Wenn er spricht, neigt sich sein Kopf leicht nach hinten und vorne raus kommt etwas, das die Menschheit nicht zwingend braucht. Wenn jemand anderes spricht, bleibt sein Mund offen, fast als versuche er, die Worte seines Gegenübers durch eben jene Körperöffnung aufzunehmen.
Und ständig bewegt sich sein Körper hin und her. Ein bisschen so wie eine Kobra, wenn sie mit einer Flöte aus ihrem Körbchen gelockt wird.
Und natürlich vernimmt er auch deren Klänge mit offenstehendem Mund.
Stillstand gibt's jedenfalls nicht bei Marcel, der vielleicht darum die Knopftrainerhosen aus den modeversierten Nullerjahren brutal in die Gegenwart zurückgezerrt hat, um, wenn sonst nichts läuft, einfach mal ein zwei von diesen seitlichen Druckbabys zu lösen und so ein bisschen seine stählernen Fitnesstrainer-Beine herzuzeigen. Oder gegebenenfalls auch zu lüften.
Schwer zu sagen, welche Absichten dieser Mann hegt. Ein Mann, der hinter jeden Satz «Verstehst du, was ich meine?» hängt. Vielleicht tut er das, weil er selbst schon allzu oft die zermürbende Erfahrung gemacht hat, die Aussagen anderer nicht so richtig erfassen zu können. Vielleicht ist die Welt für ihn ganz grundsätzlich ein grosses Fragezeichen. Und vielleicht ist er es auch für die Welt. Kein Wunder also, geht einem bei so viel Rätselhaftigkeit der Mund nicht mehr zu.
Das Phänomen Marcel aber erblasst schon fast etwas neben dem Phänomen Salvatore. Modetechnisch gesehen jetzt. Betrachten wir das ganze Spektakel etwas genauer ...
... Die Hacky-Sack-artige – da hat aber jemand noch hinter die Nullerjahre gegriffen! – Kopfbedeckung, jener traute Hauch Hippie, traut sich, sein malerisches Müsterchen ins Gesicht dieses Mannsbildes zu werfen, damit sein illustres Schattenspiel zu treiben, das sich auf der Brust dank verwegen weit ausgeschnittenem Tanktop in ewig schwarzer Tinte zu wiederholen weiss. Alles gehört hier zusammen, ist Teil des anderen, verschmilzt inniglich. Der Schatten wird zum Tattoo und das Tattoo zu Louis Vuitton. Wir werden Zeugen eines einzigartigen Zusammengehens, das Stil-, Marken- und Epochengrenzen leichtfüssig überwindet und alle daran hängenden Vorurteile in Grund und Boden stampft. Ein Festschmaus modischer Diversity, der durch seine fröhliche Verspieltheit nichts als Eintracht und Verbundenheit schafft.
Die einzige Enttäuschung ist, dass Salvatore trotz all seiner Grossartigkeit nicht den ganzen Bildschirm auszufüllen vermag. Dabei fehlt so wenig ...
Und, nun ja, die Sache mit dem Schwimmen war auch wenig erfreulich. Überhaupt ist die Schwimmleistung der «Bachelorette»-Kandidaten bei jeder Staffel desaströs und wird mit steigender Personal-Trainer-Quote nur immer noch desaströser.
So viele aufgeblähte Muskeln und kein einziger davon schafft es, seinen Träger ein paar Meter durchs Meer zu tragen.
«Schon 'ne harte Nummer, dieses Wasser jetzt», sagt Salvatore, noch bevor seine Zehe das kühle Nass berührt.
Den ganzen Tag verblödete Burpees machen, aber im Wasser dann absaufen wie ein Sack Steine. Und die, die sich ein paar Meter lang an der Oberfläche halten können, sehen dabei aus wie plumpe, vierschrötige Fleischberge, die sich in Zeitlupe und unerhört ungraziös an ihren Bojen hängend mit den bizarrsten Verrenkungen vorwärtszuschleppen versuchen. Vergeblich sucht man nach einem Kraul, nach einem winzigen Stück Würde. Alles, was man findet, sind «gfickti Körper».
