielen», sagt Fredy Hasenmaile gegenüber watson.
«Für die Mieter eröffnet sich mit der erwarteten Referenzzinssatzsenkung, die sich noch in diesem Dezember ereignen könnte, schon bald eine Gelegenheit, Mietzinssenkungen einzufordern», erklärt Hasenmaile, «sofern der Vermieter die bisherigen Erhöhungen allesamt überwälzt hat.» Der Raiffeisen-Chef-Ökonom glaubt: «Unter dem Strich dürfte dies das Wachstum der Bestandsmieten etwas bremsen.»
Nicht zu vergessen ist, dass der Referenzzinssatz zwar indirekt vom Leitzins abhängt, dass er aber ein Durchschnitt aller Zinsen auf Hypothekarforderungen in der Schweiz darstellt – das heisst, sowohl von kurzfristigen als auch von langfristigen Festhypotheken mit einer Laufzeit von bis zu 10 oder gar 15 Jahren. Und ebendiese langfristigen Festhypotheken steigen in letzter Zeit tendenziell.
Mit dieser zweiten Senkung gebe es zwar ein Signal für eine stärkere Senkung der Hypothekarzinsen, meint Michael Töngi. Er schiebt allerdings nach:
Hasenmaile erklärt, dass eine mögliche kommende Referenzzinssenkung vor allem aufgrund der gesunkenen variablen Saron-Hypotheken stattfinden würde. Er sagt deshalb: «Diese Senkung, ausgelöst durch die günstigeren Saron-Hypotheken, wäre nicht nachhaltig.» Denn der Durchschnittszinssatz aller ausstehenden Festhypotheken unterliege derzeit einer «inhärenten Auftriebstendenz», da bei den Festhypotheken tendenziell die Neuabschlüsse zu höheren Zinsen abgeschlossen werden als in der Vergangenheit.
Die Prognose des Raiffeisen-Chef-Ökonomen: «Es ist deshalb zu erwarten, dass der Referenzzinssatz im Verlauf des Jahres 2026 wieder zurück auf das Niveau von 1,75 Prozent ansteigen dürfte.»
Sowohl Töngi als auch Raiffeisen-Chef-Ökonom Hasenmaile rufen zudem in Erinnerung, dass mittel- und langfristig nicht der Referenzzinssatz für das Wachstum der Mieten massgeblich ist, «sondern die Situation auf dem Mietwohnungsmarkt, wo die sich verschärfende Wohnungsknappheit Aufwärtsdruck auf die Neumieten ausübt», so Fredy Hasenmaile.
Und Michael Töngi sagt es so: «Eigentliche Good-News für Mietenden gäbe es, wenn die überhöhten Renditen besser kontrolliert würden, denn viele Mieterinnen und Mieter bezahlen viel zu hohe Mieten, egal ob der Referenzzinssatz sinkt oder steigt.»
Ich lese da Worte wie "könnte", "vermutlich", "eigentlich", "wahrscheinlich" und "wird erwartet"
Es wird also genau gar nichts passieren.
Gruss
Chorche, Mietsklave
Ich denke, das weniger als 50% der Mieter jeweils ein Gesuch stellen.. und die Berechnung für eine Mieterhöhung basiert dann immer auf dem aktuellen (falschen) Mietzins.
Könnte man mit Gesetz ändern, wenn unsere Politiker nicht gleichzeitig Lobbyisten wären…