Bei Digitec handelt es sich nicht um irgendeinen Onlineshop, sondern um den umsatzstärksten der Schweiz. Das Konzept der günstigen Preise und der schnellen Lieferung sowie die Kombination aus «virtuellen» und «echten» Filialen scheint aufzugehen. Doch es gibt einen Haken – und der ist so gravierend, dass die Kunden deshalb lieber zu anderen Händlern abwandern: die Abwicklung von Garantie-Fällen.
In verschiedenen Internetforen berichten Kunden von den Erfahrungen, die sie gemacht haben, als ein Produkt während der Garantie-Laufzeit kaputtgegangen ist; munter wird sich darüber ausgelassen, dass dies nun sicher der letzte Kauf war, den sie bei Digitec getätigt haben. Und auch auf Facebook geben Kunden schlechte Bewertungen ab und lassen ihrem Frust freien Lauf.
Digitec-CEO Florian Teuteberg überrascht das nicht: «Wir sind uns bewusst, dass wir im Bereich Garantiefälle kritisiert werden. Dies kommt in Relation zu allen Aufträgen nicht in besonders hohem Mass vor. Jedoch sind Kunden, die von Einzelfällen betroffen sind, verständlicherweise besonders enttäuscht.»
Wir kontaktieren drei Personen, die erst jüngst Probleme mit Digitec hatten, und lassen uns ihre Geschichten erzählen. Im ersten Fall ist das geschehen, was bei Digitec in vielen Fällen Usus zu sein scheint: Die Kundin wurde an eine externe Firma weiterverwiesen. Sie erzählt:
«Ich habe ein iPhone bei Digitec gekauft, ich dachte eine Express-Garantie wäre sicherlich nicht schlecht. Als der Bildschirm anfing, sich langsam pink zu verfärben, und der Touchscreen auch noch gesponnen hat, wollte ich das Gerät zurückgeben. Bei der Digitec-Filiale in Zürich sagten sie mir, ich muss mit der Firma Sertronics Kontakt aufnehmen, denn Digitec sei dafür nicht zuständig.»
Die Kundin befolgt den Rat und schickt das Handy ein. Nach ein paar sich widersprechender E-Mails und fünf Tagen Wartezeit sei dann ein Gerät bei ihr eingetroffen. «Ich habe das neue iPhone gleich installiert und stellte dann fest, dass es sich um ein Exemplar mit 8GB Speicher handelte. Ich hatte aber eines mit 32GB eingeschickt.» Als sie den Fehler meldet, wird sie aufgefordert, das Handy wieder zurückzuschicken.
Die Kundin bittet darum, dass man ihr für die Zwischenzeit ein Ersatzgerät zur Verfügung stellt. Die Antwort darauf: Das solle sie direkt mit Digitec klären. «Also bin ich wieder in den Laden gegangen und habe mich nochmals beschwert. Dort habe ich dann endlich mein Geld zurückbekommen – so wie es in der Express-Garantie eigentlich auch versprochen wird», berichtet die genervte Kundin.
CEO Teuteberg nimmt zu dem Fall Stellung: «Das mit der Verwechslung ist natürlich super dumm gelaufen. Aber in solchen Fällen versuchen wir dann auch schnell zu reagieren. Grundsätzlich ist Sertronics ein sehr zuverlässiger Partner.»
Digitec-Pressesprecherin Stefanie Hynek liefert eine zusätzliche Erklärung: «Die Kundin scheint eine Express-Garantie bestellt zu haben. Diese stellt einen schnelleren Service sicher, als mit unseren Prozessen möglich ist. Deshalb arbeiten wir in diesem Fall mit der Sertronics zusammen, die diesen Service bieten kann.» Da das Partnerunternehmen hier scheinbar einen Fehler gemacht habe, habe man in der Digitec-Filiale entsprechend gehandelt, um das Problem möglichst schnell zu lösen.
In einem zweiten Fall berichtet ein Kunde, dass die Kopfhörer seines neu gekauften Handys nach drei Wochen kaputtgegangen seien. Ein direkter Umtausch in der Filiale sei leider nicht möglich, habe man ihm im Laden mitgeteilt. Digitec schickte die Kopfhörer ein und teilte dem Kunden mit, dass er per Mail über das weitere Vorgehen informiert würde.
Als er anschliessend keine Rückmeldung von Digitec erhielt, gab er auf Facebook eine schlechte Bewertung ab – worauf das Unternehmen umgehend reagierte:
Inzwischen ist knapp ein Monat vergangen. Laut dem Kunden hat sich Digitec bis heute nicht gemeldet und noch immer keinen Ersatz geliefert: «Ich war Stammkunde und habe insgesamt schon einige 1000 Franken dort ausgegeben. Eigentlich gab's nie ein Problem – bis man mal einen Garantiefall hat, wie es aussieht.»
Auch für diesen Fall zeigt Teuteberg vollstes Verständnis: «Das ist ein absolutes No-Go. Dem müsste man jetzt ganz genau nachgehen, an welcher Stelle da etwas hängengeblieben ist.» Pro Monat gingen bei Digitec Abertausende von Garantie-Fällen ein. «Wir haben eine hohe Quote in Sachen Direktumtausch. Aber jeder Fall, der schief geht, tut uns weh», so Teuteberg.
Auch der dritte unzufriedene Kunde wartet noch heute auf einen Ersatz für sein kaputtes Gerät. In seinem Fall handelt es sich um Kopfhörer im Wert von circa 100 Franken. Nachdem er diese am 30. März an Digitec zurückgeschickt hatte, teilte man ihm eine Woche später mit, dass er sich bis zu vier Wochen – oder länger – gedulden müsse:
In diesem dritten Fall ist nun «noch» nicht viel passiert, ausser dass sich der Kunde ziemlich lang gedulden muss. Dennoch ist er nicht minder empört darüber:
Digitec-CEO Teuteberg zu diesem Fall: «Das Hauptproblem ist eigentlich, dass die Bedingungen der Hersteller und die Erwartungen der Kunden zum Teil sehr weit auseinander klaffen. Und das kann ich in gewisser Weise auch verstehen.»
Digitec verkaufe über 1000 Marken und arbeite deswegen mit 150 bis 200 unterschiedlichen Servicepartnern zusammen. «Wir haben auf die Garantiebestimmungen nur beschränkten Einfluss, wir spielen eher eine Vermittlerrolle. Das heisst aber nicht, dass wir die Verantwortung abschieben. Im Gegenteil, wir versuchen auch viel zu kompensieren», so Teuteberg.
Dass man für Reparaturen mit anderen Unternehmen zusammenarbeite, sei für die Branche ganz normal. «Der Apple-Store ist wahrscheinlich der einzige Onlinehändler, der selber Reparaturen vornimmt», erklärt Teuteberg. Abschliessend fügt er hinzu: «Es ist uns extrem unangenehm, wenn Kunden unzufrieden sind. Die Ursachen können vielseitig sein und wir investieren eine ganze Menge, um solche Fälle zu vermeiden.»