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Fernbusse von «Swiss-Express» verschwinden bald von den Strassen

Fernbusse von «Swiss-Express» verschwinden bald von den Strassen

30.10.2019, 16:5730.10.2019, 17:23
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Der Fernbusanbieter Eurobus stoppt sein innerschweizerisches Angebot namens "Swiss-Express". Es geht um drei Linien in der Deutschschweiz, die von sechs Bussen betrieben werden. (Archivbild)
Swiss-Express gibt's bald nicht mehr.Bild: KEYSTONE

Der Fernbusanbieter Eurobus stellt sein innerschweizerisches Angebot mit dem Namen «Swiss-Express» per Mitte November ein. Betroffen sind sechs Busse, die auf drei öffentlichen Linien in der Schweiz unterwegs sind. Damit verschwindet das einzige derartige Angebot.

Ob es zu Entlassungen kommen wird, ist unklar. Eurobus zeigte sich zuversichtlich, dass sich für die von der Aufgabe dieser Strecken betroffenen zwanzig Mitarbeitenden teilweise eine interne Lösung finden lasse. Nicht tangiert vom Rückzug werden die Fernverbindungen ins Ausland.

Billettpreise werden zurückerstattet

Vom Bundesamt für Verkehr (BAV) aufgehoben wurde die laufende Konzession für die täglichen Verbindungen St. Gallen-Zürich-Lausanne-Genf, Zürich-Bern-Montreux sowie Zürich-Basel-Luzern-Lugano mit jeweils mehreren Zwischenhalten. Der letzte Betriebstag für diese Linien werde der 15. November sein, teilte Eurobus am Mittwochabend mit.

Für Kundinnen und Kunden mit einem gebuchten Ticket ab dem 16. November wird eine Lösung gesucht. Sie werden ihr Geld in den kommenden Wochen wohl zurückerstattet erhalten. Entsprechende Gespräche mit dem Vertriebspartner Flixbus laufen.

Fingerzeig für den Gesetzgeber

Der Betriebsschluss von «Swiss-Express» erfolgt nur rund anderthalb Jahre nach dem operativen Start der Fernbuslinien. Zwar seien die Passagierzahlen in den vergangenen Monaten gestiegen und die Kunden hätten positive Rückmeldungen gegeben, die Nachfrage sei aber immer noch deutlich unter den Erwartungen geblieben, stelllt der Fernbusanbieter fest.

Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA kritisierte Roger Müri, Geschäftsführer des Schweizer Geschäfts von Eurobus, die schwierigen Rahmenbedingungen: «Diese machen es einem Pionierunternehmen in einem neuen Markt sehr schwer.» Die Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz werde damit fast verunmöglicht.

«Damit Fernbusse in der Schweiz ihre Rolle als sinnvolle Ergänzung des öffentlichen Verkehrs finden können, muss es neue Regeln geben», sagte Müri. Heute könnten private Anbieter zu wenig schnell und zu wenig flexibel auf die effektive Nachfrage reagieren. Zudem fehle eine Praxis im Umgang mit neuen Konzessionsgesuchen im öffentlichen Fernverkehr.

Vergebliches Warten auf Fortschritte

So sehe sich das Unternehmen beispielsweise bis heute gezwungen, Teilstrecken oder Fahrpläne beizubehalten, für die praktisch keine Nachfrage bestehe. Die Kritik gilt unter anderem dem Bund, der die Konzessionen ausstellt: Eine im Juli 2019 eingereichte Anpassung des Fahrplans an die Kundenbedürfnisse auf den bestehenden Strecken habe bis dato nicht umgesetzt werden können, monierte Müri.

Zudem sei über gewünschte Angebotserweiterungen, wie die im öffentlichen Verkehr als Ergänzung zur Bahn erstmals geplanten Nacht- und Frühanbindungen an die Flughäfen, bis heute noch nicht entschieden worden. Die SBB hatten Anfang Woche vor den Medien betont, sie wollten solche Linien «in Zusammenarbeit mit Eurobus» realisieren.

«Ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll»

Nicht zuletzt aus Umweltgründen müsse er nun auf die Notbremse treten, sagte Müri. «Es ist ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll, auf Teilstrecken mit sehr wenigen Fahrgästen, unnötig Ressourcen zu verbrauchen.» Das sei gerade mit Blick auf die aktuelle Klimadebatte nicht mehr zu verantworten.

Müri bedauerte den Schritt. Sein Team habe «viel Geld und Zeit» in die Arbeit investiert. Eurobus lässt sich jedoch langfristig eine Hintertüre offen: Das Projekt «Schweizer Fernbus» werde weiterverfolgt. Das private Personentransportunternehmen sprach denn auch von einem vorübergehenden Rückzug, der Betrieb werde nur «vorerst» eingestellt.

Übriger Betrieb läuft weiter

«Wir sind bei geklärten Rahmenbedingungen gerne bereit, ein neuerliches Engagement in Betracht zu ziehen», sagte Müri. Er sei weiterhin vom Fernbuskonzept überzeugt. Bis dahin werde Eurobus weiterhin Verbindungen von der Schweiz ins Ausland und umgekehrt anbieten.

Insgesamt betreibt das zur Knecht-Gruppe gehörende Unternehmen 300 Mini-, Linien- und Reisebusse. 2018 erwirtschafteten über 500 Mitarbeitende einen Umsatz von 127 Millionen Franken. Müri zeigte sich daher zuversichtlich, dass sich für die vom innerschweizerischen Rückzug betroffenen zwanzig Mitarbeitenden teilweise eine interne Lösung finden lasse. (aeg/sda)

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quelle: dpa-zentralbild / bernd wuestneck
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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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LarsBoom
30.10.2019 18:15registriert November 2016
Falls es zu Entlassungen kommen würde, könnte ja die SBB die betroffenen zu einem Lokführer Infoabend einladen.
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Charlie Brown
30.10.2019 17:08registriert August 2014
Zu wenig Nachfrage dank besserem Angebot auf der Schiene.

Und ja, Rosinenpicken geht nicht. Der ÖV muss als System ausgelegt sein. Auch in die Peripherie.
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Knut Knallmann
30.10.2019 18:20registriert Oktober 2015
Man hat mit den Routen von Anfang an Strecken gewählt, wo die Bahn ihre Stärken besser ausspielen kann. Man hätte mit den Bussen auf Tangentialverbindungen setzen können oder auf Strecken, wo man mit dem Zug umsteigen muss oder viel Langsamer ist. Das wäre dann auch effektiv eine Ergänzung zum schienengebundenen ÖV gewesen. Stattdessen lässt man die Busse auf den Hauptstrecken fahren, wo sie im Stau stehen und ich mit der Bahn schneller und bequemer und dank Spartickets für praktisch das gleiche Geld fahren kann. Es musste so kommen...
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Warum so politisch? Wir müssen ändern, wie wir über 4-Tage-Wochen und Co. reden
Reden wir in der Schweiz über New Work, also neue Formen des Arbeitens, wird die Diskussion sofort politisch. Dabei sollten wir die Wissenschaft einfach in Ruhe dazu forschen und die Unternehmen ihre Wege finden lassen.

Ich stelle mir gerade vor, wie ich vor 50 Jahren meinen Job erledigt hätte. Alleine für diesen Artikel hätte ich mich in ein Archiv begeben müssen. Dann hätte ich mir Notizen gemacht, wäre zurück an meinen Arbeitsplatz und hätte in meine Schreibmaschine getippt. Wäre ein Tippfehler aufgetaucht, wovon ich schwer ausgehe, hätte ich das Blatt entfernen, den Fehler mit Tipp-Ex überstreichen und das Papier wieder einsetzen müssen. (So zumindest stellt man sich das als Gen Y vor.)

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