Lindt erhöht die Preise (schon wieder) – der Oster-Goldhase ist auch betroffen
Wird Schokolade zum Luxusgut? Darauf deuten die massiven Preissteigerungen in den letzten Jahren hin. Zum Beispiel Lindor-Kugeln: Die 500-Gramm-Packung kostete 2022 bei Coop noch 18.95 Franken. Jetzt sind es bereits 23.95 Franken – also einen Viertel mehr.
Die Lust auf Lindt-Schokolade ist der Kundschaft aber trotz der aggressiven Preispolitik nicht vergangen. Letztes Jahr setzte Lindt & Sprüngli 5,47 Milliarden Franken um – ein Plus von 7,8 Prozent. Den Zuwachs hat der Konzern hauptsächlich seiner weltweit bekannten Marke zu verdanken. So konnte er die Preise für Excellence-Tafeln, Lindor-Kugeln oder Pralinés im vergangenen Jahr um 6,3 Prozent anheben. Gleichzeitig verkaufte Lindt 1,5 Prozent mehr Menge – trotz happiger Aufschläge.
Das hebt Lindt & Sprüngli von der Konkurrenz ab. Wegen rekordhoher Kakaopreise mussten alle Hersteller ihre Preise nach oben schrauben. Dies drückte die Nachfrage. Ein Teil der Kundschaft stieg auf Billig-Schoggi um, Supermärkte stellten ihre Eigenmarken in den Vordergrund. Insgesamt gingen 2024 die weltweiten Schoggi-Umsätze zurück – ausser bei Lindt.
Konzernchef Adalbert Lechner begründete dies am Dienstag bei der Präsentation der Jahreszahlen am Hauptsitz in Kilchberg ZH damit, dass die Kundschaft in inflationären Zeiten auf Premiumprodukte umschwenkt. Ganz nach dem Motto: Wenn man sich schon Schokolade gönnt, dann soll es qualitativ hochwertige sein. Der Preis spielt dann eine untergeordnete Rolle. Aus seinen Verkäufen zog der Konzern letztes Jahr einen Nettogewinn von 672 Millionen Franken – ein kleines Plus von 0,1 Prozent. Mit den guten Zahlen hat Lindt nicht nur die Analysten, sondern auch sich selbst überrascht.
«Schokolade war zu günstig»
Die finanzielle Schmerzgrenze der Konsumenten hat Lindt bisher noch nicht ausgereizt. Doch wie lange kann er die Preise noch in die Höhe treiben? Für 2025 kündigt Lechner bereits neue Aufschläge in der Höhe eines zweistelligen Prozentsatzes an. «Wenn wir die Preise jetzt nicht erhöhen, da die Kakaopreise steigen, bekommen wir diese Margen nie mehr zurück», so Lechner. Es gebe keine Alternative.
So ist der berühmte Goldhase im diesjährigen Ostergeschäft laut Lechner 10 Prozent teurer. Das liege drin, denn bei solchen Saisonprodukten würde sich die Kundschaft kaum an den letztjährigen Preis erinnern, erklärt der Österreicher.
Lechner macht den Vergleich mit einem Kaffee bei Starbucks, für den man bereit sei, 7 Franken zu bezahlen. «Unsere Tafeln kosten drei bis vier Franken und man kann sie über mehrere Tage hinweg konsumieren, während der Kaffee in ein paar wenigen Minuten weg ist.» Schokolade sei in der Vergangenheit schlicht zu günstig gewesen. In der Branche habe man sich lange nicht getraut, mehr als 1 Euro für eine Tafel Schokolade zu verlangen. Diese Zeiten sind vorbei.
Gold schürfen statt Kakao-Anbau
Hinter der Preisexplosion steht «ein perfekter Sturm» in den wichtigen Kakao-Anbauländern Elfenbeinküste und Ghana. Dort haben Starkregen und anschliessende Dürren die Ernten dezimiert. Auch Krankheiten breiteten sich aus. Die Bauern konnten dem wenig entgegensetzen. Sie haben kaum Geld, um in Pflanzenschutzmittel und Dünger zu investieren. Ein weiteres Problem ist, dass viele Bauern aus dem Kakao-Anbau aussteigen und stattdessen nach Gold schürfen.
Da gleichzeitig die Nachfrage nach Kakao steigt, schiessen die Preise in die Höhe. Zuletzt kostete eine Tonne 7200 Franken. Das ist weniger als zu Rekordzeiten, aber immer noch dreimal mehr als im langjährigen Durchschnitt. Immerhin: Auch die westafrikanischen Regierungen haben den staatlich regulierten Abnahmepreis erhöht. Die Bauern in der Elfenbeinküste erhalten seit Oktober 20 Prozent mehr, jene in Ghana 45 Prozent mehr.
Zur Problematik der teureren Kakao-Preise gesellt sich die von US-Präsident Donald Trump lancierte Zoll-Thematik. Auf die höheren Zölle für Kanada-Importe hat das US-Nachbarland ebenfalls mit höheren Tarifen reagiert. Deshalb versucht Lindt nun mehr Schokolade von Europa nach Kanada zu transportieren anstatt von den USA aus.
Trumps Zolldrohung
Im Trump-Land kann sich Lechner derweil darauf verlassen, dass 95 Prozent in den USA verkauften Lindt-Schokolade vor Ort hergestellt wird. Bezüglich drohender Europa-Zölle gibt er sich denn auch gelassen. Und dass der Fett-weg-Spritzen-Boom negativ zur Umsatzentwicklung beitragen könnte, glaubt Lechner nicht.
Sorgen bereitet ihm vielmehr die Konsumentenstimmung in den USA. Denn die Inflation habe auf die US-Kundschaft einen stärkeren Einfluss gehabt als anderswo. Lechner führt dies auf die überdurchschnittlich hohe Verschuldung der US-Bürgerinnen und -Bürger zurück, «sei es in Bezug auf die Hypothek oder die Kreditkarte». Tatsächlich hat die Lindt-Tochterfirma Ghirardelli aus der kalifornischen Bay Area die Hauptmarke Lindt beim Wachstum sogar übertrumpft – auch dank einem neuen Shop mit Café an prominenter Lage: im Empire State Building in New York.
Und dann wäre da noch die Dubai-Schokolade, die in den vergangenen Monaten in den sozialen Medien einen Hype auslöste. Die mit Pistazien und gebratenen Teigfäden gefüllten Tafeln wurden von vielen Firmen lanciert. Lechner rühmt sich aber als einziger grosser Schokoladehersteller, sofort mit einem eigenen Produkt reagiert zu haben. Tatsächlich sorgten diverse Verkaufsaktionen in den eigenen Shops für lange Schlangen.
Die Frage nach dem Dubai-Hype
Der Hype sei noch lange nicht vorbei, sagt Lechner. Er glaubt daran, dass die Dubai-Schoggi künftig einen signifikanten Umsatzbeitrag liefern werde. Bisher wurden die handgemachten Tafeln in limitierter Auflage in Eigenregie verkauft. In den kommenden Wochen werden die maschinell hergestellten «Dubai Style»-Tafeln aber auch bei ausgewählten Detailhändlern erhältlich sein. Den Anfang in der Schweiz macht Coop.
Allerdings: Zumindest bei einem Blick auf Auktionswebsites kommen Zweifel an Lechners Optimismus auf. Wurden die exklusiven Dubai-Tafeln zum Hype-Höhepunkt für mehrere hundert Franken angeboten, sind sie inzwischen teils für 12 Franken zu haben. Allerdings sorgte die mediale Breitenwirkung für einen Gratis-Werbe-Wert, den Lechner mit 110 Millionen Franken beziffert. Damit beweist Lindt einmal mehr: Marketing ist im Geschäft mit Premium-Schoggi die halbe Miete. (aargauerzeitung.ch)