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Obergericht Zürich spricht Autolenker nach tödlichem Unfall frei

Obergericht Zürich spricht Autolenker nach tödlichem Unfall frei

02.04.2025, 17:00
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Das Zürcher Obergericht hat einen 50-jährigen Lieferwagenlenker zum zweiten Mal freigesprochen. Der Mann war an einem tödlichen Unfall im Hardwald in Bülach beteiligt. Eine hochschwangere Frau starb bei dem Unfall im Jahr 2017.

Bei dem schweren Unfall löste der Beschuldigte eine Kettenreaktion aus. Er fuhr in das Heck des vorausfahrenden Autos. Dieses prallte nach einer weiteren Kollision auf die andere Strassenseite, wo es von einem Lastwagen getroffen wurde. Die Beifahrerin des Autos starb. Der Beschuldigte wurde von der Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Das Zürcher Obergericht musste erneut prüfen, ob den 50-jährigen Beschuldigten eine Schuld für den Unfall trifft, wie dem am Mittwoch publizierten Urteil zu entnehmen ist. Das Obergericht wollte genauer wissen, ob er den Unfall möglicherweise hätte vermeiden können.

Der 50-Jährige gab an, kurz zur Seite geschaut zu haben, wo nach einem Unfall unter anderem ein Polizeiauto stand, und danach geblendet worden zu sein. Als er bemerkt habe, dass das Auto vor ihm stark abgebremst hatte, versuchte er auszuweichen und zu bremsen, prallte aber in das Heck.

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Zürcher Obergericht.Bild: watson

Blendung nicht voraussehbar

Auch wenn es durch die Ablenkung laut Gutachten eine Verzögerung von nur 0,5 bis 0,7 Sekunden bis zum Abbremsen gab, könnte die Sorgfaltspflichtverletzung eine Mitursache für den Unfall gewesen sein, fand das Obergericht.

Das Obergericht holte ein Ergänzungsgutachten ein. Dieses zeige, dass das Auto ohne Ablenkung deutlich langsamer unterwegs gewesen wäre. Doch seien Aussagen zu den Auswirkungen rein spekulativ. Das Auto hätte dennoch auf die andere Strassenseite geraten können.

Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann das Obergericht nicht erkennen. Eine indirekte Blendung habe der Lenker nicht voraussehen können. Der Blick nach rechts könne nicht als Alleinursache für das verzögerte Bremsen gelten. Dass er wegen der Verkehrssituation generell hätte langsamer fahren müssen, wurde dem Fahrer nicht vorgeworfen.

Das Urteil kann erneut ans Bundesgericht gezogen werden. (rbu/sda)

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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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RicoH
02.04.2025 20:16registriert Mai 2019
Man weiss mittlerweile, dass die Reaktionszeit bei einer Sekunde liegt. Das ASTRA schreibt daher: Abstand bedeutet Sicherheit. Wenden Sie als Minimum die Zwei-Sekunden-Regel an.
Warum das nicht in die Beurteilung einfliesst, ist mir ein Rätsel.
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Maragia
02.04.2025 18:22registriert April 2016
Also weil der Beschuldigte unkonzentriert/nicht auf den Verkehr fokussiert war und einen tödlichen Unfall verursacht wird er dennoch freigesprochen, weil er nicht voraussehen konnte dass er geblendet wird?
Da ist der doch massiv zu nahe dem Auto vor ihm gefahren. Mit 2-3 Sekunden Abstand würde so was nicht passieren, aber es waren wohl nur 2-3 Meter
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