Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung eines heute 64-jährigen Irakers und die Rückstufung in eine jährlich zu verlängernde Aufenthaltsbewilligung durch das Zürcher Migrationsamt war trotz der langandauernden Abhängigkeit von der Sozialhilfe des Mannes unverhältnismässig. Dies hat das Bundesgericht entschieden.
Zwar seien die Sprachkenntnisse des seit 1998 in der Schweiz lebenden Mannes unzureichend und es sei ihm nicht gelungen, ein wirtschaftlich unabhängiges Leben zu führen. Aufgrund des Alters des Betroffenen sei jedoch nicht mehr zu erwarten, dass er sich noch in den Arbeitsmarkt integrieren könne.
Anders liegt der Fall bei der ebenfalls aus dem Irak stammenden Ehefrau des Mannes. Das Bundesgericht hält in einem am Freitag veröffentlichten Urteil fest, es sei der heute 55-Jährigen möglich, eine Arbeit zu finden und so zu den Lebenshaltungskosten beizutragen.
Die Frau gelangte mit den sechs gemeinsamen Kindern im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz. Ihre Sprachkenntnisse sind laut den Ausführungen des Bundesgerichts bescheiden. Erst als das jüngste Kind 16 Jahre alt war, ging sie erstmals einer Teilzeitarbeit nach.
Während des Rückstufungs-Verfahrens gelang es der Frau zeitweise bis zu 90 Prozent zu arbeiten. Die Rückstufung sei somit geeignet, ihre Tätigkeit beizubehalten oder noch zu steigern, folgert das Bundesgericht daraus. Die gesundheitlichen Gründe, die die Frau gegen eine volle Erwerbstätigkeit vorbrachte, erachtet das Bundesgericht nicht als stichhaltig.
Seit 2019 können laut dem Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) Niederlassungsbewilligungen auch wegen mangelnder Integration widerrufen werden. Die Betroffenen werden zurückgestuft und erhalten eine jährlich zu verlängernde Aufenthaltsbewilligung, die an Auflagen gebunden ist.
Als Kriterien der Integration dienen nicht nur die Beachtung der Gesetze und der Bundesverfassung. Auch Sprachkenntnisse und die wirtschaftliche Unabhängigkeit dürfen von den Behörden berücksichtigt werden. (Urteil 2C_158/2021 vom 3.12.2021) (aeg/sda)