In der Halbzeitpause der Partie zwischen dem VfL Wolfsburg und dem abstiegsbedrohten Hamburger SV kommt es zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen den beiden HSV-Leitwölfen Johan Djourou und Valon Behrami. Djourou kritisiert Behramis taktisches Verhalten im Spiel, er wünscht sich mehr Unterstützung seines Teamkollegen und des restlichen Mittelfelds in den Kopfball-Duellen gegen den grossgewachsenen Wolfsburg-Stürmer Bas Dost.
Behrami goutiert die Kritik überhaupt nicht und schubst Djourou in der Kabine weg. Dann soll es zu einer Prügelei zwischen den beiden Nati-Kollegen gekommen sein. Die «Bild»-Zeitung will wissen, dass die Streithähne dabei sogar zu Boden gehen «und auch dort noch weiter aufeinander einprügeln». Beim Zoff sollen auch Stollenschuhe durch die Kabine geflogen sein.
Nach der Pause kommen Djourou und Behrami wieder auf den Platz zurück und spielen – wie wenn nichts gewesen wäre – weiter. Die Talfahrt geht aber auch nach dem Rencontre weiter. Djourou fliegt in der 88. Minute mit zwei Gelben Karten innert drei Minuten vom Platz und der HSV purzelt nach der 0:2-Niederlage auf den letzten Tabellenrang.
Die beiden müssen mit einer saftigen Geldbusse rechnen, suspendiert oder vom Trainingsbetrieb ausgeschlossen werden sie jedoch nicht. «Wir brauchen Emotionen. Aber das war des Guten zu viel», sagt HSV-Vorstandsvorsitzender Dietmar Beiersdorfer. «Schlimm wäre es, wenn alle nur auf den Boden schauen. Es war eine emotionale Auseinandersetzung. Es wurde besprochen. Es ist geregelt. Wer Disziplin bricht, muss bestraft werden. Darum werden auch beide mit einer Geldstrafe belegt.»
Etwas anders sieht Trainer Peter Knäbel den Vorfall. Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» bestreitet er, dass Djorou und Behrami auf dem Boden lagen. «Nein! Nein! Das doch nicht. Es wird mehr daraus gemacht, als es ist. Es war einfach ein intensiver Streit zwischen zwei Kollegen, die nicht absteigen wollen.» Knäbel räumt dann aber doch ein, dass die Situation hätte eskalieren können. «Es kam aber nicht so weit, weil andere Spieler frühzeitig intervenierten.» Djourou und Behrami hätten die Konfrontation überstanden, ohne dass der eine ein Veilchen und der andere eine blutige Faust hatte.
Der Streit zwischen Djourou und Behrami versinnbildlicht die katastrophale Lage, in der sich der HSV befindet. Die Kabinenschlägerei zwischen zwei designierten Leitwölfen ist neben den katastrophalen Leistungen auf dem Platz der neuste Tiefpunkt.
Mittlerweile ist wohl jedem Zuschauer klar, dass es mit dem Klima beim HSV nicht zum Besten steht. Die Uneinigkeit darüber, wie die völlig verunsicherte Mannschaft dem Abstieg noch entfliehen will, ist offensichtlich eklatant. Dass der Kabinenzoff wie ein Weckruf wirken könnte, das kann sich keiner so richtig vorstellen.
Die nächsten beiden Länderspiele steigen erst in zwei Monaten (am 10. Juni gegen Liechtenstein und am 14. Juni gegen Litauen). Bis dahin haben Djourou und Behrami genug Zeit, die Situation zu klären. Schwelt der Konflikt dann noch immer, gibt es genügend Parteien, die schlichten könnten.
Trainer Vladimir Petkovic sollte als ehemaliger Sozialarbeiter viel Feingefühl haben und Captain Gökhan Inler hat bislang ein gutes Händchen beim Aufbau des Mannschaftsgeists bewiesen. Hinzu kommt, dass die Zeiten, als die Nati in zwei Lager (Deutsch- und Westschweizer) gespalten war, längst vorbei sind.