Während den ersten drei Tagen war die Welt in Malabo eine ruhige. Bloss vereinzelte Fussballfans auf den Strassen und Live-Übertragungen in den Restaurants deuteten darauf hin, dass der Afrika-Cup im Land gastiert. Aber am ersten Spieltag in der Hauptstadt ändert sich alles schlagartig.
Ich kämpfe seit zwei Tagen um eine Bewilligung, um auf den höchsten Berg der Insel Bioko (Pico Basilé, 3011 m) zu steigen. Gleichzeitig bin ich auch noch an einer «Foto-Genehmigung» dran. Damit könnte ich legal fotografieren (dazu in einem nächsten Artikel mehr). Beides klappt wohl kaum. Mit ein Grund dafür ist zum einen mein Reiseplan, der mich bald aufs Festland führt, zum anderen der erste Spieltag in Malabo (Anpfiff um 17 und um 20 Uhr).
Denn nach stundenlangem Warten eröffnet mir die Sekretärin im Tourismus-Büro: «Wir schliessen in einer halben Stunde. Heute ist Matchtag, da haben wir um 14 Uhr Feierabend.» Hm, da können selbst Schweizer Beamte nicht mithalten! In den drei Stunden bis zum Anpfiff könnten alle Mitarbeiter auf den wirklich hervorragenden Strassen noch genau zweimal um die ganze Insel fahren und sie würden – sofern sie sich den Kracher Guinea gegen die Elfenbeinküste wirklich zu Gemüte führen möchten – es rechtzeitig zum Spielbeginn nach Hause oder ins Stadion schaffen.
Nun gut. Ich mag's ihnen ja gönnen. Sie hatten es heute wirklich streng. Zumindest was ich so beobachten konnte. Zurück in der Stadt möchte ich im Supermarkt noch einige Dinge kaufen. Doch siehe da, als ich um 13.45 Uhr ankomme, sind die Türen verschlossen und auf der Notiz steht: «Aufgrund der Partie heute Abend schliessen wir um 14 Uhr.»
Der Supermarkt schliesst schon um 14 Uhr, weil am Abend Spiele in der Stadt stattfinden. Bild: watson
Dann hätte ich ja theoretisch noch 15 Minuten Zeit. Am Hintereingang erklärt mir der Mitarbeiter allerdings, dass 14 Uhr logischerweise nur für diejenigen gilt, welche schon drin sind. Rein kommt schon ab 13.30 Uhr keiner mehr. Denn: Heute sei bekanntlich Spieltag.
Obwohl ich ihm verspreche, dass er – vorausgesetzt, er lässt mich rein – noch nie jemanden so schnell wie mich am Getränkekühlschrank vorbei zur 20 Meter entfernten Kasse hat rennen sehen, verzichtet er unverständlicherweise auf diese einmalige Gelegenheit.
Ich denke mir, wenn schon so ein grosses Spiel ansteht und die Stadt eh still steht, dann nehme ich mir doch schon mal ein Taxi zum Stadion. Spätestens jetzt wird mir klar: Die meinen das alle total ernst damit, die Stadt lahm zu legen.
Kein Taxifahrer will mich zum Stadion fahren. «Stau und gesperrte Strassen», versichern sie mir. Einer lässt sich erweichen und fährt auf Schleichwegen wenigstens bis einen Kilometer an den Schauplatz heran.
Die ersten Fans treffen gut gelaunt im Stadion ein. Video: Watson
Tatsächlich drängen sich auf der Strasse schon Stunden vor dem Anpfiff farbenfrohe Fans aller vier heute im Einsatz stehenden Nationen. Es wird getanzt, getrötet (Vuvuzela ist nur der Vorname) und gesungen.
Mali-Anhänger tanzen sich Richtung Stadion in Malabo. Video: Watson
Das schmucke Kleinstadion mit 15'500 Plätzen füllt sich bis zum Ende der ersten Partie vollständig, im zweiten Spiel drängen sich gar weit mehr Leute ins Rund. Einige schätzen, dass bis zu 20'000 Fans drin sind. Und es ist mindestens so laut, wie wenn doppelt so viele Zuschauer anwesend wären.
Wirklich ohrenbetäubend wird es dann allerdings zwischen den Partien, als in voller Lautstärke Musik aus den Boxen dröhnt und alle dazu tanzen – einmalig! Und ich dachte bisher immer: Beim Afrika-Cup und bei GC-Heimspielen seien die Stadien immer leer. Ersteres muss ich womöglich revidieren.
Die Stimmung zwischen den beiden Partien kocht fast über. Video: Watson
» Diese Spiele sah unser Kollege in Malabo: Elfenbeinküste – Guinea 1:1 und Mali – Kamerun 1:1