Die Medienmitteilung trifft am Donnerstag um 15.31 Uhr ein: «Aufgrund akuter Sicherheitsbedenken hat die Kantonspolizei Aargau verfügt, dass bei der Begegnung FC Aarau – FC Zürich vom nächsten Samstag keine Gästefans zugelassen werden.» Die Nachricht verbreitet sich in der Fussballschweiz wie der Rauch von Pyros: flächendeckend, innert Sekunden. Wer jetzt die Verantwortlichen bei der Polizei, beim FCA oder beim FCZ anruft, erhält überall die gleiche Antwort: ein Besetzt-Zeichen.
Die Aufregung hat einen Grund: Was die Aargauer Polizei macht, ist eine Premiere. Noch nie verfügte eine Kantonspolizei direkt die Sperrung eines Fansektors auf Super-League-Niveau. Dies bestätigt Philipp Guggisberg, Sprecher der Swiss Football League.
Sektorsperrungen oder Geisterspiele ganz ohne Fans sind zwar nichts Neues – wurden bislang aber immer nur von der Liga selbst als disziplinarische Massnahme gegen einen Klub verfügt. Kommentieren will die Liga den Entscheid nicht. Guggisberg: «Wir haben ihn zur Kenntnis genommen.» Jedoch, gibt er zu bedenken, werde «die Kurzfristigkeit alle involvierten Parteien vor eine grosse Herausforderung stellen».
Rechtliche Grundlagen für die Aargauer Polizei sind das Polizeigesetz, das Hooligan-Konkordat sowie die Vollziehungsverordnung dazu. Sie besagen, dass die Kantonspolizei Bewilligungsbehörde für sämtliche Spiele ist. Polizeisprecher Bernhard Graser begründet den Entscheid: «Wir hoffen, dass wir so wüste Szenen wie in den vergangenen Wochen verhindern können.» Was er damit meint: Zuletzt fielen die Anhänger des FC Zürich auf, indem sie in Basel Pyros und Böller warfen, randalierten und mit ihrem notgebremsten Extrazug die SBB-Linie nach Zürich blockierten (siehe Text rechts).
Graser sagt, man habe Insiderinformationen, die «wirklich aufhorchen liessen, was für eine Gewaltbereitschaft bei den FCZ-Fans vorhanden ist». Die Analyse der jüngsten Vorkommnisse hätten zusammen mit Erfahrungen aus anderen Spielen im Brügglifeld zum Entscheid geführt. Gefällt wurde er von Kommandant Michael Leupold in Absprache mit Polizeidirektor Urs Hofmann (SP). «Wir sind uns bewusst: Das ist eine drastische Massnahme», sagt Sprecher Graser.
Man wolle damit ein Zeichen setzen: «So geht es nicht. Diesmal gehen wir nicht einfach wieder zum Alltag über.» Die Risikofans wolle man nicht, aber der «FCZ-Papi mit seinen Kindern wird wohl ein Plätzli finden im Stadion».
Beim FC Aarau stösst die Sperrung des Gästesektors «auf wenig Verständnis», wie Präsident Alfred Schmid sagt. «Bestraft werden jetzt die Falschen: der FCA und die normalen Fans aus Aarau und Zürich.» Er sei enttäuscht, dass 1 Prozent der Fans es so weit bringen könne.
Man habe damit gerechnet, dass das Polizeiaufgebot nach den jüngsten Ereignissen für Samstag angepasst werde und «alles unternommen, die Entscheidungsbehörden von diesem nun verfügten Vorgehen abzubringen». Brisant: Noch im Februar trat der FCA selbst gemeinsam mit Kanton und Polizei auf und kündigte schärfere Sicherheitsmassnahmen bei Heimspielen an. Schmid sagt, ob die Risikoeinschätzung der Polizei richtig sei, könne er nicht beurteilen. Er selbst hätte empfohlen, das Spiel «normal durchzuführen und bei Bedarf hart durchzugreifen».
Organisatorisch hat der FCA gestern Abend bereits reagiert. Sämtliche Tickets für den Gästesektor verlieren ihre Gültigkeit und können an die Verkaufsstelle zurückgebracht werden. In den Stehplatz-Heimsektoren werden keine Zuschauer mit optisch erkennbaren FC-Zürich-Fanartikeln zugelassen. «Dies gilt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche. Wir bitten die friedfertigen Fans des FC Zürich, dies nicht zu umgehen», schreibt der Klub in einer Stellungnahme. Saisonkarten behalten ihre Gültigkeit.
Laut Polizeisprecher Graser besteht dennoch die Möglichkeit, dass FCZ-Fans anreisen. «Wir bereiten uns vor. Es wird einen normalen Grosseinsatz geben.» Man wisse, dass der Entscheid für den FCA «nicht einfach» sei. «Aber für uns sind Leib und Leben wichtiger als kommerzielle Interessen.»