Der ehemalige Gemeindepräsident von Hettlingen bei Winterthur steht heute Freitag wegen Diebstahls vor dem Zürcher Obergericht. Das Bezirksgericht Zürich hatte den 69-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verurteilt.
Geld und Gold im Wert von über einer Million Franken soll der Beschuldigte laut Vorinstanz bei zwei Gelegenheiten aus der Wohnung einer Klientin in Zürich gestohlen haben. Der Beschuldigte beging die Taten in seiner Funktion als Treuhänder.
Laut dem Bezirksgerichtsurteil vom März 2024 war der frühere Gemeindepräsident an den Tagen vor Ort, als die Vermögenswerte verschwanden. Gegen dieses Urteil legte er Berufung ein. Trotz fortgeschrittenen Alters könne man der Geschädigten glauben, hielt der Richter damals fest. Es gebe keine Hinweise auf eine geistige Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt. Bei einer Hausdurchsuchung wurde beim Treuhänder dann ein Teil des Geldes und der Münzen gefunden.
Der Beschuldigte aber beteuerte vor dem Bezirksgericht, dass er nichts gestohlen habe. Die mittlerweile mit Exit verstorbene Seniorin habe ihn vielmehr mit Schenkungen bedacht. Dies nachdem sie gedacht hatte, dass andere sie bestohlen hätten. Sie sei sehr dankbar gewesen, nachdem er vermeintlich gestohlene Münzen gefunden habe. Die Vermögenswerte versteckte der Beschuldigte in seinem Weinkeller und im Schuhschrank, selbst seiner Frau sagte er nichts davon.
Der Verteidiger des 69-Jährigen verlangte einen Freispruch. Die Seniorin sei sehr misstrauisch gewesen und habe immer wieder Personen beschuldigt, ihr Geld gestohlen zu haben. Die Anklage hatte eine Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren verlangt.
Das Bezirksgericht hatte den Mann unter anderem wegen mehrfachen Diebstahls 2024 zu einer Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verurteilt. Dagegen legte er Berufung ein und forderte nun vor dem Obergericht erneut vollen Freispruch. Der Mann war auch wegen Betrugs in Zusammenhang mit einem Covid-Kredit verurteilt worden. Die Firma ist mittlerweile konkurs. In diesem Zusammenhang beging der 68-Jährige auch Misswirtschaft und Urkundenfälschung. Für die Misswirtschaft kassierte er eine Geldstrafe von 120 mal 250 Franken.
Der Beschuldigte blieb dabei: Die Frau habe ihn mit einer Schenkung über 200'000 Franken und den Goldmünzen bedacht. Er habe sich sehr über die Schenkung gefreut, sagte er. Die Frau habe ihm darüber hinaus eine Schenkung von 25 Kilogramm Gold in Aussicht gestellt.
Seine Klientin habe ihm diese Schenkung aus Dankbarkeit übergeben - weil er ihr geholfen habe, eine grössere Menge vermeintlich gestohlener Goldvreneli wiederzufinden. «Ich schrieb ihr daraufhin einen Dankesbrief», sagte er vor Gericht. Damit habe sich die Angelegenheit erledigt. Dieser Dankesbrief aber war laut dem Gericht nirgends auffindbar.
Heute würde er die Sache anders angehen. «Ich würde eine solche Schenkung schriftlich festhalten», sagte der Beschuldigte vor den Richtern. Dass er der Klientin bei einer anderen Gelegenheit 800'000 Franken gestohlen haben soll, bestritt er ebenfalls.
Bei einer Hausdurchsuchung wurde beim Treuhänder ein Teil des Geldes und der Münzen gefunden. Die Vermögenswerte versteckte er im Weinkeller und im Schuhschrank. Seine Ehefrau hatte er von der angeblichen Schenkung nicht in Kenntnis gesetzt. Diese habe zu dieser Zeit mit einem schweren Alkoholproblem zu kämpfen gehabt und zu ihr habe er zu der Zeit auch kein Vertrauensverhältnis gehabt habt.
Eine damalige Mitarbeiterin hingegen weihte er ein. Diese wurde am Freitag als Zeugin befragt. Sie erzählte, der Beschuldigte habe ein «sehr freundschaftliches » Verhältnis zur seiner Klientin gepflegt - eines, das über das rein Geschäftliche hinausgegangen sei. Die Schenkung habe sie daher nicht überrascht.
Auf die Nachfrage des Staatsanwalts, ob sie denn keine Bedenken gehabt habe, dass der Beschuldigte das Geld angenommen habe, antwortete sie: «Nein.» Es sei nicht da erste Mal, dass sie erlebt habe, dass ein Treuhänder beschenkt worden sei.
Der Anwalt des Beschuldigten, Valentin Landmann, sagte, für einen Schuldspruch seien noch zu viele Fragen offen. Sein Mandant sei ein «durch und durch integerer Geschäftsmann». In der Sache gehe es um ein Vieraugendelikt, es stehe Aussage gegen Aussage.
Es liege ihm fern, die Frau als schwer senil zu bezeichnen. «Aber vielleicht hatte sie Fehlerinnerungen? Das ist ein gängiges Phänomen», sagte Landmann. Er stellte die Frage in den Raum, ob die Frau letztlich nicht aus Schamgefühlen mit Exit aus dem Leben geschieden sei.
Die verstorbene Frau, die rund eine Million Franken «eiserne Reserve» zuhause hortete, hatte offenbar eine andere Auffassung, wie sich das abgespielt haben soll, sagte ein Richter und fragte den Beschuldigten: «Wieso sollte sie die Frau derart ans Messer liefern?» Es sei für ihn unerklärlich, wie sie auf die Idee gekommen sei, dass er gestohlen haben soll. Aber die Frau sei immer sehr misstrauisch gewesen und habe immer das Gefühl gehabt, sie werde bestohlen.
«Die Schenkung ist schlicht erfunden», sagte die Verteidigerin der Privatklägerschaft. Auch habe der Beschuldigte diese Geschichte erst eineinhalb Monate nach der Hausdurchsuchung aufgetischt. Auf die Mutmassungen zum Exit-Tod von Landmann sagte die Verteidigerin: «Das ist absurd, sie litt an einer Krebserkrankung.»
Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich eröffnet. (nib/sda)
Momol, der macht dem Ruf als FDPler und Treuhänder alle Ehre... 🤭😂
Traurig
Vermögenswerte einer Klientin ohne schriftlichen Auftrag, ohne Beleg und nicht in einem Safe im Büro, sondern im Weinkeller: Dessen Berufsethos ist zum Weinen und die Reuelosigkeit hoffentlich strafverschärfend.