Der Fall: In der über 100-jährigen Institution herrsche eine «kaputte Kultur», urteilte eine ehemalige Mitarbeiterin in der «Republik». Insgesamt 17 Zeuginnen berichteten aus eigener Erfahrung über Lohndiskriminierung, Mobbing und systematische Geschlechterdiskriminierung. Die Rede war sogar von Verletzungen des Arbeitsrechtes.
Die Reaktion: Nationalbank-Chef Thomas Jordan spricht zunächst von möglichen «Einzelfällen». Drei Monate später, nach der Analyse aller seit 2014 dokumentierten Fälle, stellt die Bankratspräsidentin Barbara Janom Steiner (Foto) fest: Im Umgang mit Mitarbeitenden sei es zu Fehlern gekommen. Es handle sich aber nur um wenige und keine gravierenden Vorkommnisse. Dennoch hat der Bankrat einen Ad-hoc-Ausschuss gebildet, der die internen Prozesse bei Anstellungen, Beförderungen und Lohnfestlegung überprüfen soll. (dz)
Der Fall: Lange wurde Sexismus im Bundeshaus unter den Teppich gewischt- bis zum Fall Buttet: Ende 2017 wurde publik, dass der Walliser CVP-Nationalrat und Parteivizechef Yannick Buttet eine Ex-Geliebte gestalkt haben soll. Der Fall schlug hohe Wellen und trat eine breite Debatte über sexuelle Belästigung in der Politik los - zumal bald weitere Frauen von Ausrutschern Buttets berichteten.
Die Reaktion: Prominente CVP-Exponenten erklärten, dass Buttet nicht mehr tragbar sei. Daraufhin trat er zurück. 2018 wurde er wegen Nötigung verurteilt. 2020 gab es neue Vorwürfe: Buttet soll demnach eine FDP-Lokalpolitikerin verbal und körperlich belästigt haben. Sie erstattete im vergangenen Herbst Strafanzeige gegen ihn - und verpasste danach prompt ihre Wiederwahl. Auch in der Walliser Politik entfachte nun eine Debatte darüber, warum Frauen von der Rolle des Opfers in die der Täterin gedrängt werden. (sva)
Der Fall: Einen «klassischen Fall sexueller Belästigung» enthüllte der «Tages-Anzeiger» im Dezember 2018. Beim Schweizer Ableger des Wirtschaftsprüfers EY soll ein hochrangiger Mitarbeiter einer Mitarbeiterin unbotmässige Avancen gemacht haben. Als sie sich diesen widersetzte, habe der Mann ihr gedroht, dass sie ihren Job verliere. Die Frau verliess EY einige Monate danach.
Die Reaktion: EY stellte den Mann zunächst frei, liess den Vorfall rechtlich prüfen. Im März zeichnete die «Handelszeitung» ein anderes Bild: Die Frau habe mit anderen Assistentinnen einen Chat unterhalten, in dem es darum gegangen sei, wer sich einen Partner anlachen könne. Als ihr ein Lohnsprung verweigert wurde, habe sie sich krankschreiben lassen und den Mann angezeigt. Nach Monaten habe EY auf eine Wiederaufnahme der Arbeit gedrängt, worauf es zu einer Trennungsvereinbarung gekommen sei. (ehs)
Der Fall: Auf der Redaktion von Tamedia wurden Anfang März Sexismus-Vorwürfe laut. In einem Protestbrief schilderten 78 Mitarbeiterinnen eine sexistische Unternehmenskultur, weitere 37 reichten ihre Unterschrift nach. In diesem Schreiben kritisierten die Journalistinnen, dass Männer fast alle Schlüsselpositionen besetzen, Frauen «ausgebremst, lächerlich gemacht und schlechter entlöhnt» würden. Und: Die Probleme seien strukturell. Die Journalistinnen forderten Verbesserungen.
Die Reaktion: Die Männer der Redaktion doppelten nach und bekundeten ihre Solidarität mit ihren Kolleginnen - ebenfalls per Brief. Tamedia reagierte und leitete eine interne und externe Untersuchung der Vorfälle ein; Mitte Mai möchte die Verlagsführung darüber informieren. Ausserdem hat Tamedia bei der Fusion der beiden Tageszeitungen «Bund» und «Berner Zeitung» mehreren Frauen eine Führungsposition angeboten. (nif)
Der Fall: Der Zürcher Operndirektor Michael Fichtenholz hatte im Winter gekündigt, wurde mit viel Lob von Intendant Andreas Homoki per Mail verabschiedet. Dann zeigte diese Zeitung auf, dass es vorher gegen Fichtenholz zu einem Verfahren wegen Machtmissbrauch gekommen war (Fichtenholz war schon 2018 verwarnt worden). Der Prozess wurde einvernehmlich beendet. Als sich ein TV-Beitrag ankündete, in dem eine anonyme Quelle die Vorwürfe «bestätigen» würde, startete das Opernhaus eine Blitzumfrage.Die Reaktion: Die Umfrage zeigte, wie schlecht es um das Haus steht: 27 Prozent der Mitarbeitenden haben im Opernhaus Machtmissbrauch erlebt. 39 Personen einmal, 111 mehrmals und 23 regelmässig. Von 649 Befragten sind 79 Personen (12 Prozent) in den letzten drei Jahren von Belästigung betroffen gewesen. 12 Mitarbeitende haben sich einmal belästigt gefühlt, 59 mehrmals und 8 regelmässig. (bez)
Der Fall: Im Frühjahr 2020 schrieb eine Mitarbeiterin des linksalternativen Kaffeehauses «Unternehmen Mitte» in Basel eine lange Mail an die Geschäftsleitung. Darin schilderte sie, dass ein Koch des Unternehmens ihr gegenüber sexuell übergriffig geworden sei. Sie reichte eine Strafanzeige gegen den Koch ein. Auch andere Mitarbeitende berichteten von verbaler Belästigung und Beleidigungen.
Die Reaktion: Die Geschäftsleitung, die sich selbst gerne mit progressiven und sozialen Werten beschreibt, deklarierte die Geschehnisse als akrobatische Übung und entliess die Mitarbeiterin. Den Koch forderte sie auf, eine Mediation und eine Schulung zu besuchen. Im März 2021 gelangte der Vorfall an die Öffentlichkeit. Erst danach, auf Druck von Partnern, Zulieferern und der Kundschaft, entliess sie den Beschuldigten. Nun soll ein Krisenstab die Vorfälle aufarbeiten, ein Drei-Punkte-Plan wurde gestartet. (hk) (aargauerzeitung.ch)