Mit der Aktion «#GeschätzterBundesrat» wendeten sich unter anderem Betroffene des «Post-Covid»-Syndroms in den letzten Wochen an die Landesregierung. Das Syndrom, kurz «Long Covid», ist die Spätfolge einer Infektion mit Sars-CoV-2. Die Forderung der Betroffenen: Bessere Betreuung und Beratungsstellen. «Bis jetzt gibt es nichts und die Hausärzte und Versicherungen sind überfordert», sagt Che Wagner, Mitinitiant der Aktion.
Der @0ffenerBrief lanciert den Aufruf #GeschätzterBundesrat wo Betroffene und Bürger*innen fordern: Jetzt muss der Bundesrat Verantwortung in der #Coronakrise übernehmen und Ansteckungen drastisch senken! #LongCovidhttps://t.co/oAVHtvXjmp
— PublicBeta (@Publicbeta_CH) January 12, 2021
Dass der Bundesrat die Massnahmen per Montag verschärft hat, sähe er zwar als Erfolg, ganz zufrieden sei er aber nicht. «Für ‹Long-Covid›-Betroffene hat der Bundesrat leider keine Antworten geliefert, obwohl die Situation für viele unhaltbar ist.»
Wagner kritisiert das Verhalten der Schweiz: «Im Vergleich zu anderen Länder hinken wir nach. Es ist ein Fehler, dass man Betroffene von ‹Long Covid› nicht frühzeitig begleitet hat und keine Behandlungsmöglichkeiten bietet», so Wagner.
In England hat man derweil ein Programm für betroffene Patientinnen und Patienten geschaffen. Rund 10 Millionen Pfund hat der National Health Service (NHS) in «Long Covid»-Kliniken investiert, wie BBC berichtete. In über 60 Kliniken würden ‹Long Covid›-Patientinnen und -Patienten betreut.
Ein ähnliches Programm wie in Grossbritannien gäbe es in der Schweiz nicht, bestätigt der Epidemiologe Milo Puhan. An der Universität Zürich erforscht er zurzeit die Langzeitfolgen von Corona und befürwortet die «Long Covid»-Kliniken der Briten. «Es ist wichtig, dass es etwas Vergleichbares auch bei uns geben wird. Dabei geht es um die Betreuung der Patienten mit Langzeitfolgen und andererseits darum, dass die Leute verlässliche Informationen erhalten.»
Puhan schlägt vor, dass die Anlaufstelle möglichst niederschwellig und als Eintrittspforte online sein sollte. «Einige Patienten können keinen positiven Corona-Test vorweisen, weil sie sich in der ersten Welle infiziert haben und es dort zum Teil zu wenig Tests gab.» Zwar gäbe es für solche Fälle Antikörper-Tests, aber es müsse ja auch nicht sein, dass man die Infektion beweisen müsse. «Deshalb ist es wichtig, dass auch solche Leute betreut werden, bei denen nur vermutet werden kann, dass sie Corona hatten», so Puhan.
Im Februar will Puhans Team eine neue Studie zu «Long Covid» publizieren. Diese sei populationsbasiert und untersuche den Querschnitt aller Infizierten. «Viele bisherige Studien untersuchen ‹Long Covid› bei Menschen, die hospitalisiert waren, also nur die schweren Verläufe.»
Eine dieser Studien erschien in der Zeitschrift «The Lancet». Drei von vier Patienten hätten noch sechs Monate nach der Infektion mit Covid-19 Beschwerden, heisst es.
«Bei Menschen, die wegen Corona hospitalisiert waren und entsprechend einen schweren Verlauf hatten, ist das Risiko von Langzeitfolgen grösser als nach leichterem Verlauf», sagt der Epidemiologe Puhan. Die Gefahr bei Erkrankten für längerfristige Beschwerden nach einem milden Verlauf sei weit tiefer, liege aber noch immer bei rund 20 Prozent.
Was bisher weitgehend unklar ist, ist die spezifische Therapie bei «Long Covid». Viele Hausärzte sähen sich mit diesem Problem konfrontiert, sagt Philippe Luchsinger. Er ist Präsident des Schweizer Hausärzteverbandes. «Wir versuchen, die Patienten mit ‹Long Covid› zu unterstützen. Wichtig dabei ist, dass man mit den Betroffenen eine für sie passende Behandlung anbietet.»
Die Aussage, dass Hausärzte überfordert seien, versteht Luchsinger nicht. «Wir wissen, wie wir mit ‹Long Covid› umgehen müssen. Wir könnten Patientinnen und Patienten unterstützen und das ist das, was wir tun», sagt der Arzt.
Die Schwierigkeit dabei sei, dass die meisten Symptome kaum objektivierbar sind, so etwa Müdigkeit oder Konzentrationsschwäche. «Dort braucht es ein solides Vertrauensverhältnis zwischen dem Patienten und dem Arzt», sagt Luchsinger.
Das Programm aus Grossbritannien würde er nicht adaptieren. «Ich finde es sinnvoller, mit dem Patienten individuell die Behandlung zu bestimmen», so Luchsinger. Das Programm aus England berge die Gefahr, dass die einen Patienten überfordert und die anderen unterfordert seien.
Welches Betreuungsprogramm für die Schweiz am sinnvollsten ist, wird sich zeigen. Die Frage wird erst einmal sein, wer sich um die Anlaufstellen bemühen wird.
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Wenn jemand 10 Meter läuft und dann einen Puls von 150 hat ist ja wohl *objektiv* etwas nicht in Ordnung?!
Genauso wenn jemand 1-2 Stunden konzentriert arbeitet und dann fast einschläft, nicht mehr richtig stehen kann.
Oder wenn jemand früher täglich gelaufen ist und jetzt im Rohlstuhl sitzt weil zu schwach um zu gehen?
Also ehrlich, diese Verharmloserei und Unehrlichkeit k*tzt* mich an.