Das Aus der Zigarettenfabrik von British American Tobacco (BAT) in Boncourt ist besiegelt. Der multinationale Konzern schliesst seinen Standort im Jura definitiv im nächsten Jahr. Rund 220 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz.
Die Geschäftsleitung in London ging nicht auf die von den Gewerkschaften und der Personalkommission gemachten Vorschläge ein, wie Gewerkschafts- und Personalvertreter an einer Medienkonferenz am Mittwoch in Boncourt bekannt gaben. «Die Entlassungen werden in mehreren Wellen im Laufe des nächsten Jahres ausgesprochen», sagte Yves Defferrard von der Gewerkschaft Unia vor den Medien.
Allerdings seien die Bedingungen für die Beschäftigten mit dem Sozialplan nach 16 zähen Verhandlungsrunden mit der Geschäftsleitung deutlich verbessert worden, sagten die Gewerkschaftsvertreter vor den Medien. Der Sozialplan wurde von einer Personalversammlung mit grosser Mehrheit gutgeheissen. Dabei waren über 200 Beschäftigte anwesend.
Am Ende der Versammlung habe unter den Arbeitnehmenden, die ihren Job verlieren, Wut, Trauer und Enttäuschung geherrscht, hiess es. Syna und Unia würden die Umsetzung des Sozialplans genau verfolgen, um sicherzustellen, dass die Rechte der Beschäftigten strikt eingehalten würden.
Laut Defferrard enthält der Sozialplan Garantien für die Zahlung von Abfindungen, bezieht die Dienstjahre mit ein und schlägt Frühpensionierungen vor. Auch berücksichtigte er die Familiensituation und erleichtere die Suche nach einer neuen Stelle.
Das multinationale Unternehmen BAT hatte am 27. Oktober die Schliessung der Fabrik bekannt gegeben. Danach wurde ein Konsultationsverfahren eröffnet, eine Vorstufe zu einer Massenentlassung.
Eine Delegation mit Vertreterinnen und Vertretern der Personalkommission und der Gewerkschaften Unia und Syna hatte der Geschäftsleitung letzte Woche ihre Vorschläge unterbreitet, um die Schliessung zu verhindern. Diese habe sich zwar beeindruckt von dieser Arbeit gezeigt, sei aber bei ihrem Schliessungsentscheid geblieben. Die Produktion wird von Boncourt schrittweise in grössere Fabriken der Gruppe in Europa verlagert.
Die jurassische Regierung zeigte sich betroffen und besorgt über das definitive Aus der Tabakwarenfabrik in Boncourt. Die Bestätigung der Schliessung des Werks von British American Tobacco (BAT) werde für die Gemeinde und den Kanton schwerwiegende Folgen haben.
Sie werde über die Umsetzung des Sozialplans, aber auch über die Wahrung der regionalen Wirtschaftsinteressen wachen, schreibt die Kantonsregierung in einer am Mittwochabend veröffentlichten Medienmitteilung weiter. «Die kantonalen und kommunalen Behörden werden direkte Gespräche führen, um zu versuchen, die Folgen dieses Entscheids so weit wie möglich abzuschwächen».
British American Tobacco begründet die Schliessung der traditionsreichen Fabrik in Boncourt mit dem «schwierigen» Marktumfeld. Angesichts der aktuellen Wirtschafts- und Marktbedingungen seien diese schmerzhaften Anpassungen notwendig, um sicherzustellen, dass der Konzern wettbewerbsfähig bleibe.
Bei der strategischen Überprüfung aller Produktionsstandorte in Europa habe BAT eine Reihe von Faktoren in Betracht gezogen, darunter die lokalen Produktions- und Logistikkosten, die europäische Produktionskapazität und der anhaltende Rückgang der Zigarettenverkäufe.
Keine Angaben machen wollte die Firma indes zum Ausmass der tieferen Produktionskosten für Zigaretten im europäischen Ausland. BAT Switzerland könne keine Landeszahlen kommunizieren, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage.
Mit der Schliessung endet die Geschichte eines traditionsreichen, eng mit der Region verknüpften Unternehmens und bedeutenden Arbeitgebers. Erst vor acht Jahren hatte die 1814 von der Familie Burrus gegründete Tabakfabrik ihr 200-jähriges Bestehen gefeiert. Nicht weniger als sechs Generationen der Familie führten nacheinander das Unternehmen.
1996 ging 1996 die Firma in den Besitz von Rothmans International über. Letztere fusionierte 1999 mit dem multinationalen Unternehmen BAT, das die Fabrik zu seinem Hauptsitz in der Schweiz machte. Seit 1887 stellt sie die Zigaretten «Parisienne» her, die zweitmeistverkaufte Marke des Landes. Diese werden künftig in bestehenden Fabriken in Europa hergestellt. BAT betont, dass die «Parisienne» bereits heute grösstenteils aus Tabak bestehe, welcher nicht aus der Schweiz komme, (sda)