Und während man diesem Trauerspiel beiwohnt, wird einem klar, dass die Sexyness von rettungsschwimmenden Menschen niemand mehr zurückholt, dass sie für immer in den 90ern bleiben wird. Wo die Bojen noch grösser waren als die Muskeln. Und Brusthaare sich ungehemmt im Meerwasser kräuselten ...
Doch Moment! Da haben wir die Rechnung aber ohne Phänomen Marcel gemacht! Denn das entpuppt sich als das, was David Hasselhoff noch am Nächsten kommt. Als zweitletzter Schwimmer wartet der selbsternannte «Poseidon, Gott des Meeres» nämlich einfach auf Schlusslicht Heinz, der durchaus auch ohne ihn ans Ziel gelangt wäre. Aber nur so konnte Phänomen Marcel seine beschämende Niederlage als heldenhafte Rettungsaktion verkaufen.
Yuri gewinnt. Yuri, den kein Zuviel an Bizeps am Schwimmen gehindert hat. Und als er von der strahlenden Yuliya empfangen wird, sagt der Bündner: «I bin aifach gschwumma.»
Und wie er das ist! Gar direkt ins Herz der Bachelorette! Denn nachdem er sie auf der nachfolgenden Yachtparty obendrauf noch ordentlich mit Sekt versorgt hat, will sie ihn sofort allein und hochromantisch daten.
Im Grunde ist es ziemlich einfach. Du kannst noch so um Yuliya herumtänzeln, sie massieren und anknabbern, ihr eine Herzchen-Kette schenken oder sie zur Titanic-(mit Betonung auf der ersten Silbe)Szene auf dem Bug des Schiffes nötigen; die Gewinner-Devise lautet: Gib ihr erstmal einen Drink.
Denn nur so erträgst du als Bachelorette diese überbordende Testosteron-Tunke, jene klebrige Männersauce, das kompromisslose Gemisch aus Hormonen und Säften, aus Axe-Deodorant, exorbitant stinkendem Parfum und eingetrockneten Badehoseninhalten, die sich loslösen und als winzige Bröcklein zwischen den tobenden Kandidatenbeinen herumwirbeln, während sich oben drüber allmählich ein Film aus Kokosnuss-Sonnenöl legt, der als Topping seine regenbogenfarbigen Schlieren hinausschickt in die vorgetäuschte Unendlichkeit des Pools.
Bevor du da als Yuliya auch nur eine Zehe reindippst, muss erstmal ein Wodka her.
Das muss vor Yuri auch schon Angelo gewusst haben – der Mann, der mit seinem stracksen Getränkeangebot das allererste Einzeldate bekommt.
Und auch das ist sehr gelungen und zuckersüss, beide sind mit dem riesenhaften Sushi überfordert, kleckern und lachen und haben Freude aneinander. Dann wird es kurz ernst, denn wie immer in dieser Sendung muss nun ein gewisser Charakterzug auf eine bestimmte Erfahrung zurückgeführt werden.
Im vorliegenden Fall haben wir also das Kinderheim plus eine gemobbte Trichterbrust in der Vergangenheit, was einen zurückhaltenden Angelo in der Gegenwart ergibt.
Und der gefällt Yuliya und uns. Was aber im Umkehrschluss nicht heissen soll, dass jedes Mobbingopfer automatisch zu einem sympathischen Menschen heranreift. Und auch nicht, dass Gemobbtwerden gut ist für den Charakter. Das würde ja geradezu den Mobbern in die Hände spielen! Eine gefährliche Argumentationslinie also, man darf es mit der kausalitäts-freudigen Bachelorette-Psychologie wirklich nicht zu weit treiben.
Jedenfalls ist da eine Menge Charakter im Angelo drin, ganz im Gegensatz, so schätzt das jedenfalls das Phänomen Marcel ein, zu Kevin – dem Kandidaten, der erst jetzt auftaucht und damit alle anderen nervt.
Der Gewinner der Auralosen aber ist in dieser Rosennacht der Urs. Der unglückselige Typ, der quasi aus der Limo raus direkt in irgendwelche gesundheitlichen Probleme hinein geraten ist, um danach sofort wieder heimzufliegen.
Köstlich die Beschreibung der Schwimmszenen 😂