Nach dem 5:3-Sieg im Halbfinal in Bern sagte ZSC-Lions-Coach Marc Crawford einen bemerkenswerten Satz: «Ich habe es den Spielern überlassen, wie ernst sie den Cup nehmen.» Die Aussage illustriert trefflich, dass die Bedeutung des vor zwei Jahren reaktivierten Schweizer Cups noch nicht überall eine respektable Höhe erreicht hat.
Crawfords Team allerdings – ob aus schierer Klasse oder echter Begeisterung – liess nichts anbrennen und qualifizierte sich ziemlich souverän für den zweiten Cupfinal der Neuzeit. Für den Wettbewerb ist dies ein Glücksfall. Nach dem SC Bern vor einem Jahr steht erneut eines der hiesigen Schwergewichte im Final – und noch dazu gegen einen Vertreter aus der Romandie.
Die ZSC Lions haben den Schweizer Cup noch unter dem alten Namen Zürcher Schlittschuhclub 1960 und 1961 (beide Male gegen Visp) bereits zweimal gewonnen. Für Lausanne wäre es der erste nationale Titel, für die Westschweiz der erste seit dem letzten Meistertitel der Dynastie aus La Chaux-de-Fonds vor 43 Jahren.
Die Begeisterung in Lausanne hielt sich bislang in engen Grenzen. Im Achtelfinal gegen Fribourg-Gottéron (2:1) kamen 1868 Zuschauer, im Halbfinal gegen den Vorjahres-Finalisten Kloten Flyers (4:3) 2970. Zum Vergleich: In der Meisterschaft liegt der Minusrekord in dieser Saison bei 5544 Zuschauern (am 19. September gegen Kloten), in 21 von 23 Heimspielen kamen über 6000 Fans. Heute Abend aber wird die Patinoire de Malley ausverkauft sein.
Dennoch hat der Cupfinal für beide Teams nicht Priorität. Vor allem Lausanne steht vor wegweisenden Wochen. Einerseits geht es um die dritte Playoff-Qualifikation in Folge seit dem Wiederaufstieg in die NLA. So war der souveräne Erfolg am Sonntag gegen Biel weniger die Cupfinal-Hauptprobe als ein wichtiger Schritt Richtung Playoffs.
Zum andern müssen Mehrheitsaktionär Hugh Quennec und der Verwaltungsrat des LHC eine Lösung für die Besitzverhältnisse des Klubs finden, der eine stabile Zukunft garantiert. Aufgrund der Verschärfung der Bestimmungen durch die Liga muss Quennec, dem auch Genève-Servette gehört, seine Beteiligung an Lausanne abgeben.
«Der Zeitpunkt ist nicht ideal für uns», gibt Lausannes Coach Heinz Ehlers zu. «Aber die Spieler werden alles geben, vor allem vor heimischem Publikum.» In den Runden zuvor sei der Fokus nicht immer maximal gewesen.
Auch für die ZSC Lions liegt der Fokus auf der Meisterschaft. Einerseits ist der Qualifikationssieg noch nicht gesichert, anderseits liessen die Leistungen zuletzt zu wünschen übrig. Von Arroganz sprach Löwen-Captain Mathias Seger nach der Niederlage am Samstag bei Schlusslicht Biel. Er hatte das Gefühl, seine Teamkollegen aufrütteln zu müssen und dem Starensemble eine seriösere Arbeitseinstellung nahezulegen. Sonst könnte es in den Playoffs, wenn die Intensität höher wird, ein böses Erwachen geben.
Fabrice Herzog von den ZSC Lions wird wegen eines Stockendstichs gegen Marco Maurer vom EHC Biel für ein Pflichtspiel (Cupfinal) gesperrt.
— ZSC Lions (@zsclions) 2. Februar 2016
Da kommt ein Cupfinal als Motivation vielleicht gerade recht. Ein Spektakel dürfen die Zuschauer im Stadion und vor den TV-Schirmen allerdings nicht erwarten. Tore waren in den Partien der beiden Kontrahenten zuletzt ausgesprochene Mangelware.
Im letzten Duell vor knapp drei Wochen gab es mit vier Toren fast schon ein Schützenfest, Lausanne gewann das fällige Penaltyschiessen. In den zehn Spielen davor gab es jeweils ein 1:0, 2:0 oder 2:1. Deshalb ist ein Kampf im Playoff-Stil zu erwarten. Und da wird auch Löwen-Dompteur Crawford mit ganzem Einsatz dabei sein. (pre/sda)