Verkehrte Welt in Lille: Nicht Roger Federer ist nach dem ersten Tag des Davis-Cup-Finals der Held der Schweizer Fans, sondern Stan Wawrinka. Der Romand holte im ersten Einzel gegen Jo-Wilfried Tsonga dank einer grandiosen Leistung den ersten Punkt, während der an Rückenproblemen leidende Roger Federer danach gegen Gaël Monfils sang- und klanglos unterging.
1:1 steht es nach den ersten beiden Einzeln. Alles noch im Lot, könnte man also meinen. Doch den Schweizern stellen sich nach diesem verrückten ersten Tag und vor dem vielleicht vorentscheidenden Doppel mehr Fragen, als ihnen lieb sein können.
Wer soll überhaupt antreten? Marco Chiudinelli und Michael Lammer wie an der Auslosung angekündigt? Oder doch Wawrinka und Federer? Aber wie fit ist Federer? Braucht er nochmals Spielpraxis, um am Sonntag gegen Tsonga wieder brillieren zu können? Oder schont man ihn vielleicht doch besser?
Federer zog nach dem ersten Tag ein positives Fazit. «Ich konnte mein Einzel schmerzfrei bestreiten. Das Positive überwiegt nach dem ersten Tag auf jeden Fall», sagte die Schweizer Nummer 1. «Ich denke, ich werde mich im Verlauf des Wochenendes steigern können. Und ich erwarte auch viel mehr von mir. Wir wissen jetzt, wo wir stehen. Und ich freue mich auf das, was jetzt kommt. Denn jetzt erst wird dieser Final erst richtig interessant.»
War sein Einzel also nur eine Trainingseinheit, um für den Rest des Finals in Form zu kommen? Sicher nicht, aber die Niederlage wurde wohl mit dieser Möglichkeit vor Augen in Kauf genommen. Sie schmerzt die Schweizer offenbar nicht allzu sehr. Wir sind zufrieden mit dem 1:1», sagte Federer. «Ich werde jetzt versuchen, mich von Stans Energie mitreissen zu lassen.»
Federer erklärte nach der Klatsche gegen Monfils zur Überraschung aller Anwesenden auch ganz offen, dass er im Doppel gerne antreten würde. «Ich bin bereit, an diesem Wochenende alles für die Mannschaft zu geben. Ich stelle mich auf jeden Fall auch fürs Doppel zur Verfügung», so der Baselbieter.
Auch Wawrinka würde nach seiner Gala-Vorstellung gegen Tsonga gerne im Doppel spielen. «Ich fühle mich ausgezeichnet. Es bereitet mir keinerlei Probleme, an allen drei Tagen zu spielen», erklärte Wawrinka. Ist die Entscheidung also schon zu Gunsten des Olympiasieger-Duos von 2008 gefallen?
Team-Captain Severin Lüthi wiegelt ab. «Es ist schwierig, jetzt schon zu sagen, was das Beste ist», sagte er an der Pressekonferenz am Freitagabend. Wir werden uns jetzt zusammensitzen und dann eine Entscheidung treffen.» Keinen Hehl machte Lüthi daraus, dass er die Paarung noch am Abend bestimmen werde: «Jeder soll beim Ins-Bett-Gehen wissen, ob er spielt oder nicht.»
Das Doppel hat im Davis Cup schon oft den Ausschlag über Sieg und Niederlage gegeben. Der Schweiz könnte zum Verhängnis werden, dass sie über kein eingespieltes Duo verfügt. In der Weltgruppe wurden bloss zwei der letzten zwölf Doppel gewonnen. Marco Chiudinelli/Michael Lammer siegten in diesem Jahr auswärts in Serbien in der 1. Runde und Michael Lammer/Stan Wawrinka gegen Ecuador im Playoff 2013. Das Duo Roger Federer/Stan Wawrinka, das 2008 in Peking Olympiagold gewann, verlor zuletzt viermal hintereinander im Davis Cup.
Momentan deutet trotzdem vieles daraufhin, dass «Fedrinka» die heutige Partie zusammen bestreiten werden. Eine Stunde vor Spielbeginn (15.30 Uhr) gibt es schliesslich Gewissheit. Bis dann muss Lüthi melden, welches Duo er ins Rennen schickt.