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Heizen, Tanken, Reisen: So schlimm sind Preisschock und Inflation

Heizen, Tanken, Reisen: So schlimm ist der Preisschock – wen er am härtesten trifft

Der Vergleichsdienst Comparis hat zusammen mit der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich einen neuen Konsumentenpreisindex entwickelt. Vor allem eine Schweizer Region muss tiefer ins Portemonnaie greifen.
28.07.2022, 21:49
Florence Vuichard / ch media
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Beim Tanken, im Supermarkt, beim Reisen: Die Inflation ist deutlich spürbar. Alles kostet mehr – und vom Gefühl her vielleicht auch etwas mehr als die offiziellen Teuerungszahlen zu glauben machen wollen, welche das Bundesamt für Statistik monatlich mit dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) vorlegt.

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Ferien sind teurer geworden – das merken insbesondere Paare ohne Kinder.Bild: shutterstock

Deshalb hat nun der Vergleichsdienst Comparis in Zusammenarbeit mit der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich einen neuen Preisindex entwickelt, mit dem die «gefühlte Inflation» berechnet wird und der ebenfalls monatlich erscheinen soll.

Und in der Tat: Gemäss diesem neuen Index betrug der Teuerungsschub im Juni im Vergleich zum Mai ganze 1.4 Prozent – und nicht «nur» 0.5 Prozent, wie im Landesindex der Konsumentenpreise ausgewiesen. Im Vergleich zum Juni 2021 stiegen die Preise gemäss Comparis-Index nicht um 3,4, sondern gar um ganze 5.6 Prozent.

So fühlt sich Teuerung an:

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«Hier sind die Preise regelrecht explodiert»

Der grosse Unterschied zwischen den beiden Indizes ist, dass beim Comparis-Teil «inflationsdämpfende Faktoren» herausgerechnet wurden. Das sind die Mieten und «dauerhafte Güter», also Anschaffungen, die nur sporadisch getätigt werden, wie etwa Autos, Möbel, Waschmaschinen oder auch Uhren.

Die «gefühlte Inflation» ist also etwas höher als die reguläre Teuerung. Kleinere, zahlenmässig Unterschiede zwischen den beiden Berechnungsmethoden gibt es auch bei den einzelnen Ausgabenposten.

Doch im Grundsatz kommen die beiden Berechnungsmethoden zum selben Schluss: Den grössten Teuerungsschub gab es im Juni bei den Mietautos. «Hier sind die Preise regelrecht explodiert – vor allem wegen der hohen Nachfrage und des viel zu kleinen Fahrzeugbestands», sagt Comparis-Experte Michael Kuhn. Auf Platz 2 und 3 folgen bei beiden Indizes die Treibstoffpreise und die Pauschalreisen.

Doppelverdiener ohne Kinder trifft es härter

Nicht alle Haushalte spüren die Teuerung gleich stark. Und für einmal trifft es nicht die Familien oder die Pensionierten. Im Gegenteil: Am stärksten betroffen sind gemäss Comparis die finanziell oft privilegierte Kategorie der Paare im erwerbstätigen Alter ohne Kinder.

Wie sich die Teuerung für verschiedene Haushalte anfühlt:

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Ihre gefühlte Inflation lag im Juni im Vergleich zum Vorjahr gar bei 6.3 Prozent. Die höhere Betroffenheit liegt letztlich am Lebensstil dieser Doppelverdienerpaare ohne Kinder, wie Kuhn erklärt. «Sie haben häufig höhere Auslagen für Autos oder Motorräder und sie reisen mehr: Die gestiegenen Mobilitätskosten schlagen bei ihnen folglich stärker durch.»

14.06.2022, Hamburg: Ein Mann betankt an einer Tankstelle sein Auto. Foto: Daniel Reinhardt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Der Zapfsäulen-Besuch ist deutlich teurer gewordenBild: keystone

Den kleinsten Inflationsdruck mit einem Plus von vergleichsweise bescheidenen 4.6 Prozent fühlen Einpersonenhaushalte ab 65. Auch das dürfte eine Folge des – hier geringeren – Mobilitätsverhaltens sein, ergänzt Kuhn.

Autoreiches Tessin – und die Folgen

Bei der gefühlten Inflation zeigen sich auch geografische Differenzen. Am härtesten trifft der Preisschock mit einem Plus von 6.4 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode die italienische Schweiz. Das ist deutlich mehr als in der Deutschschweiz oder in der Romandie, wo die entsprechenden Werte bei 5.4 respektive 5.9 Prozent liegen.

Und auch hier liegt des Rätsels Lösung vor allem bei der Mobilität: «Das Tessin hat eine der höchsten Autodichten der Schweiz», sagt Kuhn. Folglich seien die Mobilitätskosten im Südkanton deutlicher spürbar. «Zudem gibt es im Tessin auch überdurchschnittlich viele Single- und Zweipersonenhaushalte, die wiederum stärker von der gefühlten Inflation betroffen sind.» (bzbasel.ch)

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Walter Sahli
28.07.2022 22:51registriert März 2014
Preisschock beim Treibstoff? Fährt denn auch nur ein Auto weniger auf den Strassen rum? Stellt auch nur ein Lieferant mehr den Motor seines Lieferwagens ab, wenn er ausliefert? Und wie sieht's an den Ampeln aus bei Fahrzeugen, die noch keine Ausschaltautomatik haben?
Die Auswirkungen dieses "Preisschocks" scheinen mir vor allem in der Lautstärke des Gejammers darüber zu finden zu sein. Praktische Auswirkungen sind keine zu erkennen.
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SBRUN
29.07.2022 06:16registriert September 2019
Einerseits kann man die Stimmen verstehen, die sagen, dass der Treibstoff für das Autofahren immer noch zu billig ist, da die Leute genau so herumfahren wie immer. Aber ob die Tatsache, dass die Energiekonzerne Shell, Total und Repsol zum zweiten Quartal Rekordergebnisse vorgelegt haben, dies aufgrund des Ukraine-Krieges stark gestiegenen Ölpreises, welcher ihnen Milliarden in die Kassen gespült hat, wirklich Sinn der Sache sein kann, ist auch zu hinterfragen. Staaten schnüren für die unteren Einkommensschichten Hilfspakete und die Ölkonzerne stopfen sich die Taschen voll.
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Chill Dude
29.07.2022 04:25registriert März 2020
Das ist doch quatsch.
Leute mit tiefen Einkommen spüren es sicher stärker als die erwähnten kinderlosen Paare.
Ich bin aufs Auto angewiesen, für den Arbeitsweg, es war meine Entscheidung so zu wohen. Klar merkt ich das am Ende des Monats.
Die Krankenkassenprämien machen mir viel mehr sorgen.
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