Klimastreik hin oder her: Die Organisatoren der Eishockey-WM 2020 in der Schweiz (8. bis 24. Mai 2020) streichen aus «Kostengründen» die Gratis-Anreise per ÖV.
Die Fans müssen die Anreise an die Spielorte in Zürich und Lausanne selbst berappen. Bei der letzten WM in der Schweiz 2009 war dies noch anders. Damals konnte jeder Matchbesucher mit dem Ticket gratis mit der Bahn an die Spielorte in Bern oder Kloten fahren.
Der Entscheid der Organisatoren sorgt für Kritik: «In Zeiten, in denen zehntausende junge Menschen im Kampf gegen den Klimawandel auf die Strasse gehen, ist das ein absolutes No-Go», sagt Regula Rytz, Parteipräsidentin der Grünen.
Bei Grossveranstaltungen müsse es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Anreise im ÖV im Ticket inbegriffen sei. Für die Austragungsorte sei es inaktzepabel, dass die Veranstalter bei den Zuschauern bewusst mehr Anreisen mit dem Auto in Kauf nehmen.
Janos Kick, Mediensprecher des WM-OK, entgegnet: Erhebungen nach der WM 2009 sowie der Leichtathletik EM 2014, bei der eine Ticketintegration mit dem ÖV stattfand, hätten ergeben, dass die ÖV-Integration in die Tickets sich nur in beschränktem Masse als positiv erwies. 70% der Besucher von ausserhalb reisten mit dem öffentlichen Verkehr an – auch ohne Vergünstigung. Die beiden Austragungsorte seien zudem mit den SBB gut zu erreichen, da die Bahnhöfe Oerlikon und Prilly in Gehdistanz zu den Stadien liegen. Man werde kommunikativ darauf hinweisen, dass die Besucher den ÖV für die Anreise nutzen sollen. Zudem sei der ÖV in Lausanne für Besucher inbegriffen, die in einem Hotel oder Airbnb übernachteten.
Rytz hat kein Verständnis für den Entscheid der Organisatoren. Sie war bei der letzten Eishockey-WM in der Schweiz 2009, als der ÖV im Ticket mit inbegriffen war, als Mitglied der Stadtregierung für die Berner Verkehrsbetriebe Bernmobil zuständig. Sie erinnert sich: «Die ausländischen Fans waren begeistert vom Schweizer ÖV.» Für sie sei eine Reise in die Schweiz ohnehin schon teuer, umso wichtiger sei die Möglichkeit, mit dem Matchticket den ÖV benutzen zu können.
Das Preisargument des Organisationskomitees lässt Rytz nicht gelten. Der Aufschlag von zehn Franken relativiere sich bei Ticketpreisen von teilweise deutlich über 100 Franken. Und auch der Argumentation, wonach erstens viele Zuschauer bereits ein ÖV-Abo besitzen und zweitens diejenigen, die nicht im ÖV anreisten, die Tickets der anderen Zuschauer querfinanzieren, widerspricht die Berner Nationalrätin.
Bei einer Abgeltung der Verkehrsbetriebe durch die Veranstalter würden jeweils Kalkulationen herbeigezogen, welche diese Faktoren berücksichtigen. Da müsse eine für beide Seiten akzeptable Einigung möglich sein: «Dass das OK in Zeiten der Klimakrise als erstes beim ÖV sparen will, ist für mich unverständlich.»
Als Stichworte nennt Rytz neben den ökologischen Auswirkungen den Mehrverkehr auf der Strasse und die Parkplatzproblematik. Sie ist überzeugt: «Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Zürich und Lausanne sind gut beraten, das Gespräch mit den Veranstaltern zu suchen.»