Mia san Mia – darunter geht beim FC Bayern München gar nichts. Der Leitspruch des Rekordmeisters ist auch das eigene Selbstverständnis: «Uns kann keiner was.» Dieser eingepflanzte Sieger-Anspruch des Klubs wird derzeit aber auf eine harte Probe gestellt. Der sonst so verwöhnte FC Bayern wirkt auf dem Transfermarkt nämlich weniger wie ein Fuchs, sondern mehr wie eine Ente. Mittendrin: Sportdirektor Hasan Salihamidzic.
Nach monatelanger Suche nach einem Offensiv-Star und einem intensiven Flirt mit dem nun verletzten Leroy Sané stellte der FC Bayern am Mittwoch dann plötzlich Flügelspieler Ivan Perisic vor, der für ein Jahr von Inter Mailand ausgeliehen wurde. Der Jubel nach der wichtigen Verstärkung für den Flügel war bei Fans und Mitspielern aber eher verhalten. Perisic gilt als Notlösung, Bayern will noch mehr. Sogar Trainer Niko Kovac forderte noch während der Pressekonferenz nach weiterer Verstärkung für die dünn besetzte Offensive: «Es ist Fakt, dass wir noch etwas brauchen.»
Neuestes Gerücht: Angreifer Mario Mandzukic könnte vor einer Rückkehr zum FC Bayern stehen. Die Münchner wollen den 33-jährigen Stürmer von Juventus Turin laut «kicker» und «Gazzetta dello Sport» als Backup für Torschützenkönig Robert Lewandowski holen. Der Kroate gewann 2013 mit den Münchnern das historische Triple und soll rund zehn Millionen Euro kosten. Doch auch der in die Jahre gekommene Rückkehrer dürfte den Ansprüchen der Kritiker nicht genügen.
Ein weiterer Kritikpunkt: Seit ziemlich genau zwei Jahren arbeitet Hasan Salihamidzic als Sportdirektor bei den Bayern und seit einem Jahr wusste er, dass die überlebenswichtige Flügelzange aus Franck Ribéry und Arjen Robben wegfällt und er sie adäquat ersetzen muss. Trotz des prall gefüllten Festgeldkontos schaffte er es bisher nicht. Nun bleiben ihm bis zur Schliessung des Transferfensters am 2. September gerade einmal zwei Wochen.
Ärger macht sich besonders bei den Fans breit – und der richtet sich gegen Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Brazzo, wie der Ex-Profi des FC Bayern genannt wird, ist für die Transfers verantwortlich und steht unter Druck. Unter dem Hashtag #BrazzoOut prangern seit Tagen zahlreiche Bayern-Fans die Transfer-Politik des Klubs an: «Nichts gegen die Spieler Mandzukic und Perisic, aber für eine Mannschaft, die den Anspruch hat, zu den Besten der Welt zu gehören, vielleicht nicht gut genug», schrieb ein User.
Nichts gegen die Spieler #Mandzukic und #Perisic, aber für eine Mannschaft, die den Anspruch hat zu den Besten der Welt zu gehören, vielleicht nicht gut genug. Wie übrigens auch der Trainer, der ordentlich verwaltet, aber sicher keinen Spieler besser macht. #BrazzoOut #FCBayern
— AJ (@KahawaiBeach) August 15, 2019
Wäre die Suche nicht schon schwer genug, muss sich Salihamidzic auch noch Kritik über seine Arbeitsweise anhören. Zuletzt machten Medienberichte die Runde, die ihn nicht so gut aussehen lassen.
Nachdem Salihamidzic und die Bayern im Werben um Leroy Sané durch öffentliche Statements und forsche Ansagen den Transfer noch erschwerten, sollen die Sané-Alternativen eher durch Untätigkeit der Bayern verprellt worden sein.
So soll Salihamidzic zwar Kontakt zu vielen Spielern gehabt, jedoch nicht wirklich um sie gekämpft haben. Beispiel Hakim Ziyech: Der in der vergangenen Saison so stark aufspielende Rechtsaussen von Ajax Amsterdam bestätigte das Interesse des FC Bayern in einem Interview mit dem «Algemeen Dagblad». Der FC Bayern hätte demnach aber zu lange gezögert und Ziyech wollte Klarheit. Der Spieler selbst hatte wohl Lust auf die Bayern. Auf die Frage, ob die Münchner nicht aktiv genug gewesen seien, erklärte der Marokkaner: «In der Tat.» Der 26-Jährige wartete vergebens und verlängerte seinen Vertrag bei Ajax.
Der FC Bayern warb auch um Nationalspieler Timo Werner und PSV-Eindhoven-Senkrechtstarter Steven Bergwijn – doch laut «Bild» warteten die Spieler ebenfalls vergeblich auf einen letzten Anruf von Salihamidzic. Das Wissen, beim FC Bayern nur Plan B für Leroy Sané zu sein, nutzten viele Spieler wie Ziyech aber zu ihren Gunsten aus.
Die Bayern mutierten nämlich ungewollt zu einem wichtigen Player in dieser Transferphase. Zwar konnten die Bayern oft keine eigenen Vertragsabschlüsse vermelden, doch sie verhalfen vielen Spielern zu neuen Verträgen.
So etwa auch bei Bayerns Wunschspieler Callum Hudson-Odoi vom FC Chelsea London. Dort machte der FC Bayern vor Monaten aber nicht den Fehler zu halbherzig zu agieren, sondern eher zu forsch vorgegangen zu sein, berichtet die «Sport Bild». Nachdem die Münchner so intensiv um den 18-Jährigen geworben hatten, schob Chelsea dem Wechsel einen Riegel vor. Dem Klub wurde wohl auch erst durch die Avancen der Bayern klar, welches Juwel sie da ausgebildet hatten: Hudson-Odoi bekam nach mehrmonatigen Verhandlungen einen neuen Vertrag und stieg vom Nachwuchsspieler zu einem der Spitzenverdiener auf.
Auch Steven Bergwijn soll derzeit mit der PSV um eine Vertragsverlängerung verhandeln. Dani Olmo soll ebenfalls das Bayern-Interesse nutzen, um mit Dinamo Zagreb über einen Vertrag zu besseren Konditionen zu pokern, vermeldete die «Bild». Bei Leroy Sané ist auch eine Vertragsverlängerung im Gespräch.
Wenn der Rekordmeister heute gegen Hertha BSC in die 57. Bundesliga-Saison startet, hat das Team des FC Bayern 34 Spieltage lang Zeit, um die Meisterschaft und somit das Minimalziel zu erreichen. Hasan Salihamidzic hat wiederum nur Zeit bis zum 2. September, um sich an seinen Leistungen messen zu lassen.