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«Ausschaffung ist die Regel» – Härtefallklausel in Zürich unter der Lupe

«Ausschaffung ist die Regel» – Härtefallklausel in Zürich unter der Lupe

11.11.2021, 10:2311.11.2021, 12:42
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ZUR EIDGENOESSISCHEN ABSTIMMUNG UEBER DIE VOLKSINITIATIVE „ZUR DURCHSETZUNG DER AUSSCHAFFUNG KRIMINELLER AUSLAENDER (DURCHSETZUNGSINITIATIVE)“ AM SONNTAG, 28. FEBRUAR 2016, STELLEN WIR IHNEN FOLGE ...
Ausschaffungs-Gefängnis am Flughafen Zürich.Bild: KEYSTONE

Anders als die SVP vermutet hatte, wendet die Zürcher Justiz die Härtefallklausel bei kriminellen Ausländern nicht übermässig häufig an. Eine Auswertung des vergangenen Jahres zeigt, dass die Härtefallklausel nur in 15 Prozent der Fälle zum Einsatz kam.

«Ausschaffung ist die Regel», zu diesem Schluss kommen Regierungsrat und die Zürcher Gerichte, wie sie am Donnerstag mitteilten. Die Gerichte hatten im vergangenen Jahr in 418 Fällen zu prüfen, ob ein krimineller Ausländer ausgeschafft werden soll.

In 352 Fällen ordneten die Gerichte eine Landesverweisung an. Dies entspricht einem Anteil von 84 Prozent. Nur in 62 Fällen (15 Prozent) wandten die Gerichte die Härtefallklausel an, etwa weil ein Verurteilter bereits sehr gut integriert, in der Schweiz geboren oder aufgewachsen war. In vier weiteren Fällen (1 Prozent) verzichtete das Gericht aus anderen Gründen auf eine Ausschaffung.

Während Landesverweisungen nur von Gerichten angeordnet werden können, kann die Härtefallklausel auch von der Staatsanwaltschaft angewendet werden, und zwar bei Strafverfahren, die mit einem Strafbefehl enden. Dies sind meist weniger schwerwiegende Taten.

Im vergangenen Jahr wandte die Staatsanwaltschaft die Härtefallklausel bei 70 Fällen an, dies entspricht 16 Prozent aller Strafbefehlsverfahren. Die Zahlen zeigen, dass die Härtefallklausel im Kanton Zürich tatsächlich nicht übermässig angewendet wird.

Auslöser war Statistik des Bundes

Die Zürcher Gerichte werden diese Auswertung fortan jedes Jahr publizieren, wie sie in der Mitteilung schreiben. Untersucht wurde die Ausschaffungspraxis auf Anweisung des Kantonsrates, respektive wegen eines Vorstosses der SVP/EDU-Fraktion.

«Es ist nicht richtig, die Leute in die Hölle zu schicken!»

Video: watson/Roberto Krone

Grund für diesen Vorstoss war eine vom Bund publizierte Statistik über die Ausschaffungen der vergangenen Jahre. Diese zeigte, dass nur 58 Prozent der verurteilten Ausländer abgeschoben wurden. Bei den restlichen 42 Prozent kam die Härtefallklausel zum Einsatz – sehr zum Ärger der SVP, welche den Volkswillen missachtet sah.

SVP vermisste die «pfefferscharfe Umsetzung»

Eine «pfefferscharfe Umsetzung», wie sie bei der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative versprochen worden sei, sehe wohl anders aus, kritisierte die SVP. Damals sei die Anwendung der Härtefallklausel als «absolute Ausnahme» bezeichnet worden.

Seit Oktober 2016 werden Ausländerinnen und Ausländer, die bestimmte Straftaten, so genannte Katalogtaten, begehen, automatisch aus der Schweiz ausgeschafft. Auslöser für diese Regelung war die Ausschaffungsinitiative der SVP, die vom Volk angenommen worden war. (aeg/sda)

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33 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Joe Hill
11.11.2021 10:45registriert Dezember 2015
Ich wäre ja dafür, dass wir den Schlaumeier der die Formulierung «pfefferscharfe Umsetzung» verbrochen hat auch direkt ausschaffen. Dann kann er den Ausschaffungs-Prozess direkt aus der Ego-Perspektive erleben.
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Peter Vogel
11.11.2021 14:24registriert Juni 2020
15% ist immer noch zu viel. Härtefall sollte wirklich nur den absoluten Ausnahmefall darstellen (Waisenkind aus Bürgerkriegsland oder was weiss ich) aber das jeder sechste ein Härtefall sein soll ist lächerlich.
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