Wenn über die Zukunft der Medien debattiert wird, fällt immer wieder ein Begriff: die «News-Deprivierten». Das sind Menschen, die keine Bezahlmedien konsumieren und nur nebenbei über soziale Medien mit Nachrichten in Kontakt kommen. «Die zunehmende News-Deprivation hat negative Folgen für die Demokratie», schreiben Medienwissenschafter der Universität Zürich.
Das leuchtet ein, schliesslich gehören zu den News-Deprivierten längst nicht nur die Jungen, sondern sogar Bundesräte. Jüngst gestand Ignazio Cassis: «Ich lese keine Zeitungen mehr. Sie sind nicht gut für mich.» Sie würden ihm nicht helfen, die Energie zu finden, um die richtigen Dinge zu tun. Seit er keine Zeitung mehr lese, sei er dreimal so schnell. Klar: Wer weniger Meinungen kennt, weniger Fakten vorliegen hat, der trifft Entscheidungen rascher.
Zumindest Cassis' Kommunikationsabteilung war es bei dieser Aussage aber nicht ganz wohl. Sie informierte darüber, dass der Bundesrat durchaus die Berichterstattung der Medien verfolge. Die wichtigsten Texte würden ihm jeweils vorgelegt. Da wird man hellhörig. Las man nicht von Putin, die Geheimdienste liessen ihm nur Berichte mit positiven Informationen zukommen? Das Ergebnis ist bekannt: eine komplette Fehleinschätzung der eigenen Stärken. Betrachtet man Cassis' Europa-Politik, kann schnell der Verdacht aufkommen, dass sein Medienbataillon ähnlich verfährt.
Dabei ist Cassis nicht das einzige newsdeprivierte Mitglied unserer Regierung. Dank der Einvernahmen Alain Bersets im Fall der Corona-Leaks wissen wir, dass der Gesundheitsminister «kaum Zeitungen» liest. Er konzentriere sich auf seine Arbeit. «Was alles in den Medien steht, interessiert mich nicht», gab er zu Protokoll.
Laut neuster Studie zählen bereits 38 Prozent zu den News-Deprivierten; im Bundesrat sind es 28. Die Landesregierung ist ein ganz guter Querschnitt unserer Gesellschaft. (aargauerzeitung.ch)
Ganz nach dem Plan der SVP.