Im Februar des vergangenen Jahres nahm die Coronapandemie ihre Anfänge. Das ist nun beinahe ein ganzes Jahr her. Im März wurde der Schweiz ein erster Lockdown auferlegt: Die Mobilität wurde eingeschränkt, Läden wurden geschlossen, Schweizerinnen und Schweizer mussten ihre Ware online bestellen. Das trieb die Paketmengen explosionsartig in die Höhe.
Die Post wurde von der schieren Menge an Paketen so überrascht, dass sie im Frühjahr kurz vor dem Kollaps stand. Im Sommer sank das Volumen dann ein wenig, nahm im Spätherbst mit den wieder ansteigenden Fallzahlen, den erneuten Einschränkungen und dem Weihnachtsgeschäft aber noch einmal stark zu. Nach Weihnachten, im neuen Jahr, sollte dann endlich die lang ersehnte Erholung folgen. Doch diese rückt nun mit dem Entscheid des Bundesrates vom Mittwoch wieder in weite Ferne.
Denn die Läden werden ab Montag erneut geschlossen. So schnell finden die Bestellmengen also nicht zurück auf ein normales Niveau, so schnell nimmt der Dauerstress kein Ende. Trotzdem ist die Situation jetzt nicht ganz so angespannt wie im ersten Lockdown. «Wir haben in den vergangenen Monaten viele Erfahrungen gemacht, von denen wir profitieren können», sagt ein Sprecher der Post auf Anfrage.
Ausserdem seien nicht ganz so viele Läden von den jetzigen Einschränkungen betroffen wie im ersten Lockdown. So dürfen etwa Bau- und Gartenfachläden oder Blumencenter geöffnet bleiben. «Aktuell sehen wir noch keine signifikante Veränderung», sagt der Post-Sprecher. «Wir gehen aber davon aus, dass die Menge wieder ansteigt.»
Vor allem im Februar dürften die Bestellmengen wieder zulegen. Das befürchtet zumindest Patrick Kessler, Präsident des Schweizerischen Handelsverbands. Denn je länger der Lockdown dauere, desto eher könnten Bürgerinnen und Bürger nicht mehr auf Güter des nicht-täglichen Bedarfs verzichten.
«Je länger die Läden geschlossen bleiben, desto eher wird eine neue Jacke wieder zum dringenden Bedarf», sagt Kessler. «Dauert der Lockdown mehrere Wochen, könnten die Mengen wieder so hoch steigen, dass die Kapazitätsgrenzen in der Verteilung erneut touchiert werden.» Laut Kessler muss die Post nun wieder zusätzliche Kapazitäten einplanen.
Und das tut sie: Um dem befürchteten Anstieg auch in den nächsten paar Wochen - der Lockdown wurde vorerst bis Ende Februar verhängt - gerecht zu werden, führt die Post die Massnahmen fort, die sie bereits vor Weihnachten angesichts des hohen Bestellaufkommens getroffen hat. Zu dieser Zeit wurden unter anderem temporäre Mitarbeitende angestellt, zusätzliche Botengänge geplant und Lieferwagen dazugemietet.
Laut des Post-Sprechers haben sich diese Massnahmen ausgezahlt: «Wir konnten die Sortierkapazität um rund 300'000 Pakete pro Tag erhöhen und so eine gute Pünktlichkeit sicherstellen.» Und das auch wenn im Dezember beinahe täglich über eine Million Pakete verarbeitet wurden, was eine Zunahme von 26 Prozent gegenüber des Vorjahres zur Folge hatte. Aktuell werden gemäss des Sprechers zwischen 700'000 und 950'000 Pakete pro Tag verarbeitet.
Statt die Verträge mit Temporärmitarbeitenden wie geplant auslaufen zu lassen, wurden sie folglich teilweise verlängert. Auch in den kommenden Wochen werde die Post also mit erhöhten Ressourcen arbeiten, um die erwartete Zunahme bei den Bestellungen pünktlich verarbeiten zu können.
«Wir gehen aktuell davon aus, das Leistungsangebot in der Schweiz auch während der Ladenschliessungen einhalten zu können», sagt der Sprecher. Derzeit käme es nur vereinzelt zu Verspätungen. Die seien aber witterungsbedingt durch den starken Schneefall.
Für die Gewerkschaft Syndicom geht die Post mit den verlängerten Temporärverträgen aber den falschen Weg. «In der heutigen Ausgangslage müsste die Post mehr unbefristete Stellen schaffen», sagt ein Sprecher.
Die Coronakrise habe eine substanzielle Veränderung gebracht, die Paketmengen werden gemäss der Syndicom nicht wieder auf das Niveau von vor der Pandemie sinken. Die Post müsse deshalb das festangestellte Personal aufstocken.
«Bislang konnten sich Logistik-Angestellte jeweils nach dem Weihnachtsgeschäft im Frühjahr erholen. In diesem Jahr ist das anders», sagt der Syndicom-Sprecher. «Es fehlt der Lichtblick, es ist keine Besserung in Sicht.»
Dieser Dauerstress ziehe auch körperliche und psychische Folgen nach sich. Die Gewerkschaft fordert nun Lohnerhöhungen. Wie der Sprecher mitteilt, befindet sich die Syndicom derzeit in Lohnverhandlungen mit der Post.