Beim Tanken, im Supermarkt, beim Reisen: Die Inflation ist deutlich spürbar. Alles kostet mehr – und vom Gefühl her vielleicht auch etwas mehr als die offiziellen Teuerungszahlen zu glauben machen wollen, welche das Bundesamt für Statistik monatlich mit dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) vorlegt.
Deshalb hat nun der Vergleichsdienst Comparis in Zusammenarbeit mit der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich einen neuen Preisindex entwickelt, mit dem die «gefühlte Inflation» berechnet wird und der ebenfalls monatlich erscheinen soll.
Und in der Tat: Gemäss diesem neuen Index betrug der Teuerungsschub im Juni im Vergleich zum Mai ganze 1.4 Prozent – und nicht «nur» 0.5 Prozent, wie im Landesindex der Konsumentenpreise ausgewiesen. Im Vergleich zum Juni 2021 stiegen die Preise gemäss Comparis-Index nicht um 3,4, sondern gar um ganze 5.6 Prozent.
Der grosse Unterschied zwischen den beiden Indizes ist, dass beim Comparis-Teil «inflationsdämpfende Faktoren» herausgerechnet wurden. Das sind die Mieten und «dauerhafte Güter», also Anschaffungen, die nur sporadisch getätigt werden, wie etwa Autos, Möbel, Waschmaschinen oder auch Uhren.
Die «gefühlte Inflation» ist also etwas höher als die reguläre Teuerung. Kleinere, zahlenmässig Unterschiede zwischen den beiden Berechnungsmethoden gibt es auch bei den einzelnen Ausgabenposten.
Doch im Grundsatz kommen die beiden Berechnungsmethoden zum selben Schluss: Den grössten Teuerungsschub gab es im Juni bei den Mietautos. «Hier sind die Preise regelrecht explodiert – vor allem wegen der hohen Nachfrage und des viel zu kleinen Fahrzeugbestands», sagt Comparis-Experte Michael Kuhn. Auf Platz 2 und 3 folgen bei beiden Indizes die Treibstoffpreise und die Pauschalreisen.
Nicht alle Haushalte spüren die Teuerung gleich stark. Und für einmal trifft es nicht die Familien oder die Pensionierten. Im Gegenteil: Am stärksten betroffen sind gemäss Comparis die finanziell oft privilegierte Kategorie der Paare im erwerbstätigen Alter ohne Kinder.
Ihre gefühlte Inflation lag im Juni im Vergleich zum Vorjahr gar bei 6.3 Prozent. Die höhere Betroffenheit liegt letztlich am Lebensstil dieser Doppelverdienerpaare ohne Kinder, wie Kuhn erklärt. «Sie haben häufig höhere Auslagen für Autos oder Motorräder und sie reisen mehr: Die gestiegenen Mobilitätskosten schlagen bei ihnen folglich stärker durch.»
Den kleinsten Inflationsdruck mit einem Plus von vergleichsweise bescheidenen 4.6 Prozent fühlen Einpersonenhaushalte ab 65. Auch das dürfte eine Folge des – hier geringeren – Mobilitätsverhaltens sein, ergänzt Kuhn.
Bei der gefühlten Inflation zeigen sich auch geografische Differenzen. Am härtesten trifft der Preisschock mit einem Plus von 6.4 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode die italienische Schweiz. Das ist deutlich mehr als in der Deutschschweiz oder in der Romandie, wo die entsprechenden Werte bei 5.4 respektive 5.9 Prozent liegen.
Und auch hier liegt des Rätsels Lösung vor allem bei der Mobilität: «Das Tessin hat eine der höchsten Autodichten der Schweiz», sagt Kuhn. Folglich seien die Mobilitätskosten im Südkanton deutlicher spürbar. «Zudem gibt es im Tessin auch überdurchschnittlich viele Single- und Zweipersonenhaushalte, die wiederum stärker von der gefühlten Inflation betroffen sind.» (bzbasel.ch)
Die Auswirkungen dieses "Preisschocks" scheinen mir vor allem in der Lautstärke des Gejammers darüber zu finden zu sein. Praktische Auswirkungen sind keine zu erkennen.
Leute mit tiefen Einkommen spüren es sicher stärker als die erwähnten kinderlosen Paare.
Ich bin aufs Auto angewiesen, für den Arbeitsweg, es war meine Entscheidung so zu wohen. Klar merkt ich das am Ende des Monats.
Die Krankenkassenprämien machen mir viel mehr sorgen.