Vladimir Petkovic schritt auf den Rasen, schüttelte jedem seiner Spieler die Hand, gratulierte. Der Nationaltrainer durfte zufrieden sein mit dem 2:0 zum Auftakt der EM-Qualifikation. Er hatte in Georgien soeben eine Schweizer Mannschaft in der zweiten Halbzeit gesehen, wie er sie will.
Eine Mannschaft, die jede Aufgabe ernst nimmt, und sei sie noch so undankbar. Und die mit der richtigen Einstellung auf den Platz geht. Seine Spieler lieferten abermals den Tatbeweis, wie sie mit der Favoritenrolle gegen Aussenseiter umgehen.
Sie bleiben stets ruhig, geduldig, engagiert und konzentriert. Zudem agieren sie mit der nötigen Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor. Auch in Tiflis, vor 54000 teils enthusiastischen Zuschauern.
«Entscheidend war, dass wir in der zweiten Hälfte schneller waren, die Tiefe gesucht haben und viel mehr Bewegung in unserem Spiel war», sagte Petkovic. Dass sein Team zweimal zuschlagen konnte, war auch sein Verdienst.
Wieder einmal hatte er den richtigen Einfall, wie man einen bissigen Gegner abschüttelt – mit der Dreierkette. Petkovic liess sie nach der Pause spielen, notabene ist es das System, mit dem die Schweizer im vergangenen November Belgien überfuhren.
Die Steigerung gegen Georgien in der zweiten Halbzeit war offensichtlich, aber sie war auch bitter nötig. Die Führung brachte schliesslich ein Angriff wie aus dem Lehrbuch. Am Ursprung stand in der 57. Minute Fabian Schär mit seiner gewohnten Spieleröffnung, dem weiten, raumöffnenden Ball auf die Stürmer.
Breel Embolo legte im Sechzehnmeterraum auf Steven Zuber auf, der flach und überlegt in die entfernte Torecke traf. Danach hatten die Schweizer mehrfach Möglichkeiten für die definitive Siegsicherung, doch Embolo und der für Mario Gavranovic eingewechselte Albian Ajeti oder Remo Freuler liessen sie aus. Nicht so Denis Zakaria in der 80. Minute, der mit einem Nachschuss sein zweites Länderspieltor erzielte.
Nur: Auch vor dem alles entscheidenden 2:0 mussten die Schweizer nie wirklich zittern. Dafür war zu offensichtlich, dass die Georgier eben doch sehr limitiert sind. Und trotzdem war es lange die erwartet unangenehme Aufgabe gewesen im tiefen Osten Europas.
Insbesondere in der ersten Halbzeit sah man praktisch nie, dass der Gastgeber in der Fifa-Welt nur Nummer 91 ist und damit 83 Plätze hinter der Schweiz liegt. Vielmehr besass er kurz vor dem Pausenpfiff bis dahin sogar die beste Chance nach einem Konter, als Waleri Kasaischwili freistehend aus zwölf Metern Distanz zum Schuss kam – und genau in die Arme von Yann Sommer schoss.
Es blieb der einzige Schreckensmoment, zählt man Schärs Zusammenprall nach einem Kopfballduell mit Jemal Tabidse nicht dazu; Schär, der ein gutes Spiel zeigte, blieb minutenlang benommen am Boden liegen und musste gepflegt werden.
Dennoch war es ein Rätsel, weshalb die Schweizer zu Beginn ihre liebe Mühe hatten, in die Partie zu finden. Und weswegen die Schweizer gar ein wenig nervös wirkten. Sie spielten zwar nicht wirklich schlecht, aber es fehlten die zündenden Ideen und die Präzision.
Und es mangelte an den Überraschungsmomenten gegen einen Widersacher, der letztmals ein Pflichtspiel im Oktober 2017 verloren hatte. Vielleicht, weil Xherdan Shaqiri verletzt fehlte und die Laufwege von Seferovic-Ersatz Gavranovic andere sind.
Noch spät am Abend flogen die Schweizer von Tiflis zurück nach Basel. Die Ankunftszeit war nach Mitternacht, doch der Flug war deutlich angenehmer mit den drei Punkten im Gepäck. Und der Zuversicht, den Kontostand in der Gruppe D gegen die Dänen am Dienstag weiter zu erhöhen. Wie sagte Petkovic? «Positives bringt noch mehr Positives.»
Insofern nach Systemwechsel eine solide Leistung und ein souveräner Sieg.
Ich wünschte mir aber einen direkteren Spielaufbau und mehr Risikobereitschaft im Abschluss.