Der FC Basel will zum zweiten Mal in seiner Klub-Geschichte in den Achtelfinal der Königsklasse einziehen. Nach den Siegen gegen Liverpool (1:0) und Ludogorez Rasgrad (3:0) braucht das Team von Trainer Paulo Sousa dazu mindestens ein Remis im letzten Gruppenspiel gegen den FC Liverpool. Eine machbare, aber schwierige Aufgabe.
Der FC Basel reist ohne Druck nach Liverpool. Das europäische Überwintern ist den «Bebbi» vor dem letzten Gruppenspiel kaum mehr zu nehmen. Nur wenn der FCB gegen die «Reds» verliert und Rasgrad bei Real Madrid gewinnt, verpasst der Schweizer Meister die K.o.-Runde der Europa League.
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— FC Basel 1893 (@FC_Basel) 8. Dezember 2014
Aber daran denkt vor dem «Final» an der Anfield Road ohnehin niemand. Mit einem Remis hat der FCB die Chance, zum zweiten Mal nach 2011/12 in die Achtelfinals der Champions League vorzustossen. Es ist dieselbe Ausgangslage wie vor einem Jahr, als man auf Schalke schliesslich 0:2 verlor. Doch genau diese Erfahrung könnte für Basel diesmal den Unterschied ausmachen.
Chelsea, Tottenham, Manchester United und Liverpool – der FCB hat sie alle geschlagen. Vor allem gegen englische Team weist der Schweizer Serienmeister seit 2011 eine fast schon unheimlich starke Bilanz auf: 9 Spiele, 4 Siege, 3 Unentschieden, 2 Niederlagen (beide im EL-Halbfinal 2013 gegen Chelsea).
Bei den Spieler hat sich diese Bilanz längst im Kopf verankert. «Uns liegen englische Teams», sagt Captain Marco Streller. «Wir treten mit breiter Brust dort an.» Und Mathias Delgado gibt die Richtung vor: «Daran glauben, immer daran glauben.»
Der FCB fand den Tritt in der neuen Saison im Sommer nicht sofort. Der Schuldige war schnell gefunden: Trainer Paulo Sousa und sein nicht durchschaubares Rotationssystem. Mittlerweile sind die Zweifel an der Arbeit des Portugiesen längst weg: Sousa hat den FCB stabilisiert und in eine taktisch hervorragend organisierte Mannschaft verwandelt.
Den Turnaround belegen auch die Zahlen. Seit dem 1. November haben die Basler in sechs Spielen nur noch zwei Tore kassiert: Einen Penalty-Treffer beim 2:1-Sieg gegen den FCZ im Spitzenkampf und ein Cristiano-Ronaldo-Tor bei der 0:1-Heimniederlage in der Champions League gegen Real Madrid.
Fünfmal in Serie hat der FCB zuletzt in der Super League gewonnen. Nur in der Champions League mussten sich die Basler seit dem 1:2 gegen den FC St. Gallen vom 4. Oktober noch einmal geschlagen. Doch selbst nach der 0:1-Niederlage gegen Real Madrid wurden die Basler mit Lob überschüttet – und zwar von höchster Stelle.
Real-Trainer Carlo Ancelotti sagte nach der Partie: «Das Team spielt mit so viel Herzblut und sie haben uns insbesondere in der zweiten Hälfte stark unter Druck gesetzt.» Einen Tipp für den Ausgang in der Gruppe gab er damals ebenfalls ab: «Basel spielt derzeit viel besser als Liverpool. Daher sehe ich sie für das Spiel in zwei Wochen klar im Vorteil.»
Zwar hat Liverpool in der aktuellen Saison kein Kader von Weltklasse-Format, aber immer noch viele herausragende Spieler in seinen Reihen: Routinier Steven Gerrard, der wieselflinke Raheem Sterling, der technisch versierte Philippe Coutinho, der kopfballstarke Dejan Lovren sowie die derzeit verletzten Torjäger Mario Balotelli und Daniel Sturridge könnten eine Partie eigentlich im Alleingang entscheiden. Zuletzt ist dies Gerrard beim 3:1 gegen Leicester eindrucksvoll geglückt.
Der Marktwert des kompletten Kaders liegt bei 331,5 Millionen Euro und ist damit fast sieben Mal höher wie derjenige des FC Basel (48,6 Millionen Euro. Doch Geld schiesst keine Tore. Und genau das ist das Problem der «Reds». Seit dem Abgang von Luis Suarez zum FC Barcelona ist die Offensiv-Abteilung nur noch Mittelmass. Der FCB ist dennoch gewarnt: «Es ist noch immer Liverpool», sagt Marco Streller.
15 Punkte Rückstand auf Leader Chelsea, Zwischenrang 9 in der Premier League: So hat man sich die neue Saison nach dem knapp verpassten Meistertitel im Frühjahr beim anspruchsvollen FC Liverpool sicher nicht vorgestellt. Doch nun ergibt sich die unverhoffte Chance auf die grosse Kehrtwende
Die Achtelfinal-Qualifikation in der Königsklasse als grosser Befreiungsschlag! Mit einem Sieg gegen den FC Basel kann das Team von Brendan Rodgers die verkorkste Hinrunde auf einen Schlag vergessen machen und wieder neuen Mut fassen. West Ham auf Champions-League-Rang 3 der Premier League liegt dann plötzlich wieder «nur noch sechs», statt «unaufholbare sechs» Punkte vor den «Reds».
Schon vor dem Spiel erstarren die Gegner des FC Liverpool meist zum ersten Mal in Ehrfurcht. Wenn die 43'521 Zuschauer an der ausverkauften Anfield Road «You'll never walk alone» singen, läuft es jedem kalt den Rücken runter. Auch während des Spiels ist die Atmosphäre speziell: die Nähe der Zuschauer zum Rasen, die lauten Sprechchöre von «The Kop» und die aufbrausenden englischen Fans fahren durch Mark und Bein.
Vor allem zu Beginn des Spiels wird Liverpool versuchen, den Schwung des Publikums mitzunehmen. «Sie werden kommen wie die Feuerwehr», vermutet Marco Streller. «Es dürfte laut werden, da gilt es dagegenzuhalten.» Zum Glück ist sich der FCB aus dem eigenen Stadion Ähnliches gewohnt.
In der Saison 2004/05 hat Liverpool zum letzten Mal die Champions League gewonnen. Das Wunder im Final gegen die AC Milan (3:3, 3:2 n.P.) war aber nur möglich, weil die Reds bereits im letzten Gruppenspiel gegen Olympiakos Piräus das Unmögliche möglich machten.
Wie nun gegen Basel brauchte Liverpool, das damals in der Meisterschaft ebenfalls schon abgehängt war, einen Sieg, um sich für die Achtelfinals zu qualifizieren. Bis kurz vor Schluss stand es 1:1, dann folgte der grosse Auftritt des damals 24-jährigen Steven Gerrard. Die lebende Klublegende buchte ein herrliches Tor zum 3:1-Erfolg und wurde zum Inbegriff für Kampfkraft und Willensstärke.
Gerrard ist auch diesmal der grosse Hoffnungsträger. Und die Parallelen zu damals lassen die Engländer träumen – von der Wiederholung der Ereignisse und vom Geist von Olympiakos.