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Warum Ambri den nächsten Dominik Kubalik gefunden hat

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Warum Ambri den nächsten Dominik Kubalik gefunden hat

Finnlands bester Torschütze wechselt nach Ambri und nicht zu einem «Grossen». Gute Ausländer sind eben nicht nur eine Frage des Geldes. Ambris Sportchef Paolo Duca zeigt, was gute Beziehungen, gutes Scouting, ein guter Trainer und ein guter Ruf ausmachen können.
04.07.2020, 07:0304.07.2020, 12:37
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Julius Nättinen, der beste Torschütze der höchsten finnischen Liga, stürmt nächste Saison nicht für den SC Bern, Lausanne, Lugano, Zug oder die ZSC Lions. Sondern für Ambri. Wie kann das sein?

Der SC Bern ist zwar ein «Grosser» und Titelverteidiger. Aber das Unternehmen steckt in einer Spar- und Erneuerungsphase und hätte ähnlich gute Argumente wie Ambri gehabt. Wer böse ist und Polemik mag, der sagt deshalb: das miserable SCB-Scouting hat den 23-jährigen Finnen wahrscheinlich übersehen oder die Sportabteilung wusste womöglich gar nicht um dessen Qualitäten oder ist in den Verhandlungen zu wenig überzeugend aufgetreten.

Das ist wahrlich polemisch und dafür sei schon mal ein «Sorry», das von Herzen kommt. Sobald der Meister die Verpflichtung eines ähnlich hochkarätigen Ausländers vermeldet, werden wir uns selbstverständlich entschuldigen und sagen: neue sportliche Führung, neuer Trainer, neue Ausländer, neues Glück, neue Ära, neuer Ruhm.

Aber warum nicht zu den von Sven Leuenberger sportlich exzellent gemangten ZSC Lions? Ganz einfach: In einer so gut besetzten Mannschaft könnte Julius Nättinen bei weitem nicht eine so zentrale Rolle übernehmen wie in Ambri. Und das ist entscheidend. Für eine Weiterentwicklung auf dem Weg zu den Dollarmillionen der NHL kann eine dominierende Position in einem NL-Klub eine wichtige Station sein. Gleiches oder zumindest ähnliches gilt etwa auch für Zug, Lausanne, Biel, Gottéron oder Lugano.

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Die Ausgangslage in Ambri ist eine andere. Der Blick zurück sagt uns, warum. Dominik Kubalik kommt im Alter von 22 Jahren nach Ambri. Im Sommer 2019 wechselt er als Liga-Topskorer (50 Spiele/57 Punkte) zu Chicago. Dort hat er letzte Saison in 68 Spielen 46 Punkte gebucht. Ambri war für ihn als Aus- und Weiterbildungsklub und Sprungbrett für die grosse Karriere in Nordamerika. Eine (oder zwei) Saisons für ein vernünftiges Gehalt in die Schweiz und dann die Dollar-Millionen in der NHL: das kann heute ein gute Variante für grosse skandinavische oder osteuropäische Talente sein.

Aber für die Verpflichtung eines hochkarätigen jungen Ausländers braucht es die klare Positionierung als Ausbildungsklub und überzeugende Argumente. Ambris Sportchef Paolo Duca hatte ein solches Argument bei den Verhandlungen: Dominik Kubalik. Er konnte Julius Nättinen sagen: wir können dir bieten, was wir Dominik Kubalik geboten haben. Du kannst bei uns unter dem gleichen Trainer (Luca Cereda) den gleichen Weg gehen. Ambri kassiert nun sozusagen die Dividenden aus dem Kubalik-Geschäft.

Eine klare Positionierung als Ausbildungsklub ist allerdings nicht für alle möglich. Eigentlich haben aktuell nur die SCL Tigers, die Lakers, Servette und – mit Einschränkungen – Davos und ein SCB in der Spar- und Aufbauphase ähnlich gute Voraussetzungen für einen ausländischen Spieler wie der Kultklub aus der Leventina. Aber nicht alle machen aus diesen Voraussetzungen so viel wie Ambri.

Das Beispiel Ambri zeigt noch eines: wer Geld sparen und ein guter Ausbildungsklub sein will, muss hochwertiges ausländisches Personal beschäftigen. Investitionen in gute Ausländer lohnen sich also. Nur wenn die ausländischen Spieler die Mannschaft zu prägen und zu tragen vermögen, kann den jungen Talenten viel Eiszeit zugeteilt werden ohne dass die Mannschaft zu stark an Leistungsfähigkeit verliert. Nur dann können die jungen Spieler auch mal einen Fehler machen und sich weiterentwickeln. Ihre ausländischen Mitspieler sind dann gut genug, um den «Schaden» wieder auszubügeln.

Ex-Ambri player Paolo Duca, right, with Davos's coach Arno del Curto, left, during the retreat ceremony of his jersey number 46 before the preliminary round game of the National League Swiss Cham ...
Ambris Sportchef Paolo Duca zeigt, was gute Beziehungen, gutes Scouting, ein guter Trainer und ein guter Ruf ausmachen können.Bild: TI-PRESS

Julius Nättinen ist nicht nach Ambri gekommen, um lange zu bleiben und reich zu werden. Gute Spieler kommen und gehen, Ambri bleibt bestehen. Das ist das Los eines Ausbildungsklubs. Der kräftige, flinke finnische Center wird, wie Dominik Kubalik, eher früher als später in die NHL weiterziehen. Und dann obliegt es Paolo Duca, den nächsten Dominik Kubalik und Julius Nättinen zu finden.

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Venom
04.07.2020 09:18registriert Januar 2019
Quasi die Rolex auf dem Transferwühltisch...
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Ranger55
04.07.2020 09:24registriert April 2018
Zwei Artikel hintereinander, in welchen der Eismeister den SCB entschuldigt potenzielle Starspieler nicht verpflichten zu können. Dies aufgrund der begrenzten finanziellen Möglichkeiten.
Müssen wir uns langsam Sorgen machen..?

Zum Schluss noch dies:
Item, Aus nach Regular Season!
12022
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Ironiker
04.07.2020 09:43registriert Juli 2018
Ich mag mich erinnern, dass Biel mal den Schwedischen Topscorer verpflichten konnten. Biel war damals sogar noch schlechter einzustufen als Ambri heute.

Ich will ihn nicht schlechtreden, aber die Liga konnte er nicht aufmischen.

Was ich damit sagen will: Das Potential des Finnen ist vorhanden. Kann er es auch in der Schweiz komplett abschöpfen?

Falls ja, wird die Liga wieder ein bisschen mehr zusammenrücken.
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