Wie oft wurde das Schwergewichtsboxen schon tot gesagt? Es lebt immer noch. Aber nicht mehr mit der Intensität früherer Jahre. Aus dem Jungspund, der mit der Zeit ein reifer Mann wurde, ist mittlerweile ein Rentner geworden. Nichts zeigt dies besser auf als der Blick auf die unabhängigen Weltranglisten, die Wladimir Klitschko auf Rang 1 führen – einen 38-Jährigen.
Zehn Jahre sind seit der letzten Niederlage von «Dr. Steelhammer» schon vergangen. Seit ihn der Amerikaner Lamon Brewster am 10. April 2004 im Mandalay Bay Hotel in Las Vegas mit technischem Knockout besiegt hat, verliess der Ukrainer den Ring nur noch als Sieger. Seit 2006 ist er Weltmeister. Seine eindrückliche Bilanz weist in 64 Kämpfen 61 Siege auf, davon 52 durch Knockout.
Soweit die Lobeshymnen, die auch berechtigt sind. Denn Klitschko kann nur teilweise etwas dafür, dass der Boxsport zunehmend langweiliger wird. Dass es auf der ganzen Welt keinen Gegner zu geben scheint, der ihm das Wasser reichen kann, liegt nicht an ihm.
Es gab im vergangenen Jahrzehnt nur einen Schwergewichtsboxer, der auf Augenhöhe war: Witali Klitschko. Was wäre das für ein Kampf gewesen! Witali gegen Wladimir, Bruder gegen Bruder, wie bei Kain und Abel in der Bibel! Der Hype um diesen WM-Kampf wäre riesig geworden; das Verständnis für die Entscheidung der Brüder, nicht gegeneinander zu kämpfen, ist aber ebenso gross.
Ein Amerikaner also war der letzte Boxer, der Wladimir Klitschko besiegte. Brewster ist längst Geschichte und mit ihm, so dünkt es, alle seine Landsmänner in der Königsklasse des Boxens. Wo sind die Nachfolger von Muhammad Ali, Mike Tyson und George Foreman? Im anerkannten Ranking BoxRec tauchen an sechster und siebter Stelle die ersten US-Boxer auf, Chris Arreola und Deontay Wilder.
Erster Herausforderer Klitschkos ist der Rangliste zufolge heisst Kubrat Pulew. Der Bulgare ist 32-jährig und hat einen eindrücklichen Rekord von 20 Siegen in 20 Kämpfen (11 Knockouts).
Der nächste Gegner des Ukrainers, in zwei Wochen in Oberhausen, gehört dagegen eher in die Kategorie «Fallobst». Der Australier Alex «Lionheart» Leapai ist die Nummer 26 des Rankings, hat eine Bilanz von 30 Siegen, 3 Unentschieden und 4 Niederlagen. Der Niedergang des Schwergewichtsboxen lässt sich mit solchen Kämpfen gewiss nicht aufhalten.