Der Kanton Bern hat seine Jahresrechnung 2022 mit einem Gewinn von 358 Millionen Franken abgeschlossen. Im Voranschlag 2022 hatte die Finanzdirektion ein Defizit von 88 Millionen Franken vorgesehen.
Mit diesem positiven Ergebnis kann das Defizit aus dem Jahr 2021 in der Höhe von 73 Millionen Franken kompensiert werden, wie die Berner Finanzdirektion am Dienstag mitteilte. «Das Ergebnis ist auch auf die hohe Steuerbelastung und den hohen Betrag aus dem Finanzausgleich zurückzuführen», sagte Finanzdirektorin Astrid Bärtschi an der Medienkonferenz.
Die Steuererträge des Kantons waren für das Jahr 2022 höher als geplant (+ 174 Mio. CHF), wie die Finanzdirektion erklärte. Das sei vor allem auf Mehreinnahmen bei den Unternehmenssteuern (+141 Mio. CHF) und bei der Grundstückgewinnsteuer (+ 52 Mio. CHF) zurückzuführen. Die Steuereinnahmen bei den Privatpersonen ging aber zurück (- 23 Mio. CHF), dies entspräche einer Tendenz.
Die Ausgaben zur Bekämpfung der Pandemie und der Abfederung der Covid-Massnahmen fielen um 67 Millionen Franken tiefer aus als budgetiert.
Die Investitionen des Kantons (354 Mio. Franken) lagen um 47 Millionen Franken tiefer als geplant. Dies sei vor allem auf die Verzögerung beim Neubau des Campus Bern zurückzuführen.
Der Kanton konnte auch seine Schulden reduzieren und zum ersten Mal seit 2014 liegt seine Schuld (7.9 Mia. Franken) unter 8 Milliarden Franken. Dies führe kurzfristig zu tieferen Zinskosten, wobei der Zinssatz steigen könnte, führte Bärtschi aus. Zudem werde erstmals seit 1990 wieder ein Bilanzüberschuss ausgewiesen.
Zusammenfassend sagte Bärtschi, dass der bernische Finanzhaushalt sich in einer soliden Verfassung befinde.
Mit Blick auf das laufende Jahr blieb Bärtschi vorsichtig und der Regierungsrat folge weiterhin einer restriktiven Finanzpolitik, betonte die Finanzdirektorin. Zudem könne der Wegfall einer Gewinnausschüttung durch die Schweizerische Nationalbank zu einem Defizit führen. Für das Jahr 2022 hatte der Kanton 480 Millionen Franken erhalten.
Lohnerhöhungen in der Verwaltung und höhere Preise für Baumaterialien aufgrund der Teuerung würden den Finanzhaushalt des laufenden Jahres belasten, erklärte Bärtschi. Die Regierung folge aber weiterhin dem Ziel, die Steuern für natürliche wie juristische Personen zu senken.
Die bürgerlichen Parteien warnen vor neuen Begehrlichkeiten, die Linke fordert Investitionen in Klimaschutz und Armutsbekämpfung: Die Reaktionen auf die Stadtberner Rechnung 2022 fallen gemischt aus.
Die FDP sieht trotz Überschuss «keinen Grund zur Euphorie». Die Ziele der Finanzstrategie seien erneut verfehlt worden, und die Verschuldung der Stadt sei um weitere 110 Millionen Franken angestiegen. Die Ausgabendisziplin müsse daher oberste Priorität haben.
Die SVP verlangt, «dass die Stadt endlich konsequent spart und ihre Ausgaben priorisiert». Sonst drohten bald happige Steuer- und Gebührenerhöhungen.
Auch aus Sicht der Grünliberalen bleibt der Handlungsbedarf hoch. Der Gemeinderat müsse mehr Ehrgeiz an den Tag legen, um seine eigenen finanzpolitischen Ziele zu erreichen. Eine Finanzierung von Leistungen und Investitionen über Schulden sei nicht vereinbar mit einer generationengerechten Finanzpolitik.
Für die SP zeigt der positive Rechnungsabschluss, dass Massnahmen zur Stabilisierung der Finanzlage Früchte tragen. Nun seien «Investitionen in eine lebenswerte Stadt» vonnöten. Gerade in Krisenzeiten brauche es einen starken und sozialen Staat, und dazu gehöre auch die Förderung von bezahlbarem Wohnraum.
Die Stadt verfüge über genügend finanziellen Spielraum für Investitionen, schreiben die Grünen. «Wir erwarten vom Gemeinderat, dass er jetzt massiv in Massnahmen in Klimaschutz und Armutsbekämpfung investiert.» (saw/sda